I. Vermögensübergang aufgrund eines lebzeitigen Stiftungsgeschäfts (Satz 1)
1. Zivilrechtliche Hinweise
Rz. 281
Zur Entstehung einer rechtsfähigen Stiftung bedarf es eines Stiftungsgeschäfts und der staatlichen Anerkennung durch die zuständige Landesbehörde (§ 80 Abs. 1 BGB). Mit dem Stiftungsgeschäft legt der Stifter insb. den Zweck der Stiftung fest und bestimmt das diesem Zweck zu widmende Stiftungsvermögen (§ 81 Abs. 1 BGB). Mit ihrer Anerkennung wird die nunmehr rechtsfähige Stiftung zu einer unabhängigen juristischen Person des Privatrechts. Zugleich erwirbt sie kraft Gesetzes das ihr zugesicherte Vermögen:
- mittelbar – nach § 82 Satz 1 BGB – in Gestalt entsprechender Erfüllungsansprüche gegen den Stifter, soweit es sich um Vermögensgegenstände handelt, die gesondert zu übertragen sind (z.B. Immobilien, bewegliche Sachen, §§ 925; 929, 930 BGB);
- unmittelbar – nach § 82 Satz 2 BGB – soweit durch Abtretung übertragbare Rechte betroffen sind (z.B. Forderungen und andere übertragbare Rechte; §§ 398, 413 BGB).
Sie bildet dadurch eine selbstständige Vermögensmasse mit eigener Vermögenszuständigkeit. An den Willen des Stifters ist sie nur insoweit gebunden, als er sich in der Stiftungssatzung manifestiert (§ 85 BGB).
Rz. 282
Einstweilen frei.
2. Schenkungsteuerliche Rechtslage bei rechtsfähigen Stiftungen
Rz. 283
Diese Erstausstattung (Dotation) einer rechtsfähigen Stiftung unterliegt der Erbschaft-/Schenkungsteuer. Erfasst wird der Vermögensübergang als Erwerb vom Erblasser bei letztwillig angeordneter Stiftung (§ 3 Abs. 2 Nr. 1 ErbStG – s. § 3 ErbStG Rz. 240 ff.) und als fiktive Schenkung des Stifters bei lebzeitigem Stiftungsgeschäft nach § 7 Abs. 1 Nr. 8 Satz 1 ErbStG. Weitere, spätere, zusätzliche Zuwendungen des Stifters, deren Rechtsgrund nicht mehr das Stiftungsgeschäft ist, sowie Zuwendungen anderer Personen fallen als sog. Zustiftungen hingegen unter § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG; eine Abgrenzung wird jedoch für entbehrlich gehalten, da die Voraussetzungen der Schenkungsteuerbarkeit nach beiden Vorschriften identisch sein sollen (s. aber Rz. 287, 293). Hinzu kommen fiktive Schenkungen i.S.d. § 7 Abs. 8 ErbStG (s. Rz. 601 ff.).
Rz. 284
Dient die – inländische oder ausländische – Stiftung steuerbegünstigten Zwecken i.S.d. § 51 Abs. 1 Satz 1 AO, ist ihr Erwerb grundsätzlich schenkungsteuerfrei nach § 13 Abs. 1 Nr. 16 Buchst. b oder c ErbStG (s. § 13 ErbStG Rz. 146 ff.), so dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Nr. 1 od. Nr. 8 sowie Abs. 8 ErbStG nur bei einer eventuellen Nachversteuerung (s. § 13 ErbStG Rz. 154 ff., 165 sowie Rz. 159 [hins. § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG]) oder im Hinblick auf eine mögliche Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 2 GrEStG relevant werden (s. Rz. 293). Durch rechtzeitige Weitergabe des erworbenen Vermögens an gemeinnützige Stiftungen kann ein Erwerber seine eigene Steuerschuld reduzieren (§ 29 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG). Nur für die Erstausstattung im Inland errichteter Familienstiftungen ist eine besondere Berechnung der Erbschaft- oder Schenkungsteuer vorgesehen (§ 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG); solche Stiftungen unterliegen im Übrigen alle 30 Jahre der sog. Ersatzerbschaftsteuer (§§ 1 Abs. 1 Nr. 4, 15 Abs. 2 Satz 3 ErbStG). Dass nach Auffassung der Finanzverwaltung jede "Änderung des Stiftungscharakters" durch Satzungsänderung, z.B. durch Benennung neuer Destinatäre, zu einer erneuten Anwendung des § 7 Abs. 1 Nr. 8 Satz 1 ErbStG führen soll, kann misslich sein; vorteilhaft aber auch, weil die 30-Jahre-Frist der Ersatzerbschaftsteuer der bisherigen Familienstiftung endet und im Falle einer neuen Familienstiftung neu beginnt.
Rz. 285
Einstweilen frei.
a) Bereicherung der Stiftung
Rz. 286
Die Stiftung ist nur und erst dann tatbestandlich bereichert, wenn sie über das erworbene Vermögen im Verhältnis zum Stifter zivilrechtlich frei und endgültig verfügen kann (s.o. Rz. 10). Bei inländischen Stiftungen dürfte dies regelmäßig unproblematisch sein. Sie verfügen mit ihrer Anerkennung bereits über das versprochene Stiftungskapital (§ 82 BGB), das sie, als juristische Person lebendig geworden, zur Verwirklichung der Stiftungszwecke verwenden können (s. auch Rz. 281); das unwiderruflich gewordene Stiftungsgeschäft (§ 81 Abs. 2 Satz 1 BGB) ist damit erledigt.
Rz. 287
Daher entsteht der Schenkungsteueranspruch aus § 7 Abs. 1 Nr. 8 Satz 1 ErbStG auch mit der behördlichen Anerkennung der Stiftung, die durch Bekanntgabe gegenüber dem Stifter wirksam wird (s. z.B. § 6 Abs. 2 StiftG Rh.-Pf.; § 41 VwVfG), grundsätzlich unabhängig davon, ob die Erstausstattung der Stiftung aus abtretbaren Rechten (§ 82 Satz 2 BGB) oder anderem Vermögen (§ 82 Satz 1 BGB) bestehen soll. Für dieselbe Problemlage bei von Todes wegen errichteten Stiftun...