I. Allgemeines
Rz. 101
Der Begriff des Verwaltungsvermögens wurde erstmals durch das ErbStRG 2009 eingeführt. Damit wollte der Gesetzgeber überwiegend vermögensverwaltende Betriebe allgemein von den Verschonungen für – echtes – Betriebsvermögen ausnehmen. Durch die nach dem Einkommensteuerrecht geschaffene Möglichkeit, Vermögensgegenstände, die nicht ihrer Natur nach der privaten Lebensführung dienen, zu "gewillkürtem" Betriebsvermögen zu erklären, können praktisch alle Gegenstände, die üblicherweise in Form der privaten Vermögensverwaltung gehalten werden (vermietete und verpachtete Grundstücke und Gebäude, Minderbeteiligungen an Kapitalgesellschaften, Wertpapiere), auch in Form eines Gewerbebetriebs gehalten werden. Der Gesetzgeber hatte nun bemerkt, dass die Begünstigungen nach § 13a ErbStG in der bis zum 31.12.2008 geltenden Fassung vermehrt zu solchen Gestaltungen geführt hätten. Vermögen, das in erster Linie der weitgehend risikolosen Renditeerzielung diente und in der Regel weder die Schaffung von Arbeitsplätzen noch zusätzliche volkswirtschaftliche Leistungen bewirkte, sollte aber nicht nach dem ErbStG begünstigt werden. Diesem Zweck diente der mit dem ErbStRG 2009 neu eingeführte Mechanismus des sog. Verwaltungsvermögenstests, bei dem die Aktiva des übertragenden betrieblichen Vermögens auf ihre Qualifikation hin zu untersuchen und in zwei verschiedene Gruppen einzuteilen waren: Verwaltungsvermögen und Nicht-Verwaltungsvermögen. Die Inanspruchnahme des Verschonungsabschlags für begünstigtes Vermögen i.S.d. § 13b Abs. 1 ErbStG a.F. setzte – neben der Einhaltung von Mindestlohnsumme und Behaltensfrist – voraus, dass das erworbene Vermögen zu nicht mehr als 50 % aus Verwaltungsvermögen bestand (§ 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG a.F.). Bestand an sich begünstigtes Vermögen zu mehr als 50 % aus Verwaltungsvermögen (bei der optionalen Vollverschonung nach § 13a Abs. 8 Nr. 3 ErbStG a.F. zu mehr als 10 %), dann war gem. § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG a.F. der Erwerb insgesamt nicht begünstigt, und zwar auch nicht insoweit, als das Vermögen nicht aus Verwaltungsvermögen besteht. Lag der Anteil des Verwaltungsvermögens am begünstigungsfähigen Vermögen dagegen bei höchstens 50 %, war der gesamte Erwerb, einschließlich des Verwaltungsvermögens, begünstigt. In diesem Fall war allerdings noch in einem weiteren Schritt gem. § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG a.F. zu prüfen, ob im Verwaltungsvermögen auch "junges Verwaltungsvermögen" enthalten war, das dem Betrieb zum Besteuerungszeitpunkt weniger als zwei Jahre zugehörte (§ 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG a.F.). Es war für sich genommen nicht begünstigungsfähig, beeinträchtigte aber nicht die Verschonungsvoraussetzungen für das übrige begünstigungsfähige Vermögen. Überschritt also das Verwaltungsvermögen einschließlich des jungen Verwaltungsvermögens insgesamt nicht den Anteil von 50 % am gemeinen Wert des Betriebs, lag nur hinsichtlich des jungen Verwaltungsvermögens nicht begünstigtes Vermögen vor.
Rz. 102
Diese Regelung über das Verwaltungsvermögen nach § 13b Abs. 2 ErbStG a.F. führte zum einen zu einer Ungleichbehandlung zwischen Erwerbern von begünstigtem Vermögen, das bis zu 50 % aus eigentlich nicht begünstigungswürdigem Verwaltungsvermögen bestand und gleichwohl mit einem vollen Verschonungsabschlag bedacht, und den Erwerbern begünstigten Vermögens, das zu über 50 % aus Verwaltungsvermögen bestand und überhaupt nicht begünstigt wurde. Zum anderen verschärfte die Regelung über das Verwaltungsvermögen die hinter der Verschonung stehende Grundunterscheidung zwischen begünstigtem betrieblichem und nicht begünstigtem nichtbetrieblichem Vermögen dadurch, dass beim Übergang grundsätzlich begünstigten (Betriebs-)Vermögens in erheblichem Umfang nach dieser Grundentscheidung eigentlich nicht begünstigungsfähiges Vermögen wie betriebliches gefördert wurde.
Rz. 103
Das BVerfG hatte dann zwar die grundsätzliche Eignung der Unterscheidung des begünstigten von nichtbegünstigtem Vermögen mittels des Verwaltungsvermögenstests anerkannt. Gleichwohl ließ die Entscheidung des BVerfG keinen Zweifel daran, dass der sog. Verwaltungsvermögenstest mit seiner Grenze von 50 % insgesamt wohl kaum zu halten war. Denn dem BVerfG war nicht plausibel, warum die Verschonung von 50 % an sich nicht begünstigungsfähigen Verwaltungsvermögens erfolgen sollte, nur weil dessen Anteil am Gesamtbetriebsvermögen nicht mehr als die Hälfte betrage. Gleiches galt hinsichtlich der Nichtverschonung bis zur Hälfte an sich begünstigungsfähigen betrieblichen Vermögens, weil das Gesamtbetriebsvermögen zu über 50 % aus Verwaltungsvermögen bestehe. Dies alles insbesondere vor dem Hintergrund, dass das gesetzgeberische Ziel, Verwaltungsvermögen grundsätzlich von der Verschonung auszunehmen und steuerliche Gestaltungen zu unterbinden, mit der Begrenzung des Förderungsausschlusses auf den jeweils festgestellten Anteil an Verwaltungsvermögen ohne solche Verwerfungen zu erreichen wäre. Nach der Entscheidu...