Prof. Dr. Franz Jürgen Marx
I. Grundlagen
Rz. 50
Bei Grundstücken ist der Steuermessbetrag nach § 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 GrStG in dem Verhältnis zu zerlegen, in dem die auf die einzelnen Gemeinden entfallenden Flächengrößen zueinander stehen. Das Gesetz stellt wie in § 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 beim Wirtschaftswert des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs hier auf das Verhältnis der Flächenanteile ab. Es will einen möglichst einfach handhabbaren Maßstab festlegen, um den behördliche Verwaltungsaufwand in einem vertretbaren Umfang zu halten.
Rz. 51
Dieser Zerlegungsmaßstab wurde auch im Rahmen der Grundsteuerreform beibehalten. Nach § 22 Abs. 3 Satz 1 GrStG i.d.F. des GrStRefG sieht ebenfalls die Zerlegung nach Flächengrößen vor. Ohne Bedeutung ist daher, in welchem Grundstücksteil sich eine Bebauung befindet und ob die Flächen unterschiedliche Wertigkeiten aufweisen.
II. Zerlegung nach Flächengrößen oder Wertanteilen
Rz. 52
Der allgemein gültige Zerlegungsmaßstab des Messbetrags ist bei Grundstücken das Verhältnis der Flächenanteile. Bei dem Begriff der Fläche ist – wie bei Betrieben der Land- und Forstwirtschaft – auf den katastermäßig vermessenen und bezeichneten Teil der Erdoberfläche abzustellen. Dieser Zerlegungsgrundsatz wird in den seltensten Fällen zu einem fairen Zerlegungsergebnis führen. Dies gilt insb. bei bebauten Grundstücken, da sich die Bebauung regelmäßig nicht in den Flächenanteilen widerspiegelt. Das ist aber auch der Fall bei unbebauten Grundstücken mit Teilflächen unterschiedlicher Wertigkeit. Sind Teilflächen steuerbefreit, sollten sie trotzdem mit in die Zerlegung einbezogen werden.
Rz. 53
Führt die Zerlegung nach Flächengrößen zu einem offenbar unbilligen Ergebnis, so hat das Finanzamt nach § 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Satz 2 GrStG auf Antrag einer Gemeinde die Zerlegung nach dem Maßstab vorzunehmen, der nach bisherigem Recht, also vor dem 1.1.1974, zugrunde gelegt wurde. Nur wenn die Verteilungsmaßstäbe bereits vor Inkrafttreten des Grundsteuergesetzes 1973 vorlagen, kommt eine Zerlegung nach Wertanteilen in Betracht. Zur Beurteilung, ob das Zerlegungsergebnis nach Flächenanteilen zu einem offenbar unbilligen Ergebnis führt, muss das Lagefinanzamt die Berechnung durchführen und mit dem Ergebnis nach altem Recht vergleichen. Dies gilt nur so lange, als keine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse eingetreten ist. Bei einer wesentlichen Änderung ist nach einem Maßstab zu zerlegen, der den tatsächlichen Verhältnissen besser Rechnung trägt. Offenbar unbillig ist das Zerlegungsergebnis, wenn die Unbilligkeit auf der Hand liegt, wenn sie eindeutig und augenfällig ist. Es bedarf auch einer Wesentlichkeit i.S. einer materiellen Erheblichkeit. Die betroffene Gemeinde hatte den Antrag spätestens bis zum Eintritt der Rechtskraft des Zerlegungsbescheids für das Kalenderjahr 1974 zu stellen. Der Gesetzgeber wollte mit der Übergangsregelung den Status Quo für Altfälle befristet erhalten. Für aktuelle Zerlegungen ist § 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Satz 2 GrStG nicht mehr von Bedeutung. Eine entsprechende Anwendung der Norm scheitert aufgrund einer Regelungslücke bei Zerlegungen im Beitrittsgebiet.
III. Änderung des Zerlegungsergebnisses
Rz. 54
Die Möglichkeit der Einigung der Gemeinden mit dem Steuerschuldner über das Zerlegungsergebnis besteht nach § 22 Abs. 1 Satz 3 GrStG wie bei Betrieben der Land- und Forstwirtschaft auch bei Grundstücken.
Nach § 22 Abs. 3 Satz 2 GrStG i.d.F. des GrStRefG können sich die Gemeinden mit dem Steuerschuldner auf Zerlegungsanteile einigen, wenn die Zerlegung bei Grundstücken nach Flächengrößen zu einem offenbar unbilligen Ergebnis führt.
Rz. 55
Beispiel:
Das Areal eines Flughafens erstreckt sich insgesamt über insgesamt 600.000 qm, wobei sich 300.000 qm mit Gebäuden (Terminals, Hangars, Tower, Parkhäuser) und 80 % des Werts auf der Gemarkung der Gemeinde A und 300.000 qm (vor allem mit großen Teilen der Start- und Landebahnen und Brachflächen) auf der Gemarkung der Gemeinde B befinden. Der Grundsteuermessbetrag beläuft sich auf 24.000 EUR.
Eine Zerlegung, die sich ausschließlich an den Flächenanteilen ausrichtet, führt zu einer hälftigen Aufteilung des Messbetrags auf die beteiligten Gemeinden A und B, ...