Rz. 211

[Autor/Stand] Grundsätzlich ist für den Beginn einer Steuerbefreiung der Zeitpunkt maßgebend, zu dem der steuerbefreiende Tatbestand erstmalig verwirklicht wird. Für die Katalogtatbestände der §§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 GrStG wäre dies grundsätzlich der Zeitpunkt, zu dem der Grundbesitz dem begünstigten Zweck zugeführt worden ist, d.h. mit dessen Nutzung tatsächlich begonnen werden kann, z.B. Freigabe einer neuen, dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Straße, Eröffnung eines Erholungsheims für bedürftige Personen. Im Hinblick auf diesen Umstand gestaltet § 7 Satz 2 GrStG eine Ausnahme insoweit, als das Grundstück für den begünstigten Zweck lediglich hergerichtet zu sein hat. Mit dem damit einhergehenden vorgezogenen Einsetzen einer Steuerbefreiung durch § 7 Satz 2 GrStG ergibt sich eine für die §§ 3, 4 GrStG spezielle Regelung für den zeitlichen Beginn der Steuerbefreiung.[2]

 

Rz. 212

[Autor/Stand] Dass ein Grundstück für die Steuerbefreiung nach § 3, 4 Abs. GrStG tatsächlich benutzt werden muss, folgt sowohl aus § 7 Satz 1 GrStG als auch § 7 Satz 2 GrStG.[4] Allerdings ist das Tatbestandsmerkmal "unmittelbar" für eine im Einzelfall zu bestimmende konkrete zeitliche Festlegung des Beginns der Nutzung nicht eindeutig. § 7 Satz 2 GrStG bewirkt insoweit als konkretisierende Sondervorschrift eine Bestimmung des Zeitpunktes des Beginns der begünstigten Benutzung auf die Herrichtung als dem frühestmöglichen Zeitpunkt der unmittelbaren Nutzung. Frühestens zum Zeitpunkt der Herrichtung wird das Grundstück für den begünstigten Zweck "benutzt", d.h. gebraucht, verwendet, und zwar "unmittelbar", d.h. ohne räumlichen Abstand vom Grundstück.[5]

 

Rz. 213

[Autor/Stand] Ursprünglich richtete sich der Beginn der Grundsteuerbefreiung nach § 6 Abs. 1 GrStG a.F. und § 24 GrStDV. Nach § 6 Abs. 1 GrStG a.F. war Voraussetzung für die Befreiung, dass der Steuergegenstand in Form der räumlich abgrenzbaren Grundstücksfläche unmittelbar für den steuerbegünstigten Zweck benutzt wird. § 24 GrStDV erläutert diese Vorschrift dahingehend, dass ein Grundbesitz von dem Zeitpunkt an für steuerbegünstigte Zwecke benutzt wird, in dem er dem begünstigten Zweck tatsächlich zugeführt worden ist.[7] Der davor liegende Zeitpunkt der Herrichtung ist für den Beginn der Steuerbefreiung nicht ausreichend.

 

Rz. 214

[Autor/Stand] Hinter dem zur Feststellung der Grundsteuerbefreiung heranzuziehenden Tatbestandsmerkmal der Herrichtung steht die Frage nach dem frühestmöglichen Zeitpunkt der Grundsteuerbefreiungen nach den §§ 3, 4 GrStG. Der Gesetzgeber hat dafür mit dem Tatbestandsmerkmal Herrichtung einen auslegungsfähigen Begriff gewählt. Dadurch ist es in der Praxis der Gesetzesanwendung möglich, angemessen für den jeweiligen Einzelfall den Zeitpunkt des Beginns der Grundsteuerbefreiung angemessen festzulegen.

 

Rz. 215

[Autor/Stand] Herrichten bedeutet, dass ein Grundstück in seinem bisherigen tatsächlichen Zustand verändert und dadurch für die Nutzung zum steuerbegünstigten Zweck geeignet gemacht wird.[10] Die Veränderung muss unmittelbar tatsächlich an den Grundbesitz anknüpfen. Bei Neubauten ist dies i.d.R. der Zeitpunkt, zu dem erstmalig ein beauftragtes Bauunternehmen mit der Durchführung der Bauarbeiten auf dem Grundstück vor Ort mit seiner Tätigkeit beginnt.[11] Unerheblich für die Annahme der Grundsteuerbefreiung ist, wenn zunächst mit der Erstellung eines sonstigen Bauwerks, z.B. Betriebsvorrichtung, anstatt eines Gebäudes begonnen wird.[12]

 

Rz. 216

[Autor/Stand] Eine Herrichtung i.S.d. § 7 Satz 2 GrStG beginnt im Fall der Bebauung konkret dann, wenn mit zielgerichteten Bauarbeiten eines Bauunternehmers auf einem Grundstück begonnen wird, z.B. eine Baustelle einrichten, Einfriedungen und Hindernisse abräumen, Bewuchs roden, Erde ausheben bzw. bewegen.[14] Erst zu diesem Zeitpunkt wird das Grundstück für den begünstigten Zweck unmittelbar erstmalig verwendet. Nicht ausreichend hierfür ist die Aufstellung eines Bauschildes mit dem Hinweis, dass dort z.B. ein Kindergarten errichtet wird.[15] Eine solche Auslegung des Begriffs "hergerichtet" entspricht dem Wortsinn des Satzes 1 des § 7 GrStG und der gesetzlichen Bestimmung dieses Begriffs durch Satz 2 des § 7 GrStG.[16]

 

Rz. 217

[Autor/Stand] Ist die Benutzung des Grundbesitzes für steuerbegünstigte Zwecke lediglich in Aussicht genommen, so ist die Voraussetzung für die Annahme der Steuerbefreiung noch nicht erfüllt.[18] Die bloße Absicht, ein grundsteuerbegünstigtes Gebäude zu erstellen und die Motive dafür, dass dies bislang noch nicht erfolgt ist, sind in Anbetracht des Objektcharakters der Grundsteuer ohne Bedeutung.[19] Daher ist auch eine Bauplanung für eine Befreiung von der Grundsteuer nicht ausreichend.[20]

 

Rz. 218

[Autor/Stand] Nicht berücksichtigungsfähig ist, wenn der Steuerpflichtige nach seiner Satzung ein Grundstück nur für gemeinnützige Zwecke herrichten darf und er mit dem Bau bis zur Gewährung von öffentlichen finanziellen Mittel warten musste.[22] Derartige Aspekte sind für die Annahme einer Gr...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Steuer Office Excellence enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge