Prof. Dr. Franz Jürgen Marx
I. Wirtschaftliche Verhältnisse des Betriebs
Rz. 36
Weitere Voraussetzung für den Teilerlass der Grundsteuer ist die Unbilligkeit der Einziehung. In der bis 31.12.2024 geltenden Fassung der Norm legt § 33 GrStG Abs. 1 Satz 3 dieses Erfordernis für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft und für eigengewerblich genutzte bebaute Grundstücke zugrunde. Damit entspricht § 33 Abs. 2 Satz 1 GrStG in dieser Hinsicht wörtlich der Regelung des § 34 Abs. 2 Satz 2 GrStG und dem alten Recht. Bei der Prüfung ist auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Betriebs abzustellen. Maßgebend sind die Verhältnisse jedes einzelnen land- und forstwirtschaftlichen Betriebs. Ist die Einziehung unbillig, müsste konsequenterweise die gesamte Grundsteuer erlassen werden, was aber nach § 33 Abs. 1 Satz 2 GrStG nur maximal bis zur Hälfte möglich ist. Diesen Widerspruch kann nur der Gesetzgeber beseitigen.
II. Unbilligkeit
Rz. 37
Das Kriterium der Unbilligkeit stellt auf die objektiven wirtschaftlichen Verhältnisse des jeweiligen Betriebs ab. Damit ist das Tatbestandsmerkmal – anders als die entsprechenden Begriffe in §§ 163, 227 AO als unbestimmter Rechtsbegriff zu qualifizieren, dessen Anwendung der vollen gerichtlichen Nachprüfung unterliegt.
Rz. 38
Persönliche Billigkeitsgründe des Betriebsinhabers oder andere Verhältnisse sind nicht zu berücksichtigen. Das Gesetz definiert die Unbilligkeit nicht, sondern grenzt mit § 33 Abs. 2 Satz 1 GrStG lediglich negativ ab. Von der Rechtsprechung wird Unbilligkeit angenommen, wenn erstens das wirtschaftliche Ergebnis des Gesamtbetriebs im Erlasszeitraum negativ ausfällt und es zweitens für diesen Betrieb unzumutbar ist, die ungekürzte Grundsteuer aus dem Vermögen oder nach Kreditaufnahme zu entrichten. Bei der Beurteilung sind ggfs. Kompensationszahlungen für die Schäden zu berücksichtigen, beispielsweise Erstattungen aus Ernteversicherungen.
III. Ausschluss bei Erzielung eines einkommensteuerlichen Gewinns
Rz. 39
Ein Teilerlass der Grundsteuer ist insbesondere ausgeschlossen, wenn für den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft für dasjenige Wirtschaftsjahr ein Gewinn ermittelt wurde, das im Erlasszeitraum bei der Ermittlung des tatsächlichen Reinertrags zugrunde zu legen ist. § 33 Abs. 2 Satz 2 GrStG führt die Gewinnermittlungen nach § 4 Absatz 1, § 4 Absatz 3 oder § 13a des EStG an. Es wird für die Prüfung des Teilerlasses keine eigenständige Gewinnermittlung gefordert, was der Verfahrenserleichterung und -beschleunigung dient. Neben dem Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG sind auch die Einnahmen-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG und die pauschalierte Gewinnermittlung nach § 13a EStG zu berücksichtigen. Für die regelmäßig im Nebenerwerb geführten Betriebe, die ihren Gewinn nach § 13a EStG ermitteln, bedeutet dies faktisch einen Ausschluss aus dem Teilerlass, da systembedingt nur negative Sonderergebnisse nach § 13a Abs. 7 EStG auch zu einem negativen Gesamtergebnis führen können. Es ist andererseits zweifelhaft, ob bei dem Betriebsvermögensvergleich oder der Einnahmenüberschussrechnung Sondereffekte, die zu einem Verlust führen, ausgeklammert werden sollten. Eine solche Bereinigung wird vom Gesetz nicht gefordert. Letztlich ist sie durch die Gemeinde auch nicht überprüfbar.
Rz. 40
Unbilligkeit der Einziehung der Grundsteuer 4
Bei einem Weinbaubetrieb mit 5 ha bewirtschafteter Eigentumsfläche tritt infolge eines Hagelschadens im August des WJ 2026/27 ein Totalausfall der Ernte ein, sodass ein Verlust von 20.000 EUR entsteht. Eine Ernteversicherung wurde nicht abgeschlossen. Im vorangegangenen WJ 2025/26 betrug der Gewinn 15.000 EUR. Der gemeindliche Hebesatz beläuft sich auf 330 % für die Grundsteuer A. Die Grundsteuer beträgt 197,47 EUR (500 Ar × 11,70 EUR/Ar × 18,6 = 108.800 EUR Grundsteuerwert × 0,55 / 1000 × 330 %).
Der Verlust des WJ 2026/27 wird vollständig dem Erhebungszeitraum 2027 zugeordnet. Für den Erhebungszeitraum 2026 scheidet ein Grundsteuererlass aus. Der Steuerschuldner hat die Minderung des Reinertrags nicht zu vertreten. Nach § 33 Abs. 1 Satz 2 GrStG führt die Minderung des Reinertrags zu einem Grundsteuererlass von 50 %, mithin 98,74 EUR für 2027.
Rz. 41– 42
Einstweilen frei.
IV. Keine bereits eingetretene Existenzvernichtung
Rz. 43
Ein Grundsteuererlass kommt nach der R...