Rz. 10
Das Erbschaft-/Schenkungsteuerfinanzamt soll mit den gesetzlich geforderten Anzeigen nach § 30 Abs. 1 u. 2, § 33, § 34 ErbStG lediglich in die Lage versetzt werden zu prüfen, ob es zuständig ist (§ 35 Abs. 1, 2 ErbStG) und deshalb von Amts wegen ein Besteuerungsverfahren aufzunehmen hat (§ 86 Satz 2 Nr. 1 AO). Die Anzeige des Erwerbsvorgangs muss daher zwingend neben den notwendigen Angaben zum Rechtsgrund des Erwerbs auch die Namhaftmachung des Erblassers/Schenkers und der(s) Erwerber(s) unter Bekanntgabe ihrer Anschriften beinhalten (§ 30 Abs. 4 Nr. 1 ErbStG).
Rz. 10.1
Unterlässt der Erwerber beispielsweise die Benennung der(s) Schenker(s), kann er hierzu zwar durch Verhängung abgabenrechtlicher Zwangsmaßnahmen gezwungen werden. Dies setzt jedoch ein Tätigwerden irgendeines Schenkungsteuerfinanzamts voraus, das für sich eine Ersatzzuständigkeit reklamieren muss (§ 24 AO). Da § 35 ErbStG insoweit lückenhaft ist, konnte es geschehen, dass ein bekannter, inzwischen verstorbener, Politiker in aller Öffentlichkeit mit dem Hinweis auf ein den Spendern angeblich gegebenes Ehrenwort deren Benennung verweigerte und so in den Jahren 1993 bis 1998 vollzogene Geldzuwendungen i.H.v. mehr als 2 Mio. DM schenkungsteuerlich bislang offenbar nicht erfasst wurden. Solange diese Spender gegenüber dem zuständigen Schenkungsteuerfinanzamt anonym bleiben, kann der Steueranspruch frühestens vier Kalenderjahre nach dem Tod eines Schenkers oder sogar überhaupt nicht verjähren, wenn es sich um Zuwendungen nicht natürlicher Personen handelte (§ 170 Abs. 5 Nr. 2 Alt. 2 AO); s. auch § 31 ErbStG Rz. 3, § 35 ErbStG Rz. 50–53.
Rz. 10.2
Die Namhaftmachung des Erwerbers wirkt nur in Fällen des § 35 Abs. 2 ErbStG zuständigkeitsbegründend. Konsequent kann bei Schenkungen an Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen sowie bei Erwerben von ausländischen Schenkern die Festsetzungsfrist grds. nicht ohne Individualisierung des jeweiligen Erwerbers gegenüber der richtigen Finanzbehörde beginnen. Dies gilt entsprechend, wenn bei unentgeltlicher Bereicherung einer Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft nach § 7 Abs. 8 Satz 1 oder 3 ErbStG auch natürliche Personen oder Stiftungen als Bedachte in Betracht kommen (s. auch § 35 ErbStG Rz. 23).
Rz. 10.3
Solange die Praxis daran festhält, in Fällen unentgeltlicher Leistungen von und an Personengesellschaften nicht die Gesellschaften, sondern deren Gesellschafter als Schenker oder Erwerber zu behandeln (s. § 7 ErbStG Rz. 205 ff.), ist eine Anzeige unvollständig, die nicht die Namen und Anschriften aller Gesellschafter enthält. Konsequent sind unterschiedliche Festsetzungsfristen denkbar, wenn die Gesellschafter den zuständigen Finanzämtern gegenüber nicht in demselben Jahr bekannt werden (s. aber auch hier Rz. 25). Dies gilt entsprechend auch bei Zuwendungen an Kapitalgesellschaften und Genossenschaften im Hinblick auf eine Besteuerung nach § 7 Abs. 8 ErbStG. Wer der inzwischen geänderten Auffassung des II. BFH-Senats folgend in Fällen verdeckter Zuwendungen von Kapitalgesellschaften an ihren Gesellschaftern nahestehende Erwerber nunmehr Schenkungen der Gesellschafter für möglich hält, muss damit rechnen, dass die Anzeige des Sachverhalts nur für den individualisierten Gesellschafter wirksam wird.
Rz. 11
Soweit § 30 Abs. 4 ErbStG weitere Angaben verlangt, handelt es sich um bloße Sollvorgaben. Dies gilt sicherlich hinsichtlich der seit 6.11.2015 geforderten Identifikationsnummern, insbesondere aber auch für das "persönliche" Verhältnis der Beteiligten. Daten zu den Verwandtschaftsbeziehungen beeinflussen allenfalls die Höhe einer eventuell anfallenden Steuer, nicht jedoch die Steuerbarkeit eines Erwerbsvorgangs. Insoweit fehlende oder sogar falsche Angaben gehen deshalb zu Lasten des Finanzamts, wenn es aufgrund irrtümlicher Annahme hoher Freibeträge die weitere Klärung eines steuerbaren Vorgangs unterlässt – ein Zustand, der sicherlich nicht befriedigen kann, zumal er sich gezielt ausnutzen lässt.
Rz. 12– 14
Einstweilen frei.