Rz. 397

[Autor/Stand] Die tatsächliche Bebauung eines Grundstücks kann sich sowohl erhöhend als auch mindernd auf den Wert des Grund und Bodens auswirken. § 5 Abs. 1 Satz 2 WertV[2] bestimmt in diesem Zusammenhang, dass dann, wenn vom Maß der zulässigen Nutzung am Wertermittlungsstichtag in der Umgebung des zu bewertenden Grundstücks regelmäßig nach oben abgewichen wird oder wenn die zulässige Nutzung nicht voll ausgeschöpft ist, bei der Verkehrswertermittlung die Nutzung maßgebend ist, die im gewöhnlichen Geschäftsverkehr zugrunde gelegt wird. Bei der Grundstücksbewertung bereiten insbesondere die Fälle Probleme, in denen das Maß der baulichen Nutzung durch die tatsächliche Bebauung nicht voll ausgeschöpft wurde.

 

Beispiel

In einem reinen Wohngebiet ist nach dem Bebauungsplan eine Geschossflächenzahl von 0,8 vorgesehen. Auf den Grundstücken sind jedoch in der Vergangenheit Einfamilienhäuser errichtet worden, und zwar mit einem hohen Freiflächenanteil, so dass die Geschossflächenzahl bei weitem nicht ausgenutzt wurde. Zwischenzeitlich hat sich das Marktgeschehen in dieser Gegend so geändert, dass die verbliebenen Baulücken nur noch zum Zwecke der Errichtung von kleineren Mehrfamilienhäusern, zum Teil mit Eigentumswohnungen, erworben werden und dabei das zulässige Maß der baulichen Nutzung mit 0,8 ausgeschöpft wird. Diese Erwerbsfälle liegen dem Bodenrichtwert zugrunde.

 

Rz. 398

[Autor/Stand] Kommt es aufgrund des geänderten Marktgeschehens zu einem höheren Bodenrichtwert, kann dieser nicht ohne Weiteres bei der Bewertung der Einfamilienhausgrundstücke zugrunde gelegt werden, da sich die mögliche bauliche Nutzung bei diesen Grundstücken i.d.R. nicht realisieren lässt. Der Bodenrichtwert muss in diesen Fällen wegen der tatsächlichen Bebauung "nach unten" korrigiert werden. Dies sah der BFH im Urteil v. 21.1.1971[4] ebenso. Danach darf bei der Aufteilung eines Gesamtkaufpreises der für unbebaute Grundstücke ermittelte Bodenrichtwert nicht ohne Weiteres der Bewertung des bebauten Grund und Bodens zugrunde gelegt werden, weil der vom Gutachterausschuss ermittelte Bodenrichtwert für ein unbebautes Grundstück gelte und der Verkehrswert des bebauten Grund und Bodens insbesondere dann nicht dem Bodenrichtwert entspräche, wenn das Maß der baurechtlich zulässigen Nutzung nicht ausgeschöpft worden sei.

 

Rz. 399

[Autor/Stand] Nach Kleiber/Simon/Weyers[6] ist die Wertminderung in der Weise zu berechnen, dass vom Bodenrichtwert der abgezinste Unterschiedsbetrag aus Bodenwert aufgrund der zulässigen Nutzung und Bodenwert aufgrund der tatsächlichen Nutzung abgezogen wird. Bei denkmalgeschützten Gebäuden, deren Restnutzungsdauer zumindest mathematisch als unendlich anzusehen ist, weil sie in ihrem Bestand nicht verändert werden dürfen, führt diese Berechnungsweise dazu, dass nur der Bodenwert aufgrund der tatsächlichen Nutzung angesetzt wird.

 

Rz. 400

[Autor/Stand] Die Finanzverwaltung hat sich grundsätzlich dafür ausgesprochen, dass bei der Umrechnung des Bodenrichtwert mithilfe von Umrechnungskoeffizienten, die von den Geschossflächenzahlen abhängen, auf die rechtlich zulässige Nutzung des Bodenrichtwertgrundstücks abzustellen ist. Sofern die tatsächliche Bebauung von der rechtlich zulässigen Nutzung des Bodenrichtwertgrundstücks abweicht, ist dies bei der Wertermittlung nur dann wertmindernd zu berücksichtigen, wenn rechtlich keine Möglichkeit besteht, das Maß der zulässigen baulichen Nutzung durch Erweiterung oder Neubau auszuschöpfen.[8] Das gilt insbesondere für Grundstücke mit Baulasten und Grunddienstbarkeiten, soweit sie sich auf das Maß der baulichen Nutzung auswirken, sowie für Grundstücke, die unter Denkmalschutz gestellt sind. In diesen Ausnahmefällen ist die Geschossflächenzahl zur Berücksichtigung einer Wertminderung nach den Ausmaßen des Gebäudes in allen Vollgeschossen zu ermitteln.[9] Die Geschossfläche ist durch die Grundstücksfläche zu teilen und ergibt die der tatsächlichen Nutzung entsprechende Geschossflächenzahl. Zur Berechnung der Wertminderung aufgrund der tatsächlichen Bebauung ist die Geschossflächenzahl aufgrund der tatsächlichen Bebauung in einem Umrechnungskoeffizienten und die Geschossflächenzahl des Bodenrichtwertgrundstücks ebenfalls in einem Umrechnungskoeffizienten auszudrücken, wobei das Verhältnis der beiden Umrechnungskoeffizienten auf den Bodenrichtwert angewandt wird und nach Abrundung auf volle Cent den korrigierten Bodenrichtwert für die Mindestbewertung ergibt.[10]

 

Beispiel

Aufgrund der tatsächlichen Bebauung ergibt sich für ein Einfamilienhausgrundstück eine Geschossflächenzahl von 0,4. Die Geschossflächenzahl des Bodenrichtwertgrundstücks beträgt 0,8. Liegen keine örtlichen Umrechnungskoeffizienten vor, so ist nach Anlage 23 WertR 1996[11] für die Geschossflächenzahl von 0,4 ein Umrechnungskoeffizient von 0,66 und für die Geschossflächenzahl von 0,8 ein Umrechnungskoeffizient von 0,90 zugrunde zu legen. Hieraus ergibt sich ein Verhältnis von 0,66/090 × Bodenrichtwert = korrigierter Bodenw...

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