Rz. 1
Das BewG 1934 enthielt keine Begriffsbestimmung für unbebaute Grundstücke. § 53 BewG 1934 bestimmte lediglich, dass unbebaute Grundstücke mit dem gemeinen Wert zu bewerten sind. Welche Grundstücke als unbebaut anzusehen waren, ergab sich aus den Bestimmungen der §§ 33a und 45 BewDV a.F. über die Unterscheidung zwischen den bebauten und unbebauten Grundstücken. Hiernach waren als unbebaut solche Grundstücke zu behandeln, auf denen sich keine "bezugsfertigen" Gebäude oder nur solche Gebäude befanden, deren Zweckbestimmung gegenüber der Zweckbestimmung des Grund und Bodens von untergeordneter Bedeutung war.
Rz. 2
Die Vorschrift des § 72 BewG über den Begriff des "unbebauten Grundstücks" ist durch das Bewertungsänderungsgesetz 1965 neu geschaffen worden. Sie übernimmt jedoch die Grundgedanken der §§ 33a und 45 BewDV a.F., spricht aber im Absatz 1 im Gegensatz zu § 33a Abs. 2 BewDV a.F. nicht von bezugsfertigen, sondern von benutzbaren Gebäuden; das Wort bezugsfertig bezeichnet nur den Beginn der Benutzbarkeit (vgl. § 72 Abs. 1 Satz 2). Im Übrigen knüpft die Begriffsbestimmung des § 72 BewG 1965 an den Begriff des "Grundstücks" nach § 70 BewG an. Dort ist bestimmt, dass ein "Grundstück" jede wirtschaftliche Einheit des Grundvermögens i.S. des § 68 BewG ist. Durch die Bezeichnung "Grundstück" kommt somit bewertungsrechtlich bereits rein sprachlich zum Ausdruck, dass es sich bei den unbebauten Grundstücken um Grundbesitz handelt, der nicht zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen, sondern zum Grundvermögen gehört. Das gilt auch für die entsprechenden Betriebsgrundstücke, die (losgelöst von ihrer Zugehörigkeit zu einem gewerblichen Betrieb) zum Grundvermögen gehören würden (§ 99 BewG).
Rz. 3
Beim Grundvermögen unterscheidet man zwischen unbebauten Grundstücken (§§ 72 und 73 BewG) und den bebauten Grundstücken (§§ 74 ff. BewG). Deshalb ist jede wirtschaftliche Einheit des Grundvermögens entweder ein unbebautes oder ein bebautes Grundstück. Ob ein Grundstück als unbebaut oder als bebaut anzusehen ist, beurteilt sich nach den Verhältnissen im jeweiligen Feststellungszeitpunkt, also nicht nur im Hauptfeststellungszeitpunkt. Nach diesem Ergebnis richten sich die Bewertung und die steuerliche Auswirkung.
Rz. 4
§ 72 BewG gilt allein für die Einheitsbewertung des Grundbesitzes gem. §§ 19 ff. BewG. Für die Bedarfsbewertung im Rahmen der Erbschaft- und Schenkungsteuer findet die Vorschrift keine Anwendung. Denn § 138 Abs. 3 Satz 1 BewG ordnete in der bis zum 31.12.2008 geltenden Fassung ausdrücklich an, dass für die wirtschaftlichen Einheiten beim Grundvermögen und für Betriebsgrundstücke i.S. des § 99 Abs. 1 Nr. 1 BewG "die Grundbesitzwerte unter Anwendung der §§ 68, 69 und 99 Abs. 2 und der §§ 139 und 145 bis 150 zu ermitteln" sind. Ein Verweis auf § 72 BewG erfolgt nicht. Im Rahmen der Reform des Erbschaftsteuer- und Bewertungsrechts wurde im 6. Abschnitt des 2. Teils des BewG die Bewertung des Grundvermögens und die Abgrenzung des Grundvermögens originär geregelt (vgl. §§ 157 ff. BewG). Auch hier ist ein Verweis auf § 72 BewG nicht enthalten.
Rz. 5– 8
Einstweilen frei.