Dipl.-Finw. (FH) Wilfried Mannek
1. Grundsätzliches zum Bodenwertanteil
Rz. 69
Eine weitere Komponente des Werts des Gebäudes auf fremdem Grund und Boden ist nach § 195 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 3 BewG die über die Restlaufzeit des Nutzungsrechts kapitalisierte Differenz aus dem angemessenen Verzinsungsbetrages des Bodenwertes des fiktiv unbelasteten Grundstücks und dem vertraglich vereinbarten jährlichen Nutzungsentgelt. Die Kapitalisierung erfolgt mittels dem sich aus Anlage 21 zum BewG ergebenden Vervielfältiger.
Rz. 70
Mit der über die Restlaufzeit des Nutzungsrechts kapitalisierten Differenz aus dem angemessenen Verzinsungsbetrag des Bodenwertes des unbelasteten Grundstücks und dem vertraglich vereinbarten jährlichen Nutzungsentgelt wird der wirtschaftliche Vorteil oder Nachteil des Eigentümers des Gebäudes auf fremdem Grund und Boden erfasst, den er dadurch erlangt, dass er für die Nutzung des Grundstücks weniger oder mehr als den vollen Bodenwertverzinsungsbetrag (angemessene Bodenwertverzinsung) leisten muss. Demnach kann die kapitalisierte Differenz sowohl positiv wie auch negativ ausfallen. Eine negative Differenz kann sich bspw. ergeben, wenn die Bodenpreise gegenüber den Verhältnissen bei Vertragsabschluss stark gesunken sind oder die gesetzlichen Zinssätze gemindert wurden (vgl. dazu auch Rz. 79).
Rz. 71
Ist das vertraglich vereinbarte Nutzungsentgelt (vgl. Rz. 88) niedriger als die Bodenwertverzinsung (vgl. Rz. 77), ergibt sich ein positiver Differenzbetrag, der zum Ansatz eines positiven Bodenwertanteils führt. Ein möglicher Käufer des Gebäudes auf fremdem Grund und Boden würde wegen der Gestaltung des Nutzungsrechts, das zum Bewertungsstichtag ein niedrigeres Nutzungsentgelt als die angemessene Bodenwertverzinsung vorsieht, einen höheren Preis zahlen. Dementsprechend wirkt sich dieser wirtschaftliche Vorteil auf den Verkehrswert und damit auch auf die Grundbesitzbewertung des Gebäudes auf fremdem Grund und Boden aus. Im umgekehrten Fall wird ein negativer Bodenwertanteil berücksichtigt. Denn sofern das vereinbarte Nutzungsentgelt höher ist als die bei Neuabschluss zum Bewertungsstichtag angemessene Bodenwertverzinsung wirkt sich die Belastung wertmindernd auf den Verkehrswert und damit auch auf den Grundbesitzwert des Gebäudes auf fremdem Grund und Boden aus.
Rz. 72
Ist die am Bewertungsstichtag bestehende Bodenwertverzinsung genauso hoch wie das vertraglich vereinbarte Nutzungsentgelt, ergibt sich ein Unterschiedsbetrag von 0 Euro. Der Nutzungsberechtigte bzw. Eigentümer des Gebäudes auf fremdem Grund und Boden hat in diesem Fall keinen wirtschaftlichen Vor- oder Nachteil. Deshalb ist bei der Bewertung des Gebäudes auf fremdem Grund und Boden auch kein Bodenwertanteil anzusetzen.
Rz. 73– 76
Einstweilen frei.
2. Angemessener Verzinsungsbetrag des Bodenwerts
Rz. 77
Der angemessene Verzinsungsbetrag des Bodenwerts des unbelasteten Grundstücks ergibt sich gem. § 195 Abs. 3 Satz 4 BewG durch die Multiplikation des Bodenwerts für das fiktiv unbelastete Grundstück nach § 179 BewG mit den von den Gutachterausschüssen für die jeweilige Grundstücksart ermittelten Liegenschaftszinssätzen nach Maßgabe des § 177 Abs. 2 und 3 BewG. Soweit ein derartiger Liegenschaftszinssatz nicht zur Verfügung steht, sind nach § 195 Abs. 3 Satz 3 BewG die Zinssätze nach § 193 Abs. 4 Satz 3 BewG anzuwenden. Damit sind – sofern diese den Vorgaben des § 177 Abs. 2 und 3 BewG entsprechen (vgl. dazu die Kommentierung zu § 177 BewG) – vorrangig die Liegenschaftszinssätze der örtlichen Gutachterausschüsse und nachrangig die gesetzlichen Zinssätze anzuwenden. Letztere kommen also dann zur Anwendung, wenn keine Liegenschaftszinssätze vom örtlichen Gutachterausschuss bereitgestellt wurden oder diese nicht den Vorgaben des § 177 Abs. 2 und 3 BewG entsprechen.
Rz. 78
Der Liegenschaftszinssatz ist der Zinssatz, mit dem das im Verkehrswert des Grundstücks gebundene Kapital verzinst wird, wobei sich der Zinssatz nach dem aus der Liegenschaft marktüblich erzielbaren Reinertrag im Verhältnis zum Verkehrswert bemisst.
Rz. 79
Der nachfolgenden Tabelle können die nach § 195 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 193 Abs. 4 Satz 3 BewG maßgebenden (nachrangigen) gesetzlichen Zinssätze entnommen werden. Die Höhe der Zinssätze wurde im Rahmen des JStG 2022 an das aktuelle Marktniveau angepasst. Daher wird nachrichtlich auch der bisher geltende Zinssatz ausgewiesen.
Nr. |
Zinssatz |
gilt für ... |
bisheriger Zinssatz |
1. |
2,5 % |
Ein- und Zweifamilienhäuser und Wohnungseigentum, das wie Ein- und Zweifamilienhäuser gestaltet ist |
3,0 % |
2. |
3,5 % |
Mietwohngrundstücke und Wohnungseigentum, das nicht unter Nr. 1 fällt |
5,0 % |
3. |
4,5 % |
gemischt genutzte Grundstücke mit einem gewerblichen Anteil von bis zu 50 %, berechnet nach de... |