1. Allgemeines
Rz. 17
Nach dem Wortlaut des § 20 Abs. 1 Satz 1 ErbStG sind Erwerber und Schenker gleichrangig Gesamtschuldner der Schenkungsteuer, denn Steuerschuldner ist "auch" der Schenker (§ 20 Abs. 1 Satz 1 ErbStG, § 44 Abs. 1 Satz 1 AO). Das Schenkungsteuerfinanzamt könnte daher durchaus beide gleichzeitig und – ohne Rücksicht auf ihr Innenverhältnis – sogar durch zusammengefassten Steuerbescheid in Anspruch nehmen (§ 155 Abs. 3 Sätze 1, 3 AO). Doch allein der Steuerzugriff auf den Erwerber wird durch den die Besteuerung nach dem ErbStG tragenden Belastungsgrund der Steigerung wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit legitimiert. Die Inanspruchnahme des Schenkers ist mit Art. 3 Abs. 1 GG nur vereinbar, wenn er wie ein Haftungsschuldner die Schenkungsteuer anstelle des Erwerbers grundsätzlich nachrangig schuldet. Dem entspricht die übliche Praxis. Sie behandelt den Schenker regelmäßig nur als potenziellen Steuerschuldner und macht die Schenkungsteuer als Bereicherungssteuer primär gegenüber dem Erwerber geltend; das insoweit zitierte BFH-Urteil stützte sich allerdings auf die inzwischen nicht mehr geltende Norm des § 16 Abs. 1 ErbStDV, wonach der Schenker lediglich bei entsprechendem Antrag oder Übernahme der Schenkungsteuer belangt werden sollte. Fehlt ein solcher Antrag, genügt ein formloses Übernahmeversprechen gegenüber dem Erwerber nicht.
2. Inanspruchnahme der Gesamtschuldner
Rz. 18
Nimmt das Finanzamt den Schenker anstelle des Erwerbers außerhalb dieser noch heute akzeptierten Varianten in Anspruch, muss es sein Auswahlermessen (§ 5 AO) anhand hinreichender Sachgründe nachvollziehbar begründen. Dies dürfte nicht allzu schwer sein, wenn der Erwerber – z.B. bei nicht steuerbefreiten Sanierungszuwendungen (s. hierzu § 13 ErbStG Rz. 30–36) – zahlungsunfähig oder verstorben ist, sich im Ausland befindet oder seinerseits die Steuerbarkeit der Zuwendung vehement bestreitet. Das Gleiche gilt, wenn der Schenker weiß, dass der Erwerber die anfallende Steuer selbst nicht tragen kann oder beide kollusiv zum Zwecke der Steuerumgehung zusammengewirkt haben. Umgekehrt kann die Inanspruchnahme des Erwerbers rechtswidrig sein, wenn der Schenker die Schenkungsteuer ausdrücklich übernommen hat und Ermessenserwägungen des Finanzamts fehlen oder nicht nachvollziehbar sind.
Rz. 19
Die Durchführung einer Nachversteuerung beim Schenker mag man kritisch sehen, wenn er die zur Auslösung der Nachversteuerung führenden Umstände nicht beeinflussen kann (z.B. in den Fällen des 13 Abs. 1 Nr. 2/3 Satz 2, Nr. 13 Satz 3, Nr. 16 Buchst. b Satz 2 u. Buchst. c Satz 5, Nr. 18 Satz 2 ErbStG). In einem, allerdings insolvenzbedingten, Fall des § 13a Abs. 5 ErbStG wurde sie rechtskräftig. Bei Verstößen gegen die Behaltens- oder Lohnsummenregelungen will die Finanzverwaltung den Schenker aber nur dann in Anspruch nehmen, wenn er die Schenkungsteuer nach § 10 Abs. 2 ErbStG "auch für diesen Fall selbst übernommen" hat. Mit Blick auf fiktive Schenkungen (z.B. § 7 Abs. 7 ErbStG) plädiert Geck dafür, die Haftung des Schenkers nach § 20 Abs. 1 Satz 1 ErbStG auf die Fälle des § 7 Abs. 1 ErbStG zu beschränken.
Rz. 20
Die Entscheidungen gegenüber den Gesamtschuldnern müssen nicht einheitlich ergehen. Das Finanzamt darf die Schenkungsteuer grundsätzlich gegenüber jedem Gesamtschuldner ganz oder teilweise geltend machen (§ 44 Abs. 1 Satz 2 AO, § 421 Satz 1 BGB) und sie selbst dann noch nachfordern, wenn sie zuvor gegen den anderen Beteiligten in zu geringer Höhe bestandskräftig festgesetzt wurde. Dies gilt auch nach Inanspruchnahme des Erwerbers in Kenntnis einer Übernahmeerklärung des Schenkers, da das Schenkungsteuerfinanzamt damit klar zu erkennen gegeben hat, dass es der versprochenen Freistellung des Erwerbers nicht zustimmt (§ 415 Abs. 1, 2 Satz 1 BGB).
Rz. 21
Zwischenzeitliche Zahlungen eines Gesamtschuldners sind allerdings zwingend zu berücksichtigen, da sie den Steueranspruch gegen Erwerber und Schenker erlöschen lassen (§§ 44 Abs. 2 Satz 1, 47 AO). Die Rückzahlung der Schenkungsteuer beseitigt diese Wirkung jedoch nicht. Selbst wenn die Steuererstattung kollusiv erschlichen wurde und die erneut gegenüber dem Erwerber festgesetzte Schenkungsteuer nicht realisierbar ist, kann sie konsequent nicht mehr gegenüber dem Schenker fe...