1. Begriff
Rz. 26
Eine besondere Art wiederkehrender Nutzungen oder Leistungen sind die auf die Lebenszeit einer Person beschränkten Renten und sonstigen Nutzungen und Leistungen. An sich handelt es sich bei diesen auf die Lebenszeit einer Person beschränkten Nutzungen und Leistungen um solche von unbestimmter Dauer; i.S. des Bewertungsrechts sind es jedoch Nutzungen oder Leistungen mit fest bestimmter Laufzeit. Dies ergibt sich daraus, dass nach § 14 Abs. 4 BewG die den Vervielfachern der Anlagen zu Absatz 1 zugrunde liegende Lebenserwartung nicht widerlegt werden kann.
Rz. 27
I.d.R. werden Renten und andere auf die Lebenszeit einer Person beschränkte Nutzungen oder Leistungen von der Lebenszeit des Berechtigten abhängen. In diesem Fall bestimmt sich der Wert des Rechts oder der Verpflichtung unter Anwendung des Vervielfachers, der dem Lebensalter und dem Geschlecht des Berechtigten entspricht. Ist jedoch das Recht oder die Verpflichtung auf die Lebenszeit des Verpflichteten beschränkt, so ist der den Verhältnissen des Verpflichteten entsprechende Vervielfältiger für die Ermittlung des Kapitalwerts maßgebend.
2. Bewertungsgrundsatz
Rz. 28
Nach § 14 Abs. 1 BewG wird der Wert von Renten und anderen auf die Lebenszeit einer Person beschränkten Nutzungen und Leistungen nach dem Lebensalter dieser Person bestimmt. Dies wird in der aktuellen Gesetzesfassung, im Gegensatz zur früheren Fassung, zwar nicht mehr ausdrücklich ausgesprochen, es ergibt sich aber aus dem Sachzusammenhang.
Rz. 29
Eine Bewertung nach § 14 Abs. 1 BewG kommt aber nur dann in Betracht, wenn das Recht oder die Verpflichtung in jedem Fall mit dem Tod der maßgebenden Person endet. Sie ist dagegen nicht oder allenfalls über § 13 Abs. 1 Satz 4 BewG anzuwenden, wenn neben der Lebensdauer einer Person eine bestimmte Mindest- oder Höchstlaufzeit besteht.
Rz. 30
Steht dagegen einer Witwe das Recht auf eine lebenslängliche Rente zu, die jedoch im Falle einer Wiederverheiratung enden soll, so erfolgt die Bewertung allein nach dem Lebensalter der Bezugsberechtigten gem. § 14 Abs. 1 BewG. Der so ermittelte Kapitalwert ist wegen des möglichen Wegfalls der Rente aufgrund der Wiederverheiratung weder zu kürzen noch ist deshalb der gemeine Wert der Rente nach § 14 Abs. 4 BewG geringer als der Kapitalwert. Der bedingte Wegfall der Rente im Fall der Wiederverheiratung wird von der Rspr. als unbeachtlich auflösende Bedingung betrachtet, unter der das Rentenrecht steht.
Rz. 31
Auch ein Recht auf wiederkehrende lebenslängliche Leistungen, das jedoch enden soll, wenn ein bestimmtes Erzeugnis, aus dessen Erträgnissen die Leistungen zu erbringen sind, nicht mehr hergestellt werden kann, ist ausschließlich nach dem Lebensalter des Berechtigten zu bewerten.
Rz. 32
Der Kapitalwert einer lebenslänglichen Rente, die durch eine Grundschuld gesichert ist, wird nicht durch die Ablösungssumme (vgl. § 1199 Abs. 2 BGB) bestimmt, sondern nach dem Lebensalter des Berechtigten ermittelt.
3. Vervielfacher
Rz. 33
Der Kapitalwert von Renten und anderen auf die Lebenszeit einer Person beschränkten Nutzungen und Leistungen wird mit einem Vielfachen des Werts der einjährigen Nutzung oder Leistung angesetzt (§ 14 Abs. 1 BewG). Die Vervielfacher – das BewG spricht von Vervielfältigern – sind (je nach dem Lebensalter und Geschlecht der maßgebenden Person) verschieden hoch. Ihre Höhe richtet sich nach der durchschnittlichen Lebenserwartung, d.h. nach der Zahl der Lebensjahre, die die maßgebende Person nach ihrem Lebensalter am Bewertungsstichtag aufgrund des Ergebnisses der Statistik noch zu erwarten hat. Entsprechend der zum Teil erheblich unterschiedlichen Lebenserwartungen von Frauen und Männern wurden nach Geschlechtern getrennte besondere Vervielfacherreihen berechnet.
Rz. 34
Die Vervielfacher der Anlagen zu § 14 Abs. 1 BewG sind jedoch nicht gleich der Zahl der Jahre der Lebenserwartung. Die Vervielfältiger berücksichtigen vielmehr die Zwischenzinsen und sind deshalb niedriger als die Zahl der Jahre der mittleren Lebenserwartung in der "Allgemeinen Sterbetafel".
Rz. 35
Die Vervielfacher werden einem bestimmten Lebensalter zugewiesen, das vollendet sein muss. Dadurch werden bei der Bewertung Auslegungsschwierigkeiten vermieden, die die bisherige Zuweisung der Vervielfacher a...