Dipl.-Finw. (FH) Wilfried Mannek
Rz. 196
Der Wert des Grund und Bodens errechnet sich regelmäßig aus der Grundstücksfläche und dem Bodenrichtwert, vermindert um einen Abschlag von 30 % (§ 147 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 145 Abs. 3 Satz 1 BewG). Der gegenüber der Bewertung unbebauter Grundstücke um 10 % höhere Abschlag wird vom Gesetzgeber mit den möglichen Beseitigungskosten der auf dem Grundstück befindlichen Gebäude begründet. Die Beseitigungskosten für solche Gebäude fallen deshalb an, weil die Gewerbebauten in aller Regel individuell gestaltet sind, so dass sich durch die eingeschränkte Nutzung des Gebäudes auch der Wert des Grund und Bodens mindert.
1. Maßgeblichkeit der Bodenrichtwerte des Gutachterausschusses
Rz. 197
Mit dem Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz ist § 145 Abs. 3 BewG hinsichtlich der Maßgeblichkeit der Bodenrichtwerte geändert worden. Dies hat wegen der Verweisung des § 147 Abs. 2 Satz 1 BewG auf § 145 Abs. 3 BewG auch Bedeutung für das Bilanzwertverfahren.
Rz. 198
§ 145 Abs. 3 Satz 4 BewG ist wie folgt gefasst worden:
"Wird von den Gutachterausschüssen kein Bodenrichtwert ermittelt, ist der Bodenwert aus den Werten vergleichbarer Flächen abzuleiten und um 20 Prozent zu ermäßigen."
Rz. 199
Zunächst erscheint die Änderung nicht besonders gravierend. Dennoch soll die neue Formulierung sicherstellen, dass bisher bestehende Besteuerungslücken geschlossen werden. Derartige Besteuerungslücken bestanden nach der bisher geltenden Regelung, sofern der Gutachterausschuss keinen Bodenrichtwert ermittelt hat. Die Gründe hierfür sind in der Praxis vielfältig. Beispielsweise kann die Ermittlung eines Bodenrichtwerts daran scheitern, dass hinreichend aussagekräftige Kaufpreise fehlen, die für die Wertbestimmung erforderlich sind. Aus der bisherigen Formulierung des § 145 Abs. 3 Satz 3 BewG, nach der "stets der Bodenrichtwert anzusetzen ist, der vom Gutachterausschuss zuletzt zu ermitteln war", wurde zum Teil so verstanden, dass dieser Bodenrichtwert selbst dann für die Bedarfsbewertung maßgebend sein muss, wenn der Gutachterausschuss aus tatsächlichen Gründen nicht in der Lage ist, einen Bodenrichtwert zu ermitteln. Dies hatte zwangsläufig zu Besteuerungslücken geführt. Nur in den Fällen, in denen für den Gutachterausschuss nach § 196 BauGB keine Verpflichtung bestand, einen Bodenrichtwert zu ermitteln, war es nach § 145 Abs. 3 Satz 4 BewG zulässig, den Bodenwert aus den Werten vergleichbarer Flächen abzuleiten. Allerdings traten in der Praxis auch Fälle auf, in denen der örtliche Gutachterausschuss trotz – theoretisch bestehender – Verpflichtung in tatsächlicher Hinsicht keinen Bodenrichtwert ermittelt haben. In diesen Fällen hatte die Finanzverwaltung nach dem bisherigen Wortlaut des Bewertungsgesetzes keine Berechtigung, den Bodenwert aus vergleichbaren Flächen abzuleiten.
Rz. 200
Die Berechtigung der Finanzverwaltung einen Bodenwert aus den Werten vergleichbarer Flächen abzuleiten, muss unabhängig von den Gründen bestehen, aus denen Gutachterausschüsse im Einzelfall keinen Bodenrichtwert liefern. Mit der neuen Fassung der Vorschrift soll somit eine Besteuerungslücke geschlossen werden.
Rz. 201
§ 145 Abs. 3 Satz 1 und 4 BewG in der Fassung des ErbStRG ist auf Bewertungsstichtage nach dem 13.12.2011 anzuwenden (§ 205 Abs. 3 BewG). Dies gilt im Übrigen auch für die entsprechende Regelung in § 179 Satz 4 BewG für die Grundbesitzbewertung, die für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer maßgebend ist.
Rz. 202– 203
Einstweilen frei.
2. Korrekturen des Bodenrichtwerte
Rz. 204
Weicht das zu bewertende Grundstück in seinen Merkmalen von den Vorgaben für das Bodenrichtwertgrundstück ab, ist diesem Umstand durch Wertkorrekturen Rechnung zu tragen. Wegen der möglichen Wertkorrekturen wird auf die Erläuterungen zu § 145 BewG verwiesen. Von den bestehenden Möglichkeiten einer Korrektur – dazu gehören beispielsweise Verhältnisrechnung der Geschossflächenzahlen mit Hilfe von Umrechnungskoeffizienten, größenabhängige Umrechnungsfaktoren und Aufteilung in Vorder- und Hinterland – könnte bei Industriegrundstücken ein von der Grundstücksgröße abhängiger, degressiv verlaufender Korrekturfaktor in Betracht kommen. Allerdings sind nach der Formulierung der ErbStR 2003 Korrekturen nur möglich, wenn der Gutachterausschuss entsprechende Vorgaben macht. Ansonsten ist die vorrangige Maßgeblichkeit des Bodenrichtwerts zu beachten, die individuell ermittelte Zu- oder Abschläge grundsätzlich ausschließt. Davon geht auch Rz. 40 der gleich lautenden Erlass. v. 2.4.2007 aus.