Rz. 60
Nicht börsennotierte Anteile an Kapitalgesellschaften sind nach Maßgabe des § 11 Abs. 2 BewG zu bewerten. Die ausschließliche Erklärungspflicht der Kapitalgesellschaft (§ 153 Abs. 3 BewG) schließt grundsätzlich eine Einflussnahme der/s Steuerschuldner/s auf die Wertermittlung gegenüber dem Feststellungsfinanzamt aus.
Rz. 61
Die Kapitalgesellschaft wird mit der Aufforderung zur Abgabe einer Feststellungserklärung zur Beteiligten eines Feststellungsverfahrens (§ 154 Abs. 1 Nr. 2 BewG). In einem mehrstufigen Konzern gilt dies auch für alle nicht börsennotierten Kapitalgesellschaften, an denen die Gesellschaft, deren Anteilsverhältnisse sich infolge Erbfalls oder Schenkung geändert haben, im Steuerentstehungszeitpunkt unmittelbar (Tochtergesellschaften) oder mittelbar (Enkelgesellschaften) beteiligt war. Gerade in Familienkonzernen mit einer Vielzahl von Gesellschaftern, die ihre Anteile schon in der Vergangenheit durch Erbfall/Schenkung erworben haben und sie auch in dieser Weise weiter übertragen, werden derartige Bewertungsverfahren ständig stattfinden. Die nach § 153 Abs. 3 BewG auferlegte Erfüllung steuerlicher Erklärungspflichten kann mit erheblichen Kosten verbunden sein. Ursächlich hierfür sind in Erbschaft- und Schenkungsteuerfällen private Ereignisse auf der Gesellschafterebene. Für nicht betroffene Gesellschafter stellt sich die Frage, ob sie hierdurch bedingte Minderungen ihrer Gewinnansprüche hinnehmen müssen. Ertragsteuerlich kann ggf. eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegen.
Rz. 62
An Börsen notierte Anteile an Kapitalgesellschaften sind mit den niedrigsten Kurswerten des Stichtags zu bewerten (§ 12 Abs. 1 ErbStG i.V.m. § 11 Abs. 1 BewG); der Ansatz höherer Kurswerte ist nicht vorgesehen, selbst wenn sie nachweisbar tatsächlich durch die konkrete Leistung des Zuwenders in das Gesellschaftsvermögen und nicht durch das Marktgeschehen beeinflusst würden. Für alle anderen Anteile an Kapitalgesellschaften ist zwar der gemeine Wert nach § 11 Abs. 2 BewG zu ermitteln. Doch schreibt § 12 Abs. 2 ErbStG mit Hinweis auf § 11 ErbStG die Vornahme der insoweit zu praktizierenden Bedarfsbewertung auf den Bewertungsstichtag vor. Solange im ErbStG nichts anderes bestimmt ist, hat daher die Wertfeststellung auf den Zeitpunkt der Steuerentstehung zu erfolgen und nicht auf danach und davor liegende Momente. Anteile an Genossenschaften sind keine Anteile an Kapitalgesellschaften. Für sie enthält § 12 ErbStG keine Spezialregelung. Die Anteilsbewertung ist daher anhand der Allgemeinen Bewertungsvorschriften des BewG durchzuführen (§ 12 Abs. 1 ErbStG).
Rz. 63
Die infolge gesellschaftsvertraglich begründeter Einziehung von GmbH-Anteilen bewirkte Werterhöhung der übrigen Geschäftsanteile kann kraft Fiktion nach §§ 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3, 7 Abs. 7 Satz 2 ErbStG als Schenkung auf den Todesfall bzw. unter Lebenden behandelt werden. Insoweit ist jedoch lediglich der Steuerwert der eingezogenen Anteile auf den Todestag des Erblassers oder den Zeitpunkt des Ausscheidens des jeweiligen Gesellschafters festzustellen, denn die steuerbare Bereicherung der verbleibenden Gesellschafter besteht nur in einer eventuellen Wertdifferenz zu Abfindungsansprüchen Dritter bzw. des ausgeschiedenen Gesellschafters. Dies gilt ebenso für die fiktiven Erwerbsfälle nach §§ 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2, 7 Abs. 7 Satz 1 ErbStG, die grundsätzlich bei jedem Anteilsübergang infolge Ausscheidens von Gesellschaftern aus allen Kapitalgesellschaften zu prüfen sind.
Rz. 64
Existiert die Kapitalgesellschaft nicht mehr, ist eine Aufforderung nach § 153 Abs. 3 BewG nicht möglich. Dass die Erklärungspflicht gesellschaftsrechtliche Umstrukturierungen überdauert und entsprechend § 45 Abs. 1 Satz 1 AO von Nachfolgegesellschaften zu erfüllen ist, wird – jedenfalls solange noch während der Existenz der Gesellschaft keine Aufforderung erfolgte – eher unwahrscheinlich sein; es geht hierbei nicht um eine Rechtsnachfolge in die abgabenrechtliche Stellung der Vorgängergesellschaft. in Insolvenzfällen ist der Insolvenzverwalter verpflichtet, die steuerlichen Pflichten der Gesellschaft zu erfüllen.
Rz. 65– 69
Einstweilen frei.