Rz. 30
In Umkehr der zuvor geltenden Rechtslage ist für Bewertungsstichtage nach 2008 die entsprechende Anwendung der § 352 AO und § 48 FGO ausdrücklich vorgeschrieben – allerdings beschränkt auf die Fälle, in denen der Gegenstand der Feststellung einer Erbengemeinschaft zuzurechnen ist. Die Formulierung der "entsprechenden" Anwendung in Erbengemeinschaftsfällen lässt den Schluss zu, dass bei allen anderen einheitlichen Wertfeststellungen § 352 AO/§ 48 FGO unmittelbar anzuwenden sind. Allerdings entfällt weiterhin ein Empfangsbevollmächtigter als nach § 352 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 AO/§ 48 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 FGO einspruchs- bzw. klagebefugte Person, denn der hierzu notwendige Rückgriff auf § 183 AO ist ausdrücklich nur bei Erbengemeinschaften vorgesehen (§ 154 Abs. 3 BewG).
Rz. 31
Erbengemeinschaften sind keine rechtsfähigen Gebilde i.S.d. BGB. Die Zurechnung von Grundbesitz und auch des übrigen Vermögens, das der Bewertung für Zwecke der Erbschaftsteuer unterliegt (§ 151 Abs. 5 Satz 3 BewG), erfolgt jedoch ausdrücklich auf die Erbengemeinschaft. Dies geschieht nach § 151 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 Halbs. 2 (und der §§ 154 Abs. 3 Satz 1, 155 Satz 2) BewG, in Vertretung der Miterben.
Rz. 32
Folgt man der Begründung der bisherigen Fassung des § 155 BewG,"ist die Erbengemeinschaft grundsätzlich nur gemeinschaftlich befugt, den Feststellungsbescheid anzufechten." Eine Gemeinschaft kann jedoch nicht gemeinschaftlich handeln, dies können nur ihre Mitglieder. Konsequent gelangt man so zur Rechtsbehelfsbefugnis der Miterben. Die Miterben sind Beteiligte des Feststellungsverfahrens einerseits kraft Zurechnung des jeweiligen Feststellungsgegenstands nach § 154 Abs. 1 Nr. 1 BewG, denn der Nachlass wurde durch Erbanfall gemeinschaftliches Vermögen der Erben "in Erbengemeinschaft" (§§ 1922 Abs. 1, 2032 Abs. 1 BGB). Hierzu gehörende bewertungsbedürftige Vermögensgegenstände sind allen Miterben gemeinsam – deshalb einheitlich (§ 179 Abs. 2 Satz 2 AO) zuzurechnen. Andererseits sind sie aber auch kraft Aufforderung verfahrensbeteiligt nach § 154 Abs. 1 Nr. 2 BewG. Wenn die Abgabe einer Feststellungserklärung von der "Erbengemeinschaft" verlangt wurde (§ 153 Abs. 2 Satz 1 BewG), ist hinreichend zum Ausdruck gebracht, dass sich dieses Verlangen an alle Miterben richtet. Allein die Tatsache einer solchen Aufforderung genügt; Bedenken gegen ihre Rechtswirksamkeit sind insoweit unerheblich. Deshalb können stets alle Miterben sie "in Erbengemeinschaft" betreffende Wertfeststellungsbescheide nach § 155 Satz 1 BewG anfechten. Für unbekannte Miterben muss ein Nachlasspfleger handeln.