Rz. 90
Nach geltendem ErbStG besteht das begünstigte Vermögen aus land- und forstwirtschaftlichem Vermögen, Betriebsvermögen und Anteilen an Kapitalgesellschaften, soweit es das (Netto-)Verwaltungsvermögen übersteigt. Auf eine bestimmte Quote des Verwaltungsvermögens kommt es dabei nicht an (abgesehen von dem unschädlichen Verwaltungsvermögen von höchstens 10 %, § 13b Abs. 7 Satz 1 ErbStG). Das bis zum 30.6.2016 geltende "Alles-oder-Nichts-Prinzip", wonach es für die Inanspruchnahme der Regelverschonung ausreichend war, wenn der Anteil des schädlichen Verwaltungsvermögens im Betriebsvermögen nicht mehr als 50 % (bei der Vollverschonung: nicht mehr als 10 %) betrug, hielt das BVerfG für verfassungswidrig, weil es keinen Grund dafür sah, Verwaltungsvermögen überhaupt zu begünstigen.
Rz. 91
§ 13b Abs. 1 ErbStG definiert den Begriff des "begünstigungsfähigen Vermögens". Danach sind die in § 13b Abs. 1 ErbStG genannten betrieblichen Vermögenswerte nicht mehr ganz oder gar nicht begünstigt, sondern nur noch, soweit sie aus begünstigtem Vermögen bestehen. Das Verwaltungsvermögen unterliegt grundsätzlich der vollen Besteuerung (abzgl. der anteiligen Schulden und des Kulanzpuffers von 10 %, § 13b Abs. 6 und 7 ErbStG). Junges Verwaltungsvermögen und junge Finanzmittel unterliegen immer der vollen Besteuerung (und zwar ohne Schuldenabzug und ohne Kulanzpuffer von 10 %).
Rz. 92
Das im Zeitpunkt der Steuerentstehung vorhandene Verwaltungsvermögen muss dafür einzeln ermittelt und bewertet werden. Eine (wertmäßige) Quote gibt es nicht (mehr); maßgebend ist vielmehr eine (gegenständliche) Betrachtung des Verwaltungsvermögens (s. § 13b ErbStG Rz. 72). Das nach § 152 BewG örtlich zuständige Finanzamt muss die die Summe der gemeinen Werte der Vermögensgegenstände des Verwaltungsvermögens i.S.d. § 13b Abs. 4 Nr. 1 bis 4 ErbStG und die Summe der gemeinen Werte des jungen Verwaltungsvermögens i.S.d. § 13b Abs. 7 Satz 2 ErbStG, gesondert feststellen. Dabei handelt es sich um jeweils eigenständige Feststellungen, die ggf. auch gesondert angefochten werden müssen.
Rz. 93
Zum Verwaltungsvermögen gehören nach § 13b Abs. 4 ErbStG:
- 1. Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke, Grundstücksteile, grundstücksgleiche Rechte und Bauten.
- 2. Anteile an Kapitalgesellschaften, wenn die unmittelbare Beteiligung am Nennkapital dieser Gesellschaften 25 % Prozent oder weniger beträgt und sie nicht dem Hauptzweck des Gewerbebetriebs eines Kreditinstitutes, eines Finanzdienstleistungsinstitutes oder eines Versicherungsunternehmens, zuzurechnen sind.
- 3. Kunstgegenstände, Kunstsammlungen, wissenschaftliche Sammlungen, Bibliotheken und Archive, Münzen, Edelmetalle und Edelsteine, Briefmarkensammlungen, Oldtimer, Yachten, Segelflugzeuge sowie sonstige typischerweise der privaten Lebensführung dienende Gegenstände, wenn der Handel mit diesen Gegenständen, deren Herstellung oder Verarbeitung oder die entgeltliche Nutzungsüberlassung an Dritte nicht der Hauptzweck des Betriebs ist;
- 4. Wertpapiere sowie vergleichbare Forderungen, wenn sie nicht dem Hauptzweck des Gewerbebetriebs eines Kreditinstitutes, Finanzdienstleistungsinstitutes oder eines Versicherungsunternehmens zuzurechnen sind;
- 5. der gemeine Wert des nach Abzug des gemeinen Werts der Schulden verbleibenden Bestands an Zahlungsmitteln, Geschäftsguthaben, Geldforderungen und anderen Forderungen (Finanzmittel), soweit er 15 % des anzusetzenden Werts des Betriebsvermögens des Betriebs oder der Gesellschaft übersteigt.
Einzelheiten zur Abgrenzung des Verwaltungsvermögens s. § 13b ErbStG Rz. 101 ff.
Rz. 94
§ 13b Abs. 7 Satz 2 Halbs. 1 ErbStG enthält eine Legaldefinition für das sog. junge Verwaltungsvermögen. Danach stellt "Verwaltungsvermögen, das dem Betrieb im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9 ErbStG) noch keine zwei Jahre zuzurechnen war", junges Verwaltungsvermögen dar. Die Norm dient der Vermeidung von Missbräuchen, die der Verwaltungsvermögenstest dadurch ermöglicht, dass er nach wie vor ein gewisses Maß an unschädlichem Verwaltungsvermögen erlaubt (Kulanzpuffer), welches der Steuerpflichtige nutzen könnte, um noch weiteres Vermögen aus seinem Privatvermögen in das Betriebsvermögen zu überführen und es anschließend begünstigt zu übertragen. Junges Verwaltungsvermögens kann auch dadurch entstehen, dass Wirtschaftsgüter des Verwaltungsvermögen, die bereits länger als zwei Jahre dem Betrieb zuzurechnen waren, weniger als zwei Jahre vor dem Stichtag für die Erbschaft- oder Schenkungsteuer in andere Wirtschaftsgüter umgeschichtet werden.
Rz. 95
Die Kompetenz der Betriebsfinanzämter umfasst auch die Qualifikationsentscheidung für oder gegen ein Verwaltungsvermögenswirtschaftsgut. Folglich sind die für die Festsetzung der Erbschaft- und Schenkungsteuer zuständigen Finanzämter an die einmal festgestellten gemeinen Werte der Wirtschaftsgüter des Verwaltungsvermögens (und auch an die Qualifikationsentschei...