Rz. 368
Wie schon an früherer Stelle ausgeführt (vgl. oben, Rz. 44), hat die Bewertung des Betriebsvermögens nach der Abstandnahme von der Erhebung der Vermögensteuer ab 1.1.1997 und der Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer ab 1.1.1998 nur noch Bedeutung für die Erbschafts- und Schenkungsbesteuerung. Insoweit sind für den Bestand und die Bewertung die Verhältnisse zur Zeit der Entstehung der Steuer maßgebend (vgl. § 11 ErbStG i.V.m. § 9 ErbStG). Nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG entsteht die Steuer bei den Erwerben von Todes wegen grundsätzlich mit dem Tod des Erblassers. Bei Schenkungen unter Lebenden entsteht die Steuer gem. § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG mit dem Zeitpunkt der Ausführung der (freigebigen) Zuwendung.
Rz. 369
Diese Zeitpunkte stimmen in den seltensten Fällen mit dem Bilanzstichtag (Abschlusszeitpunkt; Schluss des Wirtschaftsjahres) des durch Erbfall übergehenden oder durch Schenkung unter Lebenden übertragenen Unternehmens überein. Entsteht die (Erbschaft- oder Schenkung-)Steuer zu einem anderen Zeitpunkt als dem Bilanzstichtag und wird für das übergegangene oder übertragene Unternehmen auf den Zeitpunkt des Übergangs oder der Übertragung auch kein Zwischenabschluss erstellt, so können die im Rahmen der Substanzwertermittlung nach § 11 Abs. 2 Satz 3 BewG zu erfassenden Einzelwerte nach zutreffender Auffassung der Finanzverwaltung aus Vereinfachungsgründen aus dem auf den Schluss des letzten vor dem Besteuerungszeitpunkt endenden Wirtschaftsjahres erstellten Jahresabschluss abgeleitet werden. Hierbei sind aber zahlreiche und umfängliche Korrekturen vorzunehmen.
Rz. 370
Zu den Einzelheiten wird auf die – m.E. zutreffenden – Anweisungen in R B 11.6 ErbStR 2019 verwiesen, die folgenden Wortlaut haben:
„(1) Bei der Ermittlung des Substanzwerts ist das Vermögen der Kapitalgesellschaft mit dem gemeinen Wert zum Bewertungsstichtag zugrunde zu legen.
(2) Stimmt der Bewertungsstichtag nicht mit dem Schluss des Wirtschaftsjahrs überein, auf den die Kapitalgesellschaft einen regelmäßigen jährlichen Abschluss macht, und erstellt die Kapitalgesellschaft keinen Zwischenabschluss, der den Grundsätzen der Bilanzkontinuität entspricht, kann aus Vereinfachungsgründen der Wert des Vermögens der Kapitalgesellschaft zum Bewertungsstichtag aus der auf den Schluss des letzten vor dem Bewertungsstichtag endenden Wirtschaftsjahrs erstellten Vermögensaufstellung abgeleitet werden (Abs. 3), sofern dies im Einzelfall nicht zu unangemessenen Ergebnissen führt und deshalb eine besondere Ermittlung des Substanzwerts auf den Bewertungsstichtag vorzunehmen ist. Dabei ist zunächst der Saldo der gemeinen Werte für die Wirtschaftsgüter, sonstigen aktiven Ansätze, Schulden und sonstigen Abzüge am Abschlusszeitpunkt zu bilden, die bei der Ermittlung des Substanzwerts der Kapitalgesellschaft anzusetzen sind (Ausgangswert).
(3) Aus dem Ausgangswert (Absatz 2) ist der Wert des Vermögens der Kapitalgesellschaft auf den Bewertungsstichtag unter vereinfachter Berücksichtigung der im Vermögen der Kapitalgesellschaft bis zum Bewertungsstichtag eingetretenen Veränderungen abzuleiten. Als Korrekturen kommen insbesondere in Betracht:
- 1. Hinzurechnung des Gewinns bzw. Abrechnung des Verlustes, der auf den Zeitraum vom letzten Bilanzstichtag vor dem Bewertungsstichtag bis zum Bewertungsstichtag entfällt. Auszugehen ist dabei vom Gewinn laut Steuerbilanz. Der Gewinn oder Verlust ist zu korrigieren, soweit darin Abschreibungen (Normal-AfA, erhöhte AfA, Sonderabschreibungen, Teilwertabschreibungen) oder Aufwendungen auf betrieblichen Grundbesitz (Grund und Boden, Betriebsgebäude, Außenanlagen, sonstige wesentliche Bestandteile und Zubehör) enthalten sind, die das Ergebnis gemindert haben, mit dem Wertansatz der Betriebsgrundstücke aber abgegolten sind. Dazu gehören auch Erhaltungsaufwendungen für betrieblichen Grundbesitz, die den Grundbesitzwert zwar wegen der für den Grundbesitz geltenden Bewertungsmethoden nicht erhöhen, aber mit dem Ansatz des Grundbesitzwerts abgegolten sind. Gewinn oder Verlust und Abschreibungen oder andere Aufwendungen bis zum Bewertungsstichtag sind, soweit dies nicht im Einzelfall zu unangemessenen Ergebnissen führt, zeitanteilig aus den entsprechenden Jahresbeträgen zu berechnen;
- 2. Berücksichtigung von Vermögensänderungen infolge Veräußerung oder Erwerb von Anlagevermögen, insbesondere von Betriebsgrundstücken, Wertpapieren, Anteilen und Genussscheinen von Kapitalgesellschaften und Beteiligungen an Personengesellschaften, soweit sie sich nicht bereits nach Nummer 1 ausgewirkt haben;
- 3. Vermögensabfluss durch Gewinnausschüttungen;
- 4. Vermögenszuführungen oder -abflüsse infolge von Kapitalerhöhungen oder Kapitalherabsetzungen;
- 5. Vermögenszuführungen durch verdeckte Einlagen.
(4) Die Kapitalgesellschaft hat nach amtlichem Vordruck eine Vermögensaufstellung auf den Bewertungsstichtag als Anlage zur Feststellungserklärung abzugeben, aus der sich die für die Ermittlung des Substanzwerts erforde...