I. Voraussetzungen
Rz. 30
Bei der Veräußerung eines Grundstücks sieht der Gesetzgeber offenbar die Gefahr, dass die Grundsteuer vom bisherigen Grundstückseigentümer und Steuerschuldner nicht entrichtet wird. § 11 Abs. 2 Satz 1 GrStG begründet daher eine gesonderte persönliche Haftung des Erwerbers neben dem Grundstückseigentümer für die Grundsteuer, die seit dem Beginn des letzten vor der Übereignung liegenden Kalenderjahres zu entrichten ist.
Rz. 31
Das Gesetz knüpft zwar an die Übereignung des Grundstücks (§§ 873, 925 ff. BGB) an. Da der Erwerber aber bereits beim Übergang des wirtschaftlichen Eigentums nach § 10 Abs. 1 GrStG Steuerschuldner wird, kann er für die ab diesem Zeitpunkt entstehende Grundsteuer nur als Steuerschuldner und nicht als Haftungsschuldner in Anspruch genommen werden.
II. Umfang der Haftung
Rz. 32
Die Grundsteuer ist eine Jahressteuer mit Stichtagsprinzip. Die Steuer entsteht jeweils nach den Verhältnissen zu Beginn des Kalenderjahres jeweils zum 1. Januar eines Jahres (§ 9 Abs. 2 GrStG) Die Haftung nach § 11 Abs. 2 Satz 1 erstreckt sich demgegenüber nur auf die Grundsteuer, die seit dem Beginn des letzten vor der Übereignung liegenden Kalenderjahres zu entrichten ist. Für den Umfang der Haftung ist folglich danach zu unterscheiden, zu welchem Zeitpunkt dem Erwerber das Grundstück für Zwecke der Grundsteuer zuzurechnen ist.
Rz. 33
Regelmäßig ist in Kaufverträgen der Übergang von Nutzen und Lasten geregelt. Dies ist i.d.R. auch der Zeitpunkt, ab dem das Grundstück dem Erwerber als wirtschaftlichem Eigentümer nach § 10 Abs. 1 GrStG zuzurechnen ist. Bis zu diesem Zeitpunkt hat der Veräußerer des Grundstücks die Grundsteuer steuerrechtlich und zivilrechtlich zu tragen. Ab dem Übergang von Nutzen und Lasten bis zum 31. Dezember des Jahres des Übergabetags wird das Grundstück für steuerliche Zwecke weiter dem Grundstückseigentümer zugerechnet. Die nächste Zurechnungsfortschreibung erfolgt zum 1. Januar des Folgejahres.
Rz. 34
Für die Steuerfestsetzung ist es unerheblich, ob sich während des Kalenderjahres die Zurechnung nach § 10 Abs. 1 GrStG geändert hat. Der Veräußerer schuldet gegenüber der Gemeinde weiterhin die Grundsteuer für diesen Zeitraum. Zusätzlich ermöglicht § 11 Abs. 2 GrStG der Gemeinde, den Erwerber für die Grundsteuer, die auf das Vorjahr und das Jahr der Übereignung zu entrichten ist, als Haftungsschuldner in Anspruch zu nehmen. In der Praxis gilt es, durch entsprechende Regelungen im Grundstückskaufvertrag zivilrechtliche Ausgleichansprüche zwischen Veräußerer und Erwerber zu vereinbaren.
Rz. 35– 39
Einstweilen frei.
III. Erwerb im Insolvenz- und Vollstreckungsverfahren
Rz. 40
§ 11 Abs. 2 Satz 2 GrStG schließt die persönliche Haftung des Erwerbers aus, wenn der Erwerb aus einer Insolvenzmasse oder im Vollstreckungsverfahren erfolgt. Die Regelung entspricht inhaltlich der des § 75 Abs. 2 AO, der ebenfalls die persönliche Haftung des Betriebsübernehmers für Erwerbe aus einer Insolvenzmasse oder im Vollstreckungsverfahren ausschließt. Die Vorschriften sollen den Erwerb aus einer Insolvenzmasse erleichtern.
Rz. 41
Aus einer Insolvenzmasse wird ein Grundstück erworben, wenn es zur Insolvenzmasse gehört und nach Eröffnung und vor Aufhebung des Insolvenzverfahrens erworben wird. Ein Erwerb im Eröffnungsverfahren, im Schutzschirmverfahren nach §§ 270b ff. InsO oder nach dem sog. StaRUG ist nach dem klaren Wortlaut des § 11 Abs. 2 Satz 2 GrStG nicht begünstigt, wenngleich auch in diesen Verfahren die Haftung für die Grundsteuer dem Erwerb nicht entgegenstehen sollte. Möglicherweise kommt jedoch ein Haftungsausschluss nach der zweiten Alternative "im Vollstreckungsverfahren" in Betracht. Wird das Insolvenzverfahren mangels Masse nicht eröffnet, schließt dies die Haftung ebenfalls nicht aus. Demgegenüber lässt nach überwiegender Auffassung der Erwerb von einem vorläufigen Insolvenzverwalter (§ 21 Abs. 2 Nr. 1 InsO) die Haftung des Erwerbers eines gesamten Betriebs nach § 75 Abs. 2 AO entfallen. Nichts anderes dürfte für den Haftungsausschluss nach § 11 Abs. 2 Satz 2 GrStG gelten. Insoweit ergibt sich kein Unterschied zum Erwerb im Insolvenzverfahren, zumindest dann, wenn das Insolvenzverfahren später tatsächlich eröffnet wird.
Rz. 42
Vollstreckungsverfahren ist jedes gerichtliche oder behördliche Verfahren zur Verwirklichung von Leistungs- oder Haftungsansprüchen durch staatlichen Zwang. Das sind insbesondere die Verfahren nach Maßgabe des 8. Buches der ZPO, des ZVG, de...