Dipl.-Finw. (FH) Gerhard Bruschke
Rz. 30
Die Änderungen müssen sich bis zum maßgebenden Feststellungszeitpunkt ergeben. Sie müssen folglich zu Beginn des maßgebenden Kalenderjahres vorliegen. Das setzt voraus, dass die entsprechende Änderung spätestens bis zum 31.12. um 24.00 Uhr des vor dem Feststellungszeitpunkt liegenden Jahres eingetreten ist. Änderungen, die sich im Laufe des ersten Tages eines Kalenderjahres, das dem Feststellungszeitpunkt nachfolgt, ergeben, können eine Änderung gemäß § 225 Satz 2 BewG nicht begründen, da in diesem Fall die Änderungen eben nicht zu Beginn des maßgebenden Kalenderjahres vorgelegen haben, sondern erst im Laufe des Jahres eingetreten sind.
Beispiel:
A erwirbt am 20.6.2026 ein unbebautes Grundstück. Das Finanzamt führt entsprechend eine Zurechnungsfortschreibung auf den 1.1.2027 durch. Der entsprechende Eingabewertbogen wird am 15.8.2026 gezeichnet und dem Steuerpflichtigen am 15.10.2026 bekannt gegeben. Mit Vertrag vom 15.12.2026 veräußert A das Grundstück an B. Der Übergang von Nutzen und Lasten wird a) für den 31.12.2026 und b) für den 1.1.2027 vereinbart. Folge: Im Fall der Alternative a) ergibt sich eine Änderung (Aufhebung) der Zurechnung nach § 225 Satz 2 BewG, da die Änderung der Eigentumsverhältnisse vor dem maßgebenden Feststellungszeitpunkt erfolgt ist. Im Fall der Alternative b) ergibt sich kein Änderungsbedarf, da sich die Eigentumsverhältnisse erst nach dem maßgebenden Feststellungszeitpunkt geändert haben und daher eine erneute Zurechnungsfortschreibung auf den 1.1.2028 zu erfolgen hat.
Rz. 31
Dem Wortlaut der Vorschrift ist nicht zu entnehmen, von welchem Zeitpunkt an Änderungen zu berücksichtigen sind. Der an sich systemwidrigen Befugnis des Finanzamtes, bereits vor dem maßgebenden Feststellungszeitpunkt Bescheide über Fortschreibungen oder Nachfeststellungen zu erteilen, muss im Interesse einer zutreffenden Besteuerung die weitreichende Pflicht des Finanzamtes entsprechen, zwischenzeitlich sich ergebende Änderungen zu berücksichtigen. Aus diesem Grund führen alle Änderungen an der wirtschaftlichen Einheit, die sich zwischen der abschließenden Zeichnung durch den zuständigen Beamten über den Fortschreibungs- oder Nachfeststellungsfall und dem maßgebenden Feststellungszeitpunkt ergeben, zu einer Änderung oder Aufhebung des vorzeitig erteilten Bescheides.
Rz. 32
Dies muss auch dann gelten, wenn zwischen der Entscheidung über den Feststellungsfall und dem Zugang des Bescheides beim Steuerpflichtigen ein längerer Zeitraum liegt. In diesen Fällen erscheint es sachgerecht, auf die gefestigte Rechtsprechung zur neuen Tatsache (§ 173 AO) zurückzugreifen. Danach gilt im mechanisierten Veranlagungsverfahren eine Tatsache als "neu" i.S. von § 173 Abs. 1 AO, wenn sie dem Finanzamt nach abschließender Zeichnung des Eingabewertbogens durch den zuständigen Beamten bekannt wird.
Rz. 33
Die verschiedentlich vertretene Auffassung, unter § 225 Satz 2 BewG fielen nur Änderungen, die sich an der wirtschaftlichen Einheit in der Zeit zwischen der Erteilung (= Bekanntgabe) des Bescheides und dem maßgebenden Feststellungszeitpunkt ergeben, erscheint zu eng. Sie deckt sich auch nicht mit der Auffassung des BFH, der bei einer derartigen restriktiven Auslegung steuerlicher Regelungen die Funktionsfähigkeit der Steuerverwaltung beeinträchtigt sieht.
Rz. 34
Einstweilen frei.