Dipl.-Finw. (FH) Gerhard Bruschke
Rz. 28
Nach der Vorschrift des § 24a Satz 2 BewG sind die vorzeitig erteilten Fortschreibungs- und Feststellungsbescheide zu ändern oder aufzuheben, wenn sich bis zum maßgebenden FeststelIungszeitpunkt an der wirtschaftlichen Einheit Änderungen ergeben, die zu einer abweichenden Feststellung führen.
Rz. 29
Die Regelung des Satzes 2 schafft das notwendige Korrektiv zu der Regelung des Satzes 1 im § 24a BewG. Der Befugnis, gewisse Feststellungsbescheide vorzeitig zu erteilen, entspricht die Pflicht des Finanzamtes, Änderungen zu berücksichtigen, die sich bis zum Feststellungszeitpunkt ergeben.
Rz. 30
Durch Satz 2 wird somit sichergestellt, dass das dem Bewertungsrecht zugrunde liegende Stichtagsprinzip, wonach die zu Beginn des maßgebenden Feststellungszeitpunktes (Kalenderjahres) vorliegenden tatsächlichen Verhältnisse der Einheitsbewertung zugrunde zu legen sind, zur Anwendung kommt. In Fällen, in denen sich nach der vorzeitigen Erteilung von Feststellungsbescheiden Änderungen ergeben, muss unter Berücksichtigung der am Feststellungszeitpunkt tatsächlich vorliegenden Verhältnisse geprüft werden, ob die Voraussetzungen für die Vornahme einer Fortschreibung oder Nachfeststellung gegeben sind.
Rz. 31
Diese Erkenntnis ist von Bedeutung für die Entscheidung, welche Veränderungen an der wirtschaftlichen Einheit zu einer Änderung des vorzeitig erteilten Feststellungsbescheides gem. § 24a Satz 2 BewG führen. Es ist zu berücksichtigen, dass sich die Änderungsvorschrift des Satzes 2 zugunsten und zuungunsten der Steuerpflichtigen auswirken kann und dass sie im Hinblick auf die gemäß § 24a Satz 1 BewG bestehende Befugnis des Finanzamtes zur vorzeitigen Bescheiderteilung neben die allgemeinen Änderungsvorschriften der Abgabenordnung tritt.
1. Änderung bis zum maßgebenden Feststellungszeitpunkt
Rz. 32
Die Änderungen müssen sich bis zum maßgebenden Feststellungszeitpunkt ergeben. Sie müssen folglich zu Beginn des maßgebenden Kalenderjahres vorliegen. Das setzt voraus, dass die entsprechende Änderung spätestens bis zum 31.12. um 24.00 Uhr des vor dem Feststellungszeitpunkt liegenden Jahres eingetreten ist. Änderungen, die sich im Laufe des ersten Tages eines Kalenderjahres, das dem Feststellungszeitpunkt nachfolgt, ergeben, können eine Änderung gemäß § 24a Satz 2 BewG nicht begründen, da in diesem Fall die Änderungen eben nicht zu Beginn des maßgebenden Kalenderjahres vorgelegen haben, sondern erst im Laufe des Jahres eingetreten sind.
Beispiel
A erwirbt am 20.6.2019 ein unbebautes Grundstück. Das Finanzamt führt entsprechend eine Zurechnungsfortschreibung auf den 1.1.2020 durch. Der entsprechende Eingabewertbogen wird am 15.8.2019 gezeichnet und dem Steuerpflichtigen am 15.10.2019 bekannt gegeben. Mit Vertrag vom 15.12.2019 veräußert A das Grundstück an B. Der Übergang von Nutzen und Lasten wird a) für den 31.12.2019 und b) für den 1.1.2020 vereinbart. Folge: Im Fall der Alternative a) ergibt sich eine Änderung (Aufhebung) der Zurechnung nach § 24a Satz 2 BewG, da die Änderung der Eigentumsverhältnisse vor dem maßgebenden Feststellungszeitpunkt erfolgt ist. Im Fall der Alternative b) ergibt sich kein Änderungsbedarf, da sich die Eigentumsverhältnisse erst nach dem maßgebenden Feststellungszeitpunkt geändert haben und daher eine erneute Zurechnungsfortschreibung auf den 1.1.2021 zu erfolgen hat.
Rz. 33
Dem Wortlaut der Vorschrift ist nicht zu entnehmen, von welchem Zeitpunkt an Änderungen zu berücksichtigen sind. Der an sich systemwidrigen Befugnis des Finanzamtes, bereits vor dem maßgebenden Feststellungszeitpunkt Bescheide über Fortschreibungen oder Nachfeststellungen zu erteilen, muss im Interesse einer zutreffenden Besteuerung die weitreichende Pflicht des Finanzamtes entsprechen, zwischenzeitlich sich ergebende Änderungen zu berücksichtigen. Aus diesem Grund führen alle Änderungen an der wirtschaftlichen Einheit, die sich zwischen der abschließenden Zeichnung durch den zuständigen Beamten über den Fortschreibungs- oder Nachfeststellungsfall und dem maßgebenden Feststellungszeitpunkt ergeben, zu einer Änderung oder Aufhebung des vorzeitig erteilten Bescheides.
Rz. 34
Dies muss auch dann gelten, wenn – wie dies insbesondere in Fällen des mechanisierten Verfahrens häufig der Fall sein wird – zwischen der Entscheidung über den Feststellungsfall und dem Zugang des Bescheides beim Stpfl. ein längerer Zeitraum liegt. In diesen Fällen erscheint es sachgerecht, auf die gefestigte Rechtsprechung zur neuen Tatsache (§ 173 AO) zurückzugreifen. Danach gilt im mechanisierten Veranlagungsverfahren eine Tatsache als "neu" i.S. von § 173 Abs. 1 AO, wenn sie dem Finanzamt nach abschließender Zeichnung des Eingabewertbogens durch den zuständigen Beamten bekannt wird.
Rz. 35
Die verschiedentlic...