Dipl.-Finw. (FH) Wilfried Mannek
1. Maßgeblichkeit des Gebäudebegriffs
Rz. 25
Eine Legaldefinition der Begriffe "Gebäude" und "Betriebsvorrichtung" sowie eine Normierung der davon abhängigen Regeln über die Abgrenzung des Grundvermögens von den Betriebsvorrichtungen enthält das Bewertungsgesetz nicht. Rechtsprechung und Verwaltung gehen bei dieser Abgrenzung aus systematischen Gründen vom Gebäudebegriff aus, weil Gebäude grundsätzlich zum Grundvermögen gehören und demgemäß ein Bauwerk, das alle Begriffsmerkmale eines Gebäudes erfüllt, keine Betriebsvorrichtung sein kann (s. unten Anm. 39).
Demgegenüber bestand früher, jedenfalls in der Verwaltungspraxis, eine Tendenz, Zweifelsfälle zur Abgrenzung der Betriebsvorrichtungen von den Gebäuden nicht durch die Erläuterung des Begriffs Gebäude zu lösen, sondern Richtlinien darüber aufzustellen, unter welchen Voraussetzungen Betriebsanlagen nicht als Gebäude anzusehen sind. Der vorstehend genannte Erlass enthielt solche Richtlinien und führte in zahlreichen Beispielen die Betriebsanlagen auf, die als Betriebsvorrichtungen anzusehen sind. Dies führte zu erheblicher Rechtsunsicherheit. Deshalb ging die Rechtsprechung des RFH schon seit 1938/39 davon aus, dass das Abgrenzungsproblem nicht von der Zweckbestimmung des Bauwerks allein zu lösen sei, sondern der nach objektiven Kriterien abgrenzbare Gebäudebegriff im Vordergrund stehen müsse.
Im Anschluss an diese Rechtsprechung gab die Finanzverwaltung neue Richtlinien heraus, in denen zur Abgrenzung von Gebäude und Betriebsvorrichtung bereits auf den Gebäudebegriff abgestellt wurde. An dieser Auffassung, der auch die höchstrichterliche Rechtsprechung in einer Vielzahl von Entscheidungen weitgehend folgte, wurde in den weiteren Abgrenzungserlassen festgehalten und der Gebäudebegriff weiter präzisiert (s. unten Anm. 35 ff.).
Versuche, die Abgrenzung Gebäude/Betriebsvorrichtung ausgehend vom Begriff der Betriebsvorrichtung unter stärkerer Berücksichtigung wirtschaftlicher Aspekte zu lösen, haben sich weder in der Verwaltungspraxis noch in der Rechtsprechung durchgesetzt. Insgesamt gesehen ist die Rechtsprechung durch die vorrangige Orientierung am Gebäudebegriff verlässlicher geworden, wenngleich die Begrifflichkeit mitunter zu überraschenden Ergebnissen geführt hat, die insbesondere mit der Verkehrsauffassung nicht immer in Einklang stehen mögen. Eb. Schmidt bezeichnet in anderem Zusammenhang die hier zu leistende Abgrenzung der Betriebsvorrichtung vom Grundvermögen als "juristische Spielwiese". Die folgenden Erläuterungen (s. unten Anm. 26 ff.) erweisen indes die Anknüpfung an den Gebäudebegriff als jedenfalls bisher besten Lösungsweg. Andererseits lässt das ABC der Abgrenzungsbeispiele (s. unten Anm. 200) eine ausgeprägte Kasuistik erkennen.
Der Abgrenzungserlass v. 15.3.2006 ist um ein ABC ergänzt worden (s. unten Anm. 149), mit dem die Abgrenzung erleichtert werden soll. Allerdings beschränkt sich das Abgrenzungs-ABC im Wesentlichen auf Stichworte mit knappen Erläuterungen. Das ABC ist im aktuellen AbgrenzE beibehalten und überarbeitet worden.
2. Verkehrsauffassung und Gebäudebegriff
Rz. 26
Der RFH ist in seinen zahlreichen Entscheidungen über die Abgrenzung der Gebäude von den Betriebsvorrichtungen zwar stets vom Gebäudebegriff ausgegangen; er hat aber trotzdem maßgeblich auf die Verkehrsanschauung abgestellt.
Rz. 27
Der BFH hat zwar ebenfalls den Gebäudebegriff als Ausgangspunkt für die Abgrenzung Gebäude oder Betriebsvorrichtung genommen. Er hat im Gegensatz zum RFH nur in Zweifelsfällen auf die Verkehrsanschauung in Bezug auf das gesamte Bauwerk abgestellt bzw. das mit Hilfe des Gebäudebegriffs gefundene Abgrenzungsergebnis noch durch den Hinweis auf die Verkehrsauffassung bekräftigt. Der übereinstimmende Lände...