Dipl.-Finw. (FH) Wilfried Mannek
Rz. 84
Der Grundstückswert vor Beginn der Baumaßnahme ist um die bis zum Besteuerungszeitpunkt neu geschaffene Bausubstanz zu erhöhen. Um diese Bausubstanz ermitteln zu können, muss das Grundstück nach Bezugsfertigkeit der im Bau befindlichen Gebäude im Ertragswertverfahren bewertet werden. Anzusetzen ist nach § 149 Abs. 2 Satz 1 BewG die in diesem Zeitpunkt übliche Miete, vervielfacht mit 12,5. Bei der Ermittlung der üblichen Miete ist nicht nur die neu geschaffene Bausubstanz, sondern auch die Bausubstanz vor Beginn der Baumaßnahme zu berücksichtigen. Der Ausgangswert aus üblicher Miete × 12,5 ist bei Ein- und Zweifamilienhäusern, die ausschließlich Wohnzwecken dienen, um einen Zuschlag i.H.v. 20 % zu erhöhen.
Rz. 85
Für den Grundstückswert nach Beendigung der Baumaßnahme kommt es auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der Bezugsfertigkeit an. Dies gilt nicht nur für die übliche Miete, sondern auch für die Alterswertminderung. Soweit für die vorhandene Altbausubstanz eine gesonderte Alterswertminderung zu berechnen ist, kommt es hierfür auf den Zeitraum ab Bezugsfertigkeit des Altgebäudes bis zur Bezugsfertigkeit des neu geschaffenen Gebäudes oder Gebäudeteils an, und zwar gerechnet in vollen Jahren.
Rz. 86
Errichtung eines Gebäudes auf einem bisher unbebauten Grundstück
Zur Berechnung des Grundbesitzwerts bei einer Errichtung eines Gebäudes auf einem bisher unbebauten Grundstück vgl. das nachfolgende an die Hinweise zu R 189 Abs. 2 der gl. lt. Erl. v. 2.4.2007 angelehnte Beispiel.
Ein zuvor unbebautes Grundstück (Größe 800 m[2], Bodenrichtwert: 100 Euro/m[2]) wird mit einem Einfamilienhaus bebaut und zum 1.2.2008 verschenkt. Bis zu diesem Zeitpunkt sind Herstellungskosten von 50 000 Euro angefallen. Nach Bezugsfertigkeit des Einfamilienhauses ist eine übliche Miete von jährlich 6 000 Euro anzusetzen. Die gesamten Herstellungskosten betragen 200.000 Euro. Hieraus ergibt sich ein Fertigungsgrad im Besteuerungszeitpunkt von 25 %.
Rz. 87
Errichtung eines Gebäudeteils auf einem bisher bebauten Grundstück
Zur Berechnung des Grundbesitzwerts bei einer Errichtung Gebäudeteils auf einem bisher bebauten Grundstück vgl. das nachfolgende Beispiel.
Ein mit einem Mehrfamilienhaus bebautes Grundstück, das 1.000 m[2] groß und für das ein Bodenrichtwert von umgerechnet 200 Euro/m2 anzusetzen ist, wird um einen Anbau erweitert. Der Eigentümer stirbt während der Bauphase; Besteuerungszeitpunkt ist der 2.2.2007. Die Herstellungskosten für den Anbau haben bis zu diesem Zeitpunkt 25.000 Euro betragen. Die Erben wenden nach dem Erbfall noch weitere 75.000 Euro an Herstellungskosten auf. Der Fertigstellungsgrad im Besteuerungszeitpunkt beträgt somit 25 % Die durchschnittliche Jahresmiete des bereits vorhandenen Gebäudes, das im Besteuerungszeitpunkt 10 Jahre und nach Beendigung der Baumaßnahme 12 Jahre alt ist, beträgt 12 000 Euro (entspricht auch der Miete nach Fertigstellung des Anbaus). Für den Anbau ergibt sich nach Fertigstellung eine übliche Miete von 4.500 Euro. Der Anbau teilt aufgrund der Bauweise nicht das Schicksal des Hauptgebäudes.
Wert des bebauten Grundstücks nach Beendigung der Baumaßnahme |
Jahresmiete für den Altbau 12.000 EUR × Vervielfältiger 12,5 = |
150.000 EUR |
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Alterswertminderung (12 × 0,5 % = 6 % des Ausgangswerts) |
./. 9.000 EUR |
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Verbleiben |
141.000 EUR |
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Übliche Miete für den Anbau nach Fertigstellung von 4.500 EUR × Vervielfacher 12,5 = |
+ 56.250 EUR |
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Grundbesitzwert |
197.250 EUR |
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Wert des bebauten Grundstücks vor Beginn der Baumaßnahme (Bauteil I) |
Jahresmiete von 12.000 EUR × Vervielfältiger 12,5 = |
150.000 EUR |
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Alterswertminderung (10 × 0,5 % = 5 % des Ausgangswerts) |
./. 7.500 EUR |
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Verbleiben |
142.500 EUR |
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Mindestwert 1.000 m2 × 200 EUR/m2 × 80 % |
160.000 EUR |
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Anzusetzen |
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160.000 EUR |
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Gebäudewert für den Anbau (Bauteil II) nach dem Grad der Fertigstellung im Besteuerungszeitpunkt |
Übliche Jahresmiete von 4.500 EUR × Vervielfältiger 12,5 = |
56.250 EUR |
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Davon 80 % (= Gebäudewert Anbau im Zeitpunkt der Bezugsfertigkeit) |
45.000 EUR |
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Ansatz entsprechend dem Grad der Fertigstellung im Besteuerungszeitpunkt (25 % von 45.000 EUR) |
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+ 11.250 EUR |
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Grundbesitzwert einschließlich des im Bau befindlichen Gebäudeteils |
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171.250 EUR |
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Grundbesitzwert, abgerundet nach § 139 BewG |
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171.000 EUR |