Rz. 100
Die erste Grundstücksart im § 181 BewG ist die der Ein- und Zweifamilienhäuser. Dies sind gem. § 181 Abs. 2 BewG Wohngrundstücke, die bis zu zwei Wohnung enthalten und kein Wohnungseigentum darstellen.
Rz. 101
Ein Grundstück gilt auch dann als Ein- oder Zweifamilienhaus, wenn es zu weniger als 50 % der Wohn- und Nutzfläche zu anderen als Wohnzwecken (z.B. zu betrieblichen oder öffentlichen Zwecken) mitbenutzt wird und dadurch die Eigenart als Ein- oder Zweifamilienhaus nicht wesentlich beeinträchtigt wird. Betriebliche Zwecke in diesem Sinne liegen beispielsweise bei einer Nutzung zu gewerblichen, freiberuflichen oder land- und forstwirtschaftlichen Zwecken vor. Vorstehende Voraussetzung ist beispielweise bei einem Einfamilienhaus eines selbstständigen Immobilienmaklers erfüllt, wenn dieser im Erdgeschoss u.a. sein Büro eingerichtet hat. Sollte hingegen die Nutzung zu anderen als Wohnzwecken überwiegen, kommt eine Einordnung als Einfamilienhaus unabhängig von einer Beeinträchtigung der Eigenart (vgl. hierzu Rz. 103) nicht mehr in Betracht.
Rz. 102
Beispiel:
Ein Zahnarzt betreibt am Bewertungsstichtag im Souterrain seines Wohnhauses seine Zahnarztpraxis. Das Wohnhaus befindet sich in einem Wohngebiet und unterscheidet sich äußerlich nicht von den benachbarten Einfamilienhäusern. Das Wohnhaus verfügt über eine gesamte Wohn- und Nutzfläche von 260 m2, davon werden 115 m2 als Zahnarztpraxis genutzt.
In dem Gebäude befindet sich nur eine Wohnung. Es kommt grundsätzlich eine Bewertung als Einfamilienhaus in Betracht, da das äußere Erscheinungsbild des Gebäudes den benachbarten Einfamilienhäusern der Siedlung entspricht. Das Gebäude wird jedoch teils zu Wohnzwecken und teils zu freiberuflichen (betrieblichen) Zwecken genutzt. Da das Grundstück zu weniger als 50 % der gesamten Wohn- und Nutzfläche zu freiberuflichen Zwecken genutzt wird (115 m2/260 m2 = rd. 44 %), bleibt die Eigenart des Einfamilienhauses erhalten; das Grundstück stellt ein Einfamilienhaus i.S.d. § 181 Abs. 2 BewG dar.
Rz. 103
Die Voraussetzung, dass durch die Mitbenutzung die Eigenart als Einfamilienhaus nicht wesentlich beeinträchtigt wird, ist regelmäßig erfüllt, wenn die Mitbenutzung des Grundstücks zu betrieblichen oder öffentlichen Zwecken nicht prägend ist, also baulich oder optisch nicht in den Vordergrund tritt. Bei dieser Voraussetzung ist somit auf das äußere Erscheinungsbild abzustellen. Die Frage, ob eine teilweise Nutzung zu anderen als Wohnzwecken die Eigenart als Ein- oder Zweifamilienhaus beeinträchtigt, ist in der Praxis stets eine Einzelfallentscheidung, die nach Gesamtbetrachtung aller Umstände zu treffen ist. Entscheidend ist, dass die Mitbenutzung zu anderen als Wohnzwecken das Grundstück nicht deutlich prägt.
Rz. 104
Ein bewertungsrechtliches Zweifamilienhaus setzt voraus, dass zwei getrennte Wohneinheiten vorliegen, die jeweils für sich die Voraussetzungen des Wohnungsbegriffs erfüllen. Neben den typischen Zweifamilienhäusern mit zwei ähnlich großen Wohnungen zählt zu den Zweifamilienhäusern auch das umgangssprachliche Einfamilienhaus mit Einliegerwohnung, wenn beide Wohneinheiten baulich voneinander getrennt sind und über einen eigenen Zugang verfügen. Dabei ist es gleichgültig, ob eine oder beide Wohnungen vermietet oder eigengenutzt sind. Erfüllt die Einliegerwohnung nicht den bewertungsrechtlichen Wohnungsbegriff (vgl. Rz. 164), handelt es sich bei dem bebauten Grundstück um ein Einfamilienhaus, wenn die übrigen Voraussetzungen eines Einfamilienhauses erfüllt sind. Ein Wohngrundstück mit drei Wohnungen, die kein Wohnungseigentum sind, stellt ein Mietwohngrundstück dar, und zwar auch dann, wenn die dritte Wohnung nur von untergeordneter Bedeutung ist (vgl. Rz. 111).
Rz. 105
Im Falle der vollständigen Nutzung einer früheren Wohnung zu betrieblichen oder öffentlichen Zwecken (z.B. als Kanzlei), liegt keine zweite Wohnung mehr vor. In diesem Fall kommt die Grundstücksart Einfamilienhaus mit einer Mitnutzung zu betrieblichen oder öffentlichen Zwecken in Betracht, soweit die zu Wohnzwecken genutzte Fläche mindestens 50 % der gesamten Wohn- und Nutzfläche des Gebäudes beträgt (vgl. Rz. 101); andernfalls handelt es sich um ein gemischt genutztes Grundstück (vgl. Rz. 150).
Rz. 106
Werden beide Wohnungen eines ehemaligen Zweifamilienhauses am Bewertungsstichtag zu betrieblichen oder öffentlichen Zwecken genutzt (z.B. als Rechtsanwaltskanzlei), liegt aufgrund der ausschließlich betrieblichen oder öffentlichen Nutzung ein Geschäftsgrundstück vor (vgl. Rz. 142).
Rz. 107
In Anlehnung an die Regelungen zur Grundsteuerbewertung können auch Wochenendhäuser, die während des ganzen Jahres bewohnbar sind, Ein- oder Zweifamilienhäuser sein. Sofern sie allerdings nicht ganzjährig bewohnbar sind, stellen sie sonstige bebaute Grundstücke i.S.d. § 181 Abs. 8 BewG dar, vgl. hierzu Rz. 158.
Rz. 108
Vgl. zum Wohnungsbegri...