Rz. 86
Tritt die Nacherbfolge durch ein anderes Ereignis ein, z.B. aufgrund einer Wiederverheiratungsklausel, handelt es sich erbschaftsteuerrechtlich um zwei getrennte Erwerbe. Für jeden Erwerb werden die Steuerklasse, der Freibetrag und der Steuersatz selbständig ermittelt.
Rz. 87
Maßgebend für die Nacherbschaft ist das Verhältnis des Nacherben zum Erblasser; ein Wahlrecht besteht hier nicht. Im Gleichklang damit ist für den Erwerb des Eigenvermögens des Vorerben das Verhältnis des Nacherben zum Vorerben maßgebend.
Rz. 88
Nach § 6 Abs. 3 Satz 1 ErbStG gilt die Vorerbfolge als auflösend bedingter, die Nacherbfolge als aufschiebend bedingter Anfall. Aber das hat für die Beteiligten durchaus unterschiedliche Konsequenzen. Für den Nacherben gilt das uneingeschränkt. Da sein Erwerb aufschiebend bedingt ist, muss er den Erwerb im Einklang mit § 4 BewG erst im Nacherbfall versteuern. Anders steht es um den Vorerben. Sein Erwerb als fiktiver Vollerbe wird entgegen § 5 BewG nicht auf Antrag rückgängig gemacht. Vielmehr wird nur die Erbschaftsteuer, die er aus dem Nachlass entrichtet hat, auf die Erbschaftsteuer des Nacherben angerechnet.
Rz. 89– 90
Einstweilen frei.
Rz. 91
Die Anrechnung ist doppelt begrenzt: zum einen auf die Höhe der Erbschaftsteuer des Nacherben, so dass eine höhere Erbschaftsteuer des Vorerben nicht erstattet wird; zum anderen wird die Erbschaftsteuer des Vorerben um den Steuerbetrag gemindert, der der tatsächlichen Bereicherung des Vorerben entspricht (§ 6 Abs. 3 Satz 2 ErbStG).
Rz. 92
Die Steuer nach der dem Vorerben verbliebenen Bereicherung berechnet sich nach dem Kapitalwert der Nettonutzung des Nachlasses (Nutzungen abzüglich Bewirtschaftungskosten), die dem Vorerben zusteht, zuzüglich des Werts der Gegenstände, die der Vorerbe für sich aus dem Nachlass entnehmen durfte und entnommen hat. Unklar und daher streitig ist, auf welchen Zeitpunkt die Bewertung zu erfolgen hat: auf den Vorerbfall oder den Nacherbfall. Richtig erscheint, auf den Nacherbfall zu bewerten, weil es um die verbliebene und nicht um die – voraussichtlich – verbleibende Bereicherung geht, und die steht erst im Nacherbfall fest. Dann ist der Kapitalwert nach der verbliebenen Bereicherung zu berechnen, die sich aus der tatsächlichen Höhe der Nettonutzungen und ihrer tatsächlichen Dauer ergibt, so dass nach § 13 BewG und nicht nach § 14 BewG zu bewerten ist. Der Kapitalwert ist um die zum persönlichen Verbrauch bestimmten Entnahmen des Vorerben aus dem Nachlass zu erhöhen; sie sind auf den Zeitpunkt der Entnahme zu bewerten, denn in diesem Moment ist der Vorerbe bereichert, und es ist dieser Wert, der ihm verbleibt. Der Vorteil, den § 6 Abs. 3 Satz 2 ErbStG gewährt, ist hingegen kein Erwerb der in § 3 Abs 1 Nr. 1 ErbStG beschriebenen Art, also auch kein Bestandteil des auf den Nacherben übergehenden Nachlasses, sondern ein reiner Steuervorteil.
Rz. 93– 94
Einstweilen frei.