I. Form der Feststellungserklärungen
Rz. 80
Die rechtswirksame Aufforderung zur Abgabe einer Feststellungserklärung macht den Adressaten ausdrücklich zum Verfahrensbeteiligten (§ 154 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BewG). Seine verfahrensrechtlichen Pflichten konzentrieren sich in erster Linie auf die von ihm verlangte Abgabe der Feststellungserklärung/en (§ 153 Abs. 5 BewG i.V.m. §§ 181 Abs. 1 Satz 1, 149 Abs. 1 Sätze 1 und 2 AO).
Rz. 81
Die Bedarfswertfeststellungserklärungen sind durch eigenhändige Unterschrift zu unterzeichnen (§ 153 Abs. 4 Satz 1 BewG). Natürliche Personen bzw. ihre gesetzlichen Vertreter müssen daher selbst unterschreiben; Gesellschaften und Gemeinschaften handeln durch ihre Geschäftsführer bzw. Organe. Sie dürfen sich hierbei durch Bevollmächtigte nur unter den Voraussetzungen des § 150 Abs. 3 Satz 1 AO vertreten lassen. Nicht höchstpersönlich unterschriebene sind – ebenso wie überhaupt nicht unterschriebene Erklärungen – unwirksam. Dies steht zwar dem Erlass von Feststellungsbescheiden nicht entgegen. Doch es verhindert die speziellen Rechtsfolgen, die an die Rechtswirksamkeit der Feststellungserklärung geknüpft sind. Derart wirkungslose Feststellungserklärungen beeinflussen nicht den Beginn der Feststellungsfrist. Sie lösen keine Berichtigungspflichten nach § 153 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO und damit keine verlängerten Feststellungsfristen aus. Allerdings bleiben dadurch auch die Erklärungspflichten des aufgeforderten Adressaten und der übrigen potenziell erklärungspflichtigen Personen bestehen (§ 153 Abs. 3 Satz 2 BewG – Umkehrschluss).
Rz. 82
Mit Gesetz vom 16.12.2022 wurde § 153 Abs. 2 und Abs. 4 BewG umfassend im Hinblick auf die elektronische Abgabe einer Feststellungserklärung geändert. Die geänderten Vorschriften sind jedoch erst anwendbar, wenn das Bundesministerium der Finanzen im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder die Einzelheiten der elektronischen Übermittlung der Erklärungen in einem Schreiben festgelegt hat und dieses Schreiben im Bundessteuerblatt veröffentlicht ist (§ 265 Abs. 13 BewG). Bis dahin ist die alte Fassung des § 153 weiter anwendbar.
Rz. 83– 84
Einstweilen frei.
II. Drittwirkung der Feststellungserklärungen (Abs. 4 Satz 5)
Rz. 85
Eine rechtswirksame Feststellungserklärung führt – außer in Erbbaurechtsfällen (§ 153 Abs. 2 Satz 4 BewG – zur Befreiung auch anderer Beteiligter von ihren insoweit bestehenden Erklärungspflichten (§ 153 Abs. 4 Satz 5 BewG). Grundsätzlich kommen mehrere Adressaten hinsichtlich desselben Feststellungsgegenstands nur nach § 153 Abs. 1 Satz 1 und/oder Abs. 2 BewG in Frage. Insb. eine auf § 153 Abs. 2 BewG gestützte Aufforderung einer Gemeinschaft oder Gesellschaft müsste deshalb auch den Personen bekannt gegeben werden, die zum Adressatenkreis des § 153 Abs. 1 Satz 1 BewG zählen.
Rz. 86
Zur Durchführung der Bedarfsbewertungen nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2 und 4 BewG ist eine kumulative Aufforderung aller potenziell erklärungspflichtigen Personen zulässig. Da erst die Abgabe einer Feststellungserklärung die Feststellungsfinanzämter insoweit einschränkt, handelt die Finanzverwaltung nicht ermessensfehlerhaft, wenn sie im Anwendungsbereich des § 153 Abs. 2 BewG "auch" den/die Steuerschuldner zur Erklärungsabgabe auffordert.
Rz. 87
Die Befreiung von ihren Erklärungspflichten nach § 153 Abs. 4 Satz 5 BewG ist für die Betroffenen zweischneidig. Sie haben Vorteile dadurch, dass sie hinsichtlich desselben Feststellungsgegenstands nun als Empfänger weiterer Aufforderungen ausscheiden und auch ihnen gegenüber ergangene Aufforderungen nicht mehr zwangsweise durchsetzbar sind. Denkbare Nachteile liegen vor allem darin, dass sie u.U. überhöhte Bedarfswerte hinnehmen müssen, die auf Erklärungen einer Gesellschaft oder Gemeinschaft beruhen, die sie – bspw. als Minderheitsgesellschafter – nicht beeinflussen konnten. Hinsichtlich nicht notierter Anteile an Kapitalgesellschaften mag dies dem Willen des Gesetzgebers entsprechen (§ 153 Abs. 3 BewG). Bei Bedarfsbewertungen nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2 und 4 BewG wird man davon ausgehen dürfen, dass potenziell erklärungspflichtige Steuerschuldner – wie für Fälle der Grundbesitzbewertung offenbar vorausgesetzt (§ 138 Abs. 4 BewG) – auch Erklärungsrechte haben. Um deren Geltendmachung nicht unnötig zu erschweren, sollte dies schon bei der Aufforderu...