1. Anwendungsbereich
Rz. 6
§ 12 verweist in Absatz 1 auf den "Ersten Teil des Bewertungsgesetzes (Allgemeine Bewertungsvorschriften)". Es gelten für die Bewertung der erbschaft-/schenkungsteuerlichen Erwerbe im Grundsatz daher die allgemeinen Bewertungsvorschriften des BewG, also §§ 1 bis 16 BewG. Dieser Grundsatz wird jedoch durchbrochen, soweit in § 12 Abs. 2 bis 7 ErbStG anderes geregelt ist.
Rz. 7
Der unmittelbare Anwendungsbereich der Verweisungsnormen §§ 1 bis 16 BewG für Zwecke der Erbschaft-/Schenkungsteuer ist gering, da für die Mehrzahl der vererbten/verschenkten Vermögensgegenstände, nämlich den Grundbesitz, das Betriebsvermögen sowie land- und forstwirtschaftliches Vermögen, anderes gilt. Zwar findet sich die für Anteile an Personen- und Kapitalgesellschaften relevante Bewertungsvorschrift (§ 11 Abs. 2 BewG) ebenfalls im Ersten Teil des BewG. Allerdings wird hierauf nur mittelbar, über die in § 12 Abs. 2 bis 6 ErbStG enthaltene Verweisung auf § 151 BewG, weiterverwiesen.
Rz. 8
Betroffen von dem unmittelbaren Verweis auf den Ersten Teil des BewG ist damit vor allem die Bewertung der Gegenstände des "übrigen" Vermögens, wie z.B. Kapitalforderungen, Nießbrauchs- und Rentenrechte sowie bewegliche Gegenstände. Auch virtuelle Währungen, sog. "Kryptowährungen" wie beispielsweise Bitcoins, sind nach § 9 BewG zu bewerten.
Rz. 9
Bewertungsregelungen im ErbStG sind erforderlich, weil der als Bemessungsgrundlage maßgebliche Wert des der Erbschaft- und Schenkungsteuer unterliegenden Erwerbs in einem Geldbetrag auszudrücken ist.
2. Verweis auf §§ 1, 2 BewG
Rz. 10
Der Verweis auf § 1 BewG ist ohne praktische Bedeutung, denn die Vorschrift regelt allein den Geltungsbereich des Bewertungsgesetzes.
Rz. 11
Aber auch die Bezugnahme auf § 2 BewG (wirtschaftliche Einheit) ist ohne Relevanz, weil insb. ein Nachlass keine wirtschaftliche Einheit in diesem Sinne ist. Zudem regeln eine Fülle von Sondervorschriften, wie z.B. der land- und forstwirtschaftliche Betrieb als wirtschaftliche Einheit des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens (§§ 158 bis 175 BewG), wie das Grundstück als wirtschaftliche Einheit des Grundvermögens (§ 159 und §§ 176 bis 198 BewG) und wie der Gewerbebetrieb als wirtschaftliche Einheit des Betriebsvermögens (§§ 95, 96, 97 i.V.m. § 109 Abs. 1 und 2 i.V.m. § 11 Abs. 2 BewG) abzugrenzen ist. Diese letztgenannten Vorschriften gehen der allgemeineren Vorschrift des § 2 BewG im Wege der Spezialität vor. Aber auch der in § 2 Abs. 1 Satz 1 BewG enthaltene Grundsatz der Gesamtbewertung wird z.B. im sog. vereinfachten Ertragswertverfahren durchbrochen (§ 200 Abs. 2 BewG). Für Sonderbetriebsvermögen wird eine Einzelbewertung vorgesehen.
Rz. 11a
Was als wirtschaftliche Einheit zu gelten hat, ist gemäß § 2 Abs. 1 Satz 3 BewG nach den Anschauungen des Verkehrs zu entscheiden und bestimmt sich vornehmlich nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Dabei sind die örtliche Gewohnheit, die tatsächliche Übung, die Zweckbestimmung und die wirtschaftliche Zusammengehörigkeit der einzelnen Wirtschaftsgüter zu berücksichtigen (§ 2 Abs. 1 Satz 4 BewG). So gehören etwa mehrere Grundstücke zu einer wirtschaftlichen Einheit, wenn sie zu einem einheitlichen Zweck zusammengefasst sind, der sich äußerlich in einer entsprechenden einheitlichen Ausgestaltung niederschlägt, durch welche die selbständige Funktion des einzelnen Grundstücks nach der Verkehrsauffassung aufgehoben wird. Dabei hat der subjektive Wille eine wesentliche Bedeutung, der allerdings nicht im Widerspruch zu den objektiven äußeren Merkmalen stehen darf.
3. Verweis auf § 3 BewG
Rz. 12
§ 3 BewG findet tatbestandlich immer dann Anwendung, wenn ein Wirtschaftsgut mehreren zuzurechnen ist (s. § 3 BewG Rz. 7). Erbschaft-/schenkungsteuerliche Anwendungsfälle dieser Verweisnorm ergeben sich, wenn der Erblasser/Schenker an dem Nachlass-/Zuwendungsgegenstand...