Dipl.-Finw. (FH) Wilfried Mannek
I. Überblick
Rz. 140
Die Bewertung eines mit einem fremden Gebäude bebauten (belasteten) Grundstückens ist in § 195 Abs. 5 bis 7 BewG geregelt. Demnach wird zur Ermittlung des Grundbesitzwerts des mit dem Nutzungsrecht belasteten Grundstücks gem. § 195 Abs. 5 Satz 1 BewG die Summe aus
- 1. dem nach § 195 Abs. 6 BewG über die Restlaufzeit des Nutzungsrechts abgezinsten Wert des fiktiv unbelasteten Grundstücks nach § 179 BewG und
- 2. dem nach § 195 Abs. 7 BewG über die Restlaufzeit des Nutzungsrechts kapitalisierten vertraglich vereinbarten jährlichen Nutzungsentgelt
gebildet.
Ein bei Ablauf des Nutzungsrechts verbleibender und nicht zu entschädigender Wertanteil der Gebäude oder des Gebäudes i.S.d. § 195 Abs. 4 BewG ist hinzuzurechnen.
Rz. 141
Aufgrund der gesetzlichen Neuregelung im § 195 Abs. 1 Satz 2 BewG kann es auch bei der Bewertung des belasteten Grundstücks nicht zu einem negativen Grundbesitzwert kommen. Die Regelung ist bezüglich des belasteten Grundstücks allerdings nur von theoretischer Natur, da es hier aufgrund der obigen Wertkomponenten faktisch nicht zu negativen Werten kommen kann.
Rz. 142
Die Bewertung eines belasteten Grundstücks kann dem nachfolgenden Schema entnommen werden:
+
+
=
Rz. 143– 149
Einstweilen frei.
II. Abgezinster Bodenwert des unbelasteten Grundstücks
Rz. 150
Der Wert des fiktiv unbelasteten Grundstücks nach § 179 BewG ist gem.§ 195 Abs. 6 Satz 1 BewG über die Restlaufzeit des Nutzungsrechts mit dem sich aus der Anlage 26 zum BewG ergebenden Abzinsungsfaktor abzuzinsen. Dabei ist der Abzinsungsfaktor nach Anlage 26 zum BewG abhängig
- vom maßgebenden Liegenschaftszinssatz und
- der auf volle Jahre abgerundeten Restlaufzeit des Nutzungsrechts.
Rz. 151
Bei Anwendung des vorstehenden Abzinsungsfaktors ist die auf volle Jahre abgerundete Restlaufzeit des Nutzungsrechts maßgebend. Damit wird verfahrensvereinfachend zuungunsten des Steuerpflichtigen auf eine Interpolation bei Anwendung der Anlage 26 zum BewG verzichtet; Abzinsungsfaktoren steigen mit abnehmender Laufzeit. Vgl. zur gegenteiligen Wirkung bei den Vervielfältigern der Anlage 21 zum BewG die Ausführungen unter Rz. 98.
Rz. 152
Für die Anwendung des nach Anlage 26 zum BewG maßgebenden Abzinsungsfaktors sind somit neben der Restlaufzeit des Nutzungsrechts die von den Gutachterausschüssen für die jeweilige Grundstücksart ermittelten Liegenschaftszinssätze nach Maßgabe des § 177 Abs. 2 und 3 BewG oder wenn derartige Liegenschaftszinssätze nicht zur Verfügung stehen, die gesetzlichen Zinssätze nach § 195 Abs. 6 Satz 2 i.V.m. § 193 Abs. 4 Satz 3 BewG maßgebend. Vgl. dazu auch Rz. 79. Für nicht in der Anlage 26 zum BewG aufgeführte Liegenschaftszinssätze, ist der Vervielfältiger nach der dort angegebenen Formel zu berechnen und auf vier Nachkommastellen kaufmännisch zu runden.
Rz. 153
Bei der Bestimmung des Liegenschaftszinssatzes bzw. der maßgebenden Grundstücksart soll nach den Vorgaben der Finanzverwaltung die nachfolgende zu den Erbbaurechten ergangene Regelung entsprechend gelten. Dort heißt es: Ist das mit einem Erbbaurecht belastete Grundstück unbebaut und liegen keine Angaben zur Nachfolgenutzung vor, bestehen keine Bedenken, wie folgt zu verfahren:
- 1. Mangels tatsächlichen Vorhandenseins eines Gebäudes kann zunächst auf die geplante Nutzung seitens des Erbbauverpflichteten bzw. -berechtigten abgestellt werden (vgl. Erbbaurechtsvertrag).
- 2. Bestehen noch keine konkreten Nutzungspläne, kann von der vorgesehenen Bebauung und Nutzung insb. laut Bauleitplan (Bebauungsplan/Flächennutzungsplan) auf die Grundstücksart geschlossen werden.
Rz. 154
Anders als bei Erbbaurechten stellt sich hier allerdings die Frage, ob hierzu eine Regelung zwingend ist. Während bei einem bestellten Erbbaurecht am Bewertungsstichtag noch kein Gebäude errichtet worden sein muss, ist dies bei einem (mit einem fremden Gebäude) belasteten Grundstück grds. nicht denkbar. Denn sofern auf dem verpachteten Grundstück (noch) kein Gebäude errichtet worden ist, liegt kraft Definition noch kein Gebäude auf fremdem Grund und Boden und in der Folge auch kein entsprechend belastetes Grundstück vor. Vielmehr handelt es sich um ein "normales" verpachtetes unbebautes Grundstück i.S.d. § 179 BewG (vgl. dazu Rz. 28 und 37). Ein...