Rz. 116

[Autor/Stand] Je weiter der Hauptfeststellungszeitpunkt 1.1.1964 zurückliegt, umso schwieriger wird die zutreffende Ermittlung der damals üblichen Mieten. Nicht nur die Wertverhältnisse haben sich verändert. Auch die Ausstattung der Gebäude, die Größe der Wohnfläche, die Lage und Größe der neu bebauten Grundstücke lassen sich mit den Verhältnissen vom 1.1.1964 nicht vergleichen. Dies gilt insbesondere für Niedrigenergie- und Passivhäuser. Da für die Frage der Einteilung in die einzelnen Ausstattungsklassen von den Wertverhältnissen vom 1.1.1964 auszugehen ist, mithin darauf abzustellen ist, welche Ausstattungsmerkmale seinerzeit als bereits allgemein üblich angesehen werden konnten, wird regelmäßig von einer guten Ausstattung ausgegangen werden müssen.[2] Die Bewertung der Grundstücke im Ertragswertverfahren wird durch diese Veränderungen immer mehr zu einer Rechnung mit vielen Unbekannten; die Ergebnisse der Wertermittlung haben mit der Realität nichts mehr zu tun. Gleichwohl führte der BFH noch in seinem Urteil v. 2.2.2005[3] aus, dass das Absehen von einer neuen Hauptfeststellung noch nicht zu einem Verstoß dieser Einheitswerte gegen Art. 3 Abs. 1 GG führt, da sich die Frage der Verfassungswidrigkeit von Wertverzerrungen innerhalb der Einheitsbewertung des Grundvermögens nur noch unter dem Gesichtspunkt der Grundsteuerbelastung stellt und die im Ertragswertverfahren festgestellten Einheitswerte regelmäßig erheblich unter dem gemeinen Wert liegen.

Vgl. Anm. 47.1–47.9 (Vorlage des BFH an das BVerfG).

 

Rz. 117

[Autor/Stand] Bis zu einer neuer Hauptfeststellung wird als Jahresrohmiete im Rahmen des Ertragswertverfahrens regelmäßig mangels Vorhandenseins tatsächlich für das Objekt gezahlter Mieten die übliche Miete i.S.v. § 79 Abs. 2 BewG im Hauptfeststellungszeitpunkt (§ 79 Abs. 5 i.V.m. § 27 BewG) maßgebend sein. Diese ist in erster Linie in Anlehnung an die Jahresrohmiete zu schätzen, die für Räume gleicher oder ähnlicher Art, Lage und Ausstattung am 1.1.1964 regelmäßig gezahlt wurde (§ 79 Abs. 2 Satz 2 BewG). Scheitert eine Schätzung der üblichen Miete in unmittelbarem Vergleich daran, dass nach Lage, Art und Ausstattung vergleichbare vermietete Objekte nicht oder nicht in hinreichender Zahl vorhanden sind, kann nach der ständiger Rechtsprechung des BFH als Hilfsmittel zur Schätzung der üblichen Miete auf die von den Finanzämtern für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich erarbeiteten Mietspiegel zurückgegriffen werden, soweit diese in ihren Aufgliederungen nach Mietpreisregelungen und den anderen nach § 79 Abs. 2 Satz 2 BewG maßgebenden Kriterien – insbesondere Baujahr und Ausstattung – den vom Gesetz gestellten Anforderungen für die Schätzung der üblichen Miete entsprechen. Diese Anforderungen sind auch dann erfüllt, wenn wegen Fehlens vermieteter Objekte derselben Grundstücksart oder auch desselben Alters Spiegelmieten für bestimmte Grundstücksgruppen aus den Spiegelmieten für Objekte gleicher oder ähnlicher Art, Lage und Ausstattung anderer Grundstücksarten oder eines anderen Baujahrs abgeleitet wurden. Scheitert eine solche Wertableitung der üblichen Miete aus tatsächlich gezahlten Mieten anderer Grundstücksgruppen, weil eine bestimmte Gruppe von Grundstücken mit anderen Grundstücksgruppen nicht oder nicht hinreichend vergleichbar ist, und stehen deshalb keine andere Schätzungsgrundlagen zur Verfügung, darf das Finanzamt als letztes Hilfsmittel auf eine Rahmenmiete zurückgreifen, die auf der Grundlage durchschnittlicher Grundstücks- und Baukosten aus den regelmäßigen Kapital- und Bewirtschaftungskosten am Bewertungsstichtag hergeleitet wurde (Kostenmiete). Eine Ermittlung der Miete durch Einzelgutachten kann erst dann in Betracht kommen, wenn eine Ableitung der üblichen Miete weder durch unmittelbaren Vergleich mit tatsächlich gezahlten Mieten für vergleichbare vermietete Objekte noch aus Mietspiegeln möglich ist. Dabei ist hervorzuheben, dass der Gutachter vor der anspruchsvollen Aufgabe steht, belastbare Aussagen zu den Wertverhältnissen zum 1.1.1964 zu treffen. Mit Rücksicht auf die Einheitsbewertung als ein Massenverfahren ist eine Ermittlung der üblichen Miete durch Sachverständigengutachten daher allenfalls in Ausnahmefällen möglich.[5]

[Autor/Stand] Autor: Mannek, Stand: 01.01.2016
[2] Vgl. FG Berlin v. 4.10.2000 – 2 K 2138/96; die Nichtzulassungsbeschwerde wurde als unzulässig verworfen, BFH v. 27.11.2001 – II B 6/01.
[Autor/Stand] Autor: Mannek, Stand: 01.01.2016

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