Dipl.-Finw. (FH) Wilfried Mannek
Rz. 5
Aus Vereinfachungsgründen werden die anzusetzenden Bewirtschaftungskosten nach Erfahrungssätzen bestimmt. Erfahrungssätze werden zum Teil von den Gutachterausschüssen zur Verfügung gestellt. Soweit örtliche Erfahrungssätze nicht zur Verfügung stehen, sind die pauschalierten Bewirtschaftungskosten nach Anlage 23 zu übernehmen.
1. Bewirtschaftungskosten iS des Bewertungsgesetzes
Rz. 6
Zu den Bewirtschaftungskosten, die zur Ermittlung des Reinertrags vom Rohertrag abzuziehen sind, gehören folgende Kosten:
- Verwaltungskosten
- Betriebskosten
- Instandhaltungskosten
- Mietausfallwagnis
Rz. 7
Nicht berücksichtigt werden Betriebskosten, die durch Umlagen gedeckt sind, weil diese Kosten bereits bei der Ermittlung des Rohertrags nicht erfasst worden sind (§ 186 Abs. 1 Satz 2 BewG). Ebenfalls außer Ansatz bleiben Zinsen für Hypothekendarlehen und Grundschulden oder sonstige Zahlungen für auf dem Grundstück lastende privatrechtliche Verpflichtungen.
2. Erfahrungssätze (Abs. 2)
Rz. 8
§ 187 Abs. 2 BewG geht davon aus, dass Bewirtschaftungskosten grundsätzlich nach Erfahrungssätzen angesetzt werden können. Der Ansatz von tatsächlichen Bewirtschaftungskosten ist somit nicht vorgesehen. Ferner unterstellt § 187 Abs. 2 Satz 2 BewG, dass Erfahrungssätze von den Gutachterausschüssen iS des § 192 ff. BauGB ermittelt und den Finanzämtern zur Verfügung gestellt werden. Soweit derartige Erfahrungssätze der Gutachterausschüsse vorliegen, erfolgt die Berücksichtigung der Bewirtschaftungskosten in dieser Höhe.
3. Bewirtschaftungskosten der Anlage 23 BewG
Rz. 9
Liegen derartige Erfahrungssätze des Gutachterausschusses nicht vor, hat das Finanzamt die Bewirtschaftungskosten pauschaliert nach Anlage 23 BewG zu bestimmen. In diesen Fällen richten sich die Bewirtschaftungskosten nach folgenden Sätzen der Anlage 23 BewG:
Restnutzungsdauer |
Grundstücksart |
1 |
2 |
3 |
4 |
Mietwohngrundstück |
gemischt genutztes Grundstück mit einem gewerblichen Anteil von bis zu 50 % (berechnet nach der Wohn- bzw. Nutzfläche) |
gemischt genutztes Grundstück mit einem gewerblichen Anteil von mehr als 50 % (berechnet nach der Wohn- bzw. Nutzfläche) |
Geschäftsgrundstück |
≥ 60 Jahre |
21 |
21 |
18 |
40 bis 59 Jahre |
23 |
22 |
20 |
20 bis 39 Jahre |
27 |
24 |
22 |
< 20 Jahre |
29 |
26 |
23 |
a) Besonderheiten der Anlage 23
Rz. 10
Anlage 23 BewG differenziert die Höhe der Bewirtschaftungskosten nach der Restnutzungsdauer und der Grundstücksart.
b) Differenzierung nach der Grundstücksart
Rz. 11
Die Bewirtschaftungskosten werden für Mietwohngrundstücke, gemischt genutzte Grundstücke und Geschäftsgrundstücke in unterschiedlicher Höhe ausgewiesen. Maßgebend ist stets die Grundstücksart, die nach § 181 BewG zu ermitteln ist.
Rz. 12
Gehaltlos ist Anlage 23 bei der Grundstücksart "gemischt genutztes Grundstück" soweit dort zwischen Grundstücken mit einem gewerblichen Anteil von bis zu 50 % und Grundstücken mit einem gewerblichen Anteil von mehr als 50 % differenziert wird, weil für beide Grundstücksgruppen dieselben Prozentsätze gelten. Die weitere Erläuterung der Anlage 23 BewG, dass die Differenzierung nach der Wohn- beziehungsweise Nutzfläche zu berechnen ist, ist erst recht bedeutungslos.
Rz. 13
Ursächlich für diese Merkwürdigkeit war letztlich der Gang des Gesetzgebungsverfahrens, bei dem der Inhalt der geltenden Anlage 23 BewG verändert wurde und die Differenzierung nunmehr ins Leere laufen lässt.
c) Differenzierung nach der Restnutzungsdauer
Rz. 14
Die weitere Differenzierung der Bewirtschaftungskosten richtet sich nach der Restnutzungsdauer des Gebäudes. Dabei ist nach der Auffassung der Finanzverwaltung auch die Mindest-Restnutzungsdauer nach § 185 Abs. 3 Satz 5 BewG zu berücksichtigen. Diese Regelung kann in der Praxis zu überraschenden Ergebnissen führen.
Rz. 15
Beispiel
Ein Mietwohngrundstück, Baujahr 1900, ist zu bewerten. Da die wirtschaftliche Gesamtlebensdauer von 80 Jahren zum Bewertungsstichtag bereits abgelaufen ist, ist bei der Bewertung von der Mindest-Restnutzungsdauer von 24 Jahren (30 % × 80 Jahre) auszugehen. Demzufolge sind die Bewirtschaftungskosten der Anlage 23 BewG mit 27 % anzusetzen.
Rz. 16
Insoweit stellt sich angesichts der in Anlage 23 ausgewiesenen Zeile für Mietwohngrundstücke mit einer Restnutzungsdauer von unter 20 Jahren die Frage, in welchen Fällen die Restnutzungsdauer kürzer als 20 Jahren sein kann. Nur in diesem Fall ergäbe sich eine Berücksichtigung der Bewirtschaftungskosten mit 29 %.
Rz. 17
Nach Auffassung der Finanzverwaltung kann es bei einem Mietwohngrundstück beispielsweise dann zu einer kürzeren Restnutzungsdauer als 20 Jahren kommen, wenn eine Abbruchverpflichtung ...