Dipl.-Finw. (FH) Gerhard Bruschke
Rz. 1
Mit dem Jahressteuergesetzes 1997 hat der Gesetzgeber die Konsequenzen aus den Entscheidungen des BVerfG v. 22.6.1995 zur Vermögensteuer und zur Erbschaft- und Schenkungsteuer gezogen. Danach konnte die Vermögensteuer ab dem 1.1.1997 nicht mehr erhoben werden, während die Erbschaftsteuer und die dazugehörende Bewertung des Grundbesitzes ab dem 1.1.1996 in wesentlichen Punkten geändert wurden.
Rz. 2
Zur Erbschaftsteuer hatte das BVerfG entschieden, dass § 12 Abs. 1 und 2 ErbStG insofern mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar sei, als er bei gleichem Steuertarif als Bemessungsgrundlage der Erbschaftsteuer für Grundbesitz (vgl. § 19 BewG) auf den Einheitswerten zum 1.1.1964 basiere, während für Kapitalvermögen Gegenwartswerte angesetzt würden. Dem Gesetzgeber wurde gleichzeitig aufgegeben, diese Ungleichbehandlung spätestens bis zum 31.12.1996 zu beseitigen.
Rz. 3
Mit der Neuregelung der Erbschaft- und Schenkungsteuer sowie der dazugehörigen Bewertung des Grundbesitzes durch das JStG 1997 sollte die ungleichmäßige Erbschaftsbesteuerung mit Wirkung zum 1.1.1996 beseitigt werden und gleichzeitig auch zu einer Vereinfachung des Steuerrechts und einer Verbesserung der Steuerstruktur führen. Danach sollte Grundbesitz entsprechend der Forderung des BVerfG mit gegenwartsnahen Werten bewertet und dadurch in vergleichbarem Umfang wie anderes Vermögen belastet werden.
Rz. 4
Der Gesetzgeber hatte erkannt, dass die Beschlüsse des BVerfG v. 22.6.1995 auch die Bewertung des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens betreffen, da es nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 BewG ebenfalls zum Grundbesitz gehört. Zwar hat das BVerfG in der Begründung zu seinen Beschlüssen darauf hingewiesen, dass die Bewertung von Grundbesitz im Ertragswertverfahren – wie in der Land- und Forstwirtschaft – eine Möglichkeit sei, den Sollertrag von Grundbesitz richtig zu erfassen.
Rz. 5
Dies bedeutet jedoch nicht, dass damit gleichzeitig sichergestellt ist, dass die Einheitsbewertung des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens den Anforderungen des BVerfG im Übrigen entspricht. Insbesondere hat die unterschiedliche Entwicklung der Ertragsfähigkeit im Verhältnis zu anderen Vermögensarten und vor allem innerhalb der Land- und Forstwirtschaft seit dem Hauptfeststellungszeitpunkt dazu beigetragen, dass die Einheitswerte zum 1.1.1964 der verfassungsrechtlich gebotenen Forderung nach gegenwartsnahen Werten und nach Gleichbehandlung bei der Besteuerung nicht mehr genügen.
Rz. 6
Deshalb sah sich der Gesetzgeber veranlasst, den Kernbereich der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe im Rahmen der Bedarfsbewertung zum Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer sowie der Grunderwerbsteuer mit aktuellen Ertragswerten im vierten Abschnitt des zweiten Teils des BewG, und zwar in den §§ 140 bis 144 BewG, neu zu regeln. Das Verfahren ist gekennzeichnet durch die Anwendung weniger, vorsichtig bemessener, pauschalierter Ertragswerte, die nach den hauptsächlichen ertragsbildenden Kriterien untergliedert sind. Als Alternative ist auf Antrag die Bewertung für den Betriebsteil der Land- und Forstwirtschaft nach dem Einzelertragswert zugelassen (§§ 142 Abs. 3 BewG).
Rz. 7
Für die bewertungsrechtliche Behandlung der land- und forstwirtschaftlichen Wohnungen wurde die von der Einheitsbewertung her vorgegebene grundsätzliche Anknüpfung an die Bewertung des Grundvermögens beibehalten. Es wurden nur die ggf. vorhandenen spezifischen Besonderheiten der Land- und Forstwirtschaft berücksichtigt. Allerdings ist man bei den sog. Landarbeiterwohnungen wegen des Strukturwandels in der Land- und Forstwirtschaft und aus verfassungsrechtlichen Gründen von einer Abgeltung innerhalb der Bewertung des Betriebsteils abgegangen und hat hierfür einen zusätzlichen Wert für erforderlich gehalten (vgl. dazu die Kommentierung zu § 141 BewG).
Rz. 8
Das neue Bewertungsverfahren für das land- und forstwirtschaftliche Vermögen war nur als Übergangslösung bis zu einer allgemeinen Neubewertung des land- und forstwirtschaftlichen Grundbesitzes konzipiert. Diese ist bisher ausgeblieben. Allerdings hat das BVerfG in seinem Beschluss v. 7.11.2006 auch diese Art der Bewertung zumindest für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer für verfassungswidrig erklärt. Der Grund dafür war in der Tatsache zu sehen, dass hinsichtlich der verschiedenen Vermögensarten unterschiedliche Bewertungsgrundsätze zur Anwendung kamen, und die Differenzierung zwischen Betriebsvermögen, Grundvermögen, Anteilen an Kapitalgesellschaften und land- und forstwirtschaftlichem Vermögen nicht mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar war.
Rz. 9
Der Gesetzgeber hat hierauf mit dem Erbschaftsteuerreformgesetz reagiert und für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer ein eigenständiges Bewertungsrecht geschaffen. § 140 BewG hat seit dem 1.1.2009 nur noch Bedeutung für die Grunderwerbsteuer. Al...