Rz. 533

[Autor/Stand] Inzwischen wurde der gemeine Wert zum Regelmaßstab der Bewertung. Im Gegensatz zu § 7 Abs. 5 ErbStG (s.o. Rz. 504) befürchtet man allerdings keine Renaissance des § 7 Abs. 6 ErbStG, sondern fordert die Abschaffung der Vorschrift "bei nächster Gelegenheit".[2] Vielleicht ist dies aber auch unnötig; sie könnte durch die mit dem ErbStRG 2009 geänderten Regelungen zur Anteilsbewertung überholt worden sein (lex posterior derogat lex priori). In Anbetracht des § 97 Abs. 1a Nr. 1 BewG, dessen zwingende Anwendung der BFH jüngst betonte,[3] lässt sich § 7 Abs. 6 ErbStG jedenfalls nicht mehr damit rechtfertigen, die Bewertung nach gemeinen Werten sei kompliziert und unpraktikabel (s.o. Rz. 531).

 

Rz. 534

[Autor/Stand] Die Finanzverwaltung hat offiziell nun reagiert. Bei Schenkung einer bereits mit einem Gewinnübermaß ausgestatteten Beteiligung an einer Personengesellschaft kommt § 7 Abs. 6 ErbStG nicht zusätzlich zur Anwendung; die übermäßige Gewinnbeteiligung wird schon nach § 97 Abs. 1a Nr. 1 Buchst. b BewG berücksichtigt.[5] Dies dürfte für alle einschlägigen Schenkungen gelten, die nach dem 31.12.2008 ausgeführt wurden.[6] Auch der Gesellschafter, dem eine überhöhte Gewinnbeteiligung zeitgleich mit dem schenkweisen Erwerb seines Gesellschaftsanteils eingeräumt wird, muss wohl nicht mit einer Besteuerung nach § 7 Abs. 6 ErbStG rechnen.

 

Rz. 535

[Autor/Stand] Ein eventuelles Gewinnübermaß beeinflusst in solchen Fällen über den Gewinnverteilungsschlüssel den gemeinen Wert des Gesellschaftsanteils (§ 97 Abs. 1a Nr. 1 Buchst. b BewG) und damit den Steuerwert der geschenkten Beteiligung (§ 97 Abs. 1a Nr. 3 BewG). Er wird gesondert und einheitlich durch Bedarfswertbescheid festgestellt mit bindender Wirkung für die Steuerfestsetzung (s.o. Rz. 516). Die ertragsteuerliche Beurteilung der Gewinnverteilung unter den Gesellschaftern, deren Beachtlichkeit einst hervorgehoben wurde,[8] spielt nun keine Rolle mehr.[9] Denkbar wäre dies allenfalls dann, wenn der Gesellschafter längerfristig eine mehr als 15%ige – ertragsteuerlich inakzeptable[10] – Verzinsung des festgestellten Beteiligungswerts erzielen würde.[11] Ob die Finanzverwaltung nur deshalb noch daran festhält, sich grundsätzlich der ertragsteuerlichen Betrachtung anzuschließen,[12] bleibt abzuwarten. Sollte ein Schenkungsteuerfinanzamt in einem derartigen Fall tatsächlich eine zusätzliche Besteuerung nach § 7 Abs. 6 ErbStG vornehmen, überschreitet es womöglich die ihm seit Einführung des Bedarfsbewertungsverfahrens verbliebenen Kompetenzen (s. § 153 BewG Rz. 2).

 

Rz. 536

[Autor/Stand] Einstweilen frei

[Autor/Stand] Autor: Hartmann, Stand: 01.03.2021
[2] So Fischer in Fischer/Pahlke/Wachter7, § 7 ErbStG Rz. 521; wohl zustimmend Schuck in Viskorf/Schuck/Wälzholz, ErbStG/BewG6, § 7 ErbStG Rz. 210.
[3] BFH v. 17.6.2020 – II R 43/17, BFH/NV 2021, 226 = ErbStB 2021, 1 (Halaczinsky).
[Autor/Stand] Autor: Hartmann, Stand: 01.03.2021
[5] So ausdrücklich in R E 7.9 Abs. 2 Sätze 2 und 3 ErbStR 2019; s. auch Gebel in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalck, § 7 ErbStG Rz. 386; Crezelius in Festschrift für Meincke (2015), S. 76.
[6] Einf. Abs. 2 Satz 2 ErbStR 2019 (§ 97 Abs. 1a Nr. 1 Buchst. b, § 205 Abs. 1 BewG/Art. 2 Nr. 6 Buchst. a, 6 Abs. 1 ErbStRG v. 24.12.2008, BGBl. I 2008, 3018).
[Autor/Stand] Autor: Hartmann, Stand: 01.03.2021
[8] BT-Drucks. VI/3418, S. 65.
[9] R E 7.9 Abs. 1 ErbStR 2019 ist damit eigentlich überflüssig. Dies gilt ebenso für die flankierenden Informationspflichten der Wohnsitz-/Betriebsfinanzämter und Prüfungsdienste gegenüber den Schenkungsteuerstellen in Tz. 1.3.1 Buchst. c ErbStVA, BStBl. I 2018, 53.
[10] BFH v. 29.5 1972 – GrS 4/71, BStBl. II 1973, 5; H 15.9 (3) EStH 2019 (Allgemeines).
[11] Meincke/Hannes/Holtz17, § 7 ErbStG Rz. 149.
[12] R E 7.9 Abs. 1 Satz 1 ErbStR 2019.
[Autor/Stand] Autor: Hartmann, Stand: 01.03.2021

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Steuer Office Excellence enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge