Rz. 83

[Autor/Stand] Sind die Gegen-/Leistungen nicht synallagmatisch verbunden, können sie konditional – d.h. bedingungsmäßig i.S.d. § 158 BGB – oder kausal – d.h. nicht etwa ursächlich, sondern im Sinne einer Zweckabrede oder Geschäftsgrundlage für den Zuwender[2] – miteinander verknüpft sein.[3] Hierbei bestehen keine wechselseitig voneinander abhängigen Leistungsverpflichtungen/-ansprüche. Vielmehr kann der Empfänger der ersten Leistung völlig frei entscheiden, ob und inwieweit er die ihm erkennbare Bedingung oder Erwartung des zunächst vorleistenden Partners erfüllen will.[4] Beachten Sie: Als belohnende Zuwendung wäre seine "Gegenleistung" allerdings schenkungsteuerbar (§ 7 Abs. 4 ErbStG – s. Rz. 422).[5]

 

Rz. 84

[Autor/Stand] Einschlägige Sachverhalte sind selbstverständlich nach den üblichen Kriterien zu beurteilen, d.h. nach Maßgabe des Zivilrechts und unter besonderer Beachtung des Bereicherungs- und des Stichtagsprinzips.[7]

 

Beispiel

E war Eigentümer eines unbebauten Grundstücks, das H mit einem Gebäude bebaut hatte. Nach Fertigstellung des Objekts übertrug E das Gebäudegrundstück an H ohne Gegenleistung.[8]

Objektiv wurde hier zunächst E unentgeltlich bereichert (§ 94 Abs. 1, § 946 BGB). Eine rechtswirksame Entgeltvereinbarung fehlt (§ 311b Abs. 1 Satz 1 BGB) und wenn die Gebäudeerrichtung nicht als Schenkung i.S.d. § 516 Abs. 1, § 518 Abs. 2 BGB zu verstehen war, belastete ihn eine eventuelle Ausgleichsverbindlichkeit nach § 951 Abs. 1, § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BGB nur potenziell.[9] Die spätere Übertragung des Objekts an H geschah jedenfalls hinsichtlich des auf Grund und Boden entfallenden Werts der Immobilie unentgeltlich, im Hinblick auf den Gebäudewert jedoch entgeltlich, wenn dadurch die Bebauung des Grundstücks durch H von E in Erfüllung einer entsprechenden Zweckabrede nachträglich vergütet wurde (s. auch Rz. 86, 411).[10] Rückwirkend entfällt damit konsequent auch die Steuerbarkeit der Errichtung des Gebäudes.[11]

 

Rz. 85

[Autor/Stand] Wenn erst die spätere (Gegen-)Leistung des Zuwendungsempfängers eine (teilweise) Entgeltlichkeit beider Leistungen bewirken kann,[13] wird die Vorleistung, die hier gerade nicht nach dem Zug-um-Zug-Prinzip eine Gegenleistung(sverpflichtung) auslöst, von vornherein objektiv unentgeltlich erbracht.[14] Allein die bloße Möglichkeit künftig einschlägiger Ansprüche i.S.d. §§ 313, 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BGB genügt zur Annahme der Entgeltlichkeit nicht; sie können grundsätzlich auch enttäuschten Schenkern zustehen.[15] Weiß der Vorleistende im schenkungsteuerlich entscheidenden Zeitpunkt der Ausführung seiner Leistung (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG),[16] dass er noch keinen Rechtsanspruch auf die erhoffte, künftige Gegenleistung hat, handelt er in konsequenter Anwendung des Stichtagsprinzips freigebig,[17] zumal § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG weder einen Bereicherungs- noch einen Schenkungswillen verlangt[18] und bloße Erwartungen, Motive und Zweckvorstellungen die Steuerbarkeit der Zuwendung regelmäßig nicht tangieren.[19]

 

Rz. 86

[Autor/Stand] Zur Annahme einer rechtlichen Verknüpfung genügen einseitige Vorstellungen jedenfalls nicht.[21] Fehlt eine klare vertragliche Einigung, bedarf es zur Entgeltlichkeit – nachweislich[22] – einer entsprechenden Willensübereinstimmung der Beteiligten über die bedingungsmäßige Verbindung ihrer Leistungen bzw. des Einverständnisses des Leistungsempfängers mit den Zweckvorstellungen des vorleistenden Partners.[23] Der Schluss auf eine kausale Zweckabrede mag gerechtfertigt sein, wenn der Leistungsempfänger die ihm zuerst erbrachte Leistung in Kenntnis der mit ihr verfolgten Zwecke des Leistenden widerspruchslos entgegennimmt[24] und erst recht, wenn er sie tatsächlich zweckentsprechend verwendet und eventuelle Rückforderungsansprüche dadurch erlöschen[25] oder erst gar nicht entstehen;[26] deshalb werden Vermögensübertragungen an Treuhänder (s. Rz. 50) grundsätzlich entgeltlich vorgenommen.[27] Dass dann aber bei Ausbleiben des beabsichtigten Erfolgs die Nichtgeltendmachung einschlägiger Ausgleichs- oder Bereicherungsansprüche zur Unentgeltlichkeit und so – ex tunc oder ex nunc? – doch zur Schenkungsteuerbarkeit der Bereicherung führen soll,[28] muss sich in der Praxis noch erweisen. Beachten Sie: Die Abgrenzung zwischen kausal entgeltlicher Leistung und steuerbarer Zweckschenkung ist im Einzelfall schwierig (s. Rz. 431).[29] Diametral unterschiedlich werden vereinszweckfördernde und gesellschaftszweckfördernde Leistungen von Vereinsmitgliedern und Kapitalgesellschaftern beurteilt (s. Rz. 432).

 

Rz. 87

[Autor/Stand] Als Grenzfall stellt sich die durch Urteil erzwungene Vergütung unentgeltlicher Dienstleistungen dar, die in Erwartung einer später nicht erfolgten Vermögensübertragung erbracht wurden.[31] Obwohl der im Prozess unterlegene Beklagte nicht freigebig zahlt, bewirkt dies keine nachträgliche Entgeltlichkeit der Dienstleistungen; schließlich haben die Beteiligten bewusst auf eine Entgeltvereinbarung verzichtet. Der damit ursprünglich ent...

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