Rz. 36
Die Einbeziehung auch der früheren Erwerbe, die innerhalb von zehn Jahren von derselben Person angefallen, soll verhindern, dass durch Aufspaltung in zeitlich gestaffelte Zuwendungen die Besteuerung umgangen werden kann. Die früheren Erwerbe sind nach § 16 Abs. 2 Satz 3 ErbStG mit ihrem früheren Wert anzusetzen. Deren Wert im nachhinein festzustellen, dürfte wohl sehr aufwendig sein, und bei Auslandsvermögen zu Bewertungsdivergenzen führen bei Feststellung des gemeinen Werts (§§ 31, 9 BewG)., zumal mangels beschränkt steuerpflichtiger Erwerbe bis dahin keine Wertermittlung der ausländischen Vermögenswerte erforderlich war.
Außerdem erscheint die Auffassung der Finanzverwaltung in H E 16 ErbStH 2019 europarechtlich (Kapitalverkehrsfreiheit!) bedenklich, wonach die nicht im Inland steuerbaren Erwerbe wie z.B. die Schenkung eines ausländischen Familienheims voll anzurechnen ist, obwohl diese Zuwendung im Inland nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG steuerfrei wäre oder sogar bei einem vorher geerbten inländischen Grundstück, das zu Wohnzwecken vermietet war, der beim Erwerb (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG i.V.m. § 121 BewG) gewährte Steuerbefreiungsabschlag von 10 % des Grundstückswerts nach § 13d ErbStG bei der Kürzung des Freibetrags unberücksichtigt bleibt, d.h. voll in die Teilbetragsrechnung eingeht.
Der Wortlaut des letzten Absatzes von H E 16 ErbStH 2019 ist folgender:
"Bei der Kürzung des Freibetrags nach § 16 Absatz 2 ErbStG bleibt unberücksichtigt, dass das im Jahr 2017 (Jahr zuvor – Anm. des Verf.) geschenkte Familienheim in Spanien nach § 13 Absatz 1 Nummer 4a ErbStG steuerfrei wäre, wenn es sich um einen Fall der unbeschränkten Steuerpflicht handeln würde. Auch die für das zu Wohnzwecken vermietete Grundstück vom Erwerb 2018 gewährte Steuerbefreiung nach § 13 d ErbStG bleibt bei Kürzung des Freibetrags unberücksichtigt."
Rz. 37
Nacherwerbe sind nicht einzubeziehen. Dies ergibt sich aus den Worten in § 16 Abs. 2 ErbStG "angefallen sind" im logischen Zusammenhang mit der Formulierung "in demselben Zeitpunkt", dass es nur um solche Erwerbe geht, die im Zuwendungszeitpunkt bereits erfolgt sind. Es fehlen sowohl die Angabe der danach geltenden Änderungsvorschriften und der Wertansätze für die Nacherwerbe. Außerdem dürfte der Gesetzgeber nach dem Debakel mit der Zusammenfassung von Erwerben zehn Jahre zuvor und zehn Jahre danach bei der Schaffung des § 2 Abs. 3 ErbStG a.F. (s. § 14 ErbStG Rz. 115 ff.) diese Absicht nicht mehr gehabt haben. Dafür spricht auch das Fehlen jeglicher Mitteilungspflichten des Erwerbers für die Zeit danach. In Betracht käme eigentlich nur § 153 Abs. 2 AO, worauf der BFH in seinem Urteil vom 10.5.2017 den Gesetzgeber ausdrücklich hingewiesen hatte.
Rz. 38
Nach h.M. ist die fiktive Zugewinnausgleichsforderung nach § 5 Abs. 1 ErbstG in vollem Umfang mit zu berücksichtigen, weil sie kein Erwerb i.S.d. ErbStG ist, muss dies auch bei der beschränkten Steuerpflicht gelten. Nach Weinmann soll nur der Teilbetrag der fiktiven Ausgleichsforderung abzugsfähig sein, der dem Anteil des Inlandsvermögens am gesamten Endvermögen es verstorbenen Ehegartten entspricht. Er bezieht sich dabei auf den Rechtsgedanken des § 10 Abs. 6 ErbStG, der hier jedoch nicht eingreift, weil dies keine Last ist (s.a. § 10 ErbStG Rz. 177) und der wirtschaftliche Zusammenhang fehlt (s. § 10 Abs. 6 ErbStG Rz. 177 und R E 10.10 Abs. 3 ErbStR 2019.
Rz. 39
Die Minderung des Freibetrags um einen Teilbetrag nach § 16 Abs. 2 Satz 1 ErbStG erfolgt auch in Fällen der erweitert beschränkten Steuerpflicht nach § 3 AStG (s. § 2 ErbStG Rz. 117 ff.).