Rz. 162
Der Verschonungsabschlag und der Abzugsbetrag fallen mit Wirkung für die Vergangenheit weg, soweit innerhalb von fünf Jahren nach dem Zeitpunkt der Steuerentstehung (Behaltensfrist) gegen eine der Behaltensregelungen verstoßen wird, § 13a Abs. 6 ErbStG.
Rz. 163
§ 13a Abs. 6 ErbStG entspricht bis auf notwendige Änderungen bei einzelnen Verweisen inhaltlich unverändert dem bisherigen § 13a Abs. 5 ErbStG a.F., und auch schon diese Vorschrift entsprach ganz überwiegend der davor geltenden Fassung des § 13a Abs. 5 ErbStG a.F. Da sich an der Zielrichtung der Begünstigungsvorschriften beim Betriebsvermögen nichts geändert hat, kann demzufolge auf die bisherige Auslegung der Vorgängernorm in Rechtsprechung und Literatur problemlos zurückgegriffen werden.
Rz. 163.1
Am 30.6.2021 wurde das Gesetz zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts (KöMoG) verkündet. Mit Wirkung zum 1.1.2022 wird damit in Deutschland erstmals ein steuerliches Optionsmodell für Personengesellschaften eingeführt. Es ermöglicht bestimmten Personengesellschaften, zur Besteuerung als Kapitalgesellschaft zu optieren. Für das ErbStG hat der Gesetzgeber dem in Art. 8 des Gesetzes zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts Rechnung getragen und hat § 13a Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 und Satz 2, Nr. 3 Satz 1, § 13b Abs. 1 Nr. 2, § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 2 lit. a ErbStG redaktionell angepasst. Es handelt sich um Änderungen infolge der Einführung der optierenden Gesellschaft. Damit wird sichergestellt, dass optierende Gesellschaften mit den Gesellschaften i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, des § 15 Abs. 3 oder des § 18 Abs. 4 Satz 2 EStG gleichgestellt werden.
Rz. 164
Die Gründe für den Verstoß gegen die Behaltensregelungen sind unbeachtlich. Bereits zu § 13a ErbStG a.F. hatte der II. Senat des BFH in ständiger Rechtsprechung darauf abgestellt, dass die erbschaftsteuerlichen Begünstigungen des Betriebsvermögens nur durch die verminderte Leistungsfähigkeit von derartigen Vermögen aufgrund von Gemeinwohlbindungen und -verpflichtungen gerechtfertigt sein kann. Dies gilt für § 13a ErbStG in der aktuellen Fassung gleichermaßen. Auch hier hat sich der Gesetzgeber grundsätzlich für die Gewährung von Steuervergünstigungen entschieden, wenn und soweit der Betrieb in seinem Bestand fortgeführt wird. Durch § 13a ErbStG soll lediglich erreicht werden, dass eine Betriebsfortführung durch den Erwerber nicht aus Gründen der Erbschaftsteuerbelastung scheitert. Mit diesen Vorgaben wäre es unvereinbar, wenn statt auf die Fortführung des Betriebs durch den Erwerber auf die Motive bei der Veräußerung oder beim Auslösen eines sonstigen Nachversteuerungstatbestands abgestellt würde.
Rz. 165
Die Behaltensfrist ist für jeden Erwerber gesondert zu prüfen.
Rz. 166
Der Steuerbescheid ist in diesen Fällen nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO zu ändern (Nachversteuerung).
Rz. 167
In Fällen von geringer Bedeutung, z.B. bei einem gemeinen Wert des erworbenen begünstigten Vermögens bis zu 150.000 EUR, ist die Überwachung auf eine Veräußerung/Aufgabe des begünstigt erworbenen Vermögens zu beschränken.
Rz. 168
Ein Verstoß gegen die Behaltensregelungen liegt nicht vor, wenn begünstigtes Vermögen
- im Wege des Übergangs von Todes wegen übergeht oder
- durch Schenkung unter Lebenden weiter übertragen wird; erfolgt jedoch die Zuwendung teilentgeltlich, gilt dies allerdings nur hinsichtlich des unentgeltlichen Teils der Zuwendung. Dies betrifft auch die Übertragung im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge gegen Versorgungsleistungen, die erbschaftsteuerlich eine gemischte Schenkung darstellt.
- Eine mit einer Weiterschenkung begünstigt erworbenen Vermögens verbundene Duldungsauflage stellt keine Gegenleistung dar und führt damit insoweit nicht zur Teilentgeltlichkeit der Übertragung. Infolgedessen liegt insoweit kein Verstoß gegen die Behaltensregelungen vor.
Rz. 169
Ein Verstoß gegen die Behaltensregelungen liegt vor, wenn begünstigtes Vermögen zur Erfüllung anderer schuldrechtlicher Ansprüche, z.B. aufgrund eines Geldvermächtnisses, Pflichtteils- oder Zugewinnausgleichsanspruchs hingegeben wird.
Rz. 170
Nach Auffassung der Finanzverwaltung soll dasselbe gelten, wenn begünstigtes Vermögen als Abfindung nach § 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG übertragen wird. Dies ist zutreffend. Denn im Ergebnis kann nur der die Begünstigung in Anspruch nehmen dürfen, der auch den Betrieb fortführt. Konsequenterweise muss deshalb in den Fällen des § 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG die Begünstigung für Betriebsvermögen demjenigen zugebilligt werden, der als Abfindungsempfänger den Betrieb weiterführt. Diesen Schritt hat die Finanzverwaltung aber getan. Auch insoweit ist ihr also zu folgen.
Rz. 171
Wenn der die Abfindung Leistende einen Nachversteuerungstatbestand auslöst, dann bedeutet dies zwangsläufig, dass ihm die Begünstigungen für Betriebsv...