Dipl.-Finw. (FH) Wilfried Mannek
Rz. 72
Der sich aus den jährlich zu zahlenden Erbbauzinsen und dem Vervielfältiger von 18,6 ergebende Grundstückswert ist auf volle 500 EUR bzw. 1 000 DM nach unten abzurunden (§ 139 BewG). Er ist gegenüber dem Erwerber des erbbaurechtsbelasteten Grundstücks festzustellen.
Rz. 73
Die Bewertung unter Ansatz der jährlich zu zahlenden Erbbauzinsen gilt für alle Grundstücke, an denen im Besteuerungszeitpunkt bereits ein Erbbaurecht entstanden ist. Wegen des Entstehungszeitpunkts vgl. Anm. 22 f. Somit ist § 148 Abs. 1 Satz 1 BewG (bis 2006) auch in Fällen anzuwenden, in denen auf dem Grundstück im Besteuerungszeitpunkt
- noch kein Gebäude errichtet ist oder
- sich das Gebäude noch im Zustand der Bebauung befindet.
Rz. 74
Ebenfalls unter diese Bewertungsvorschrift fallen Grundstücke, die vor Bestellung des Erbbaurechts durch den Grundstückseigentümer bebaut und daran anschließend einem Dritten ein Erbbaurecht bestellt worden ist. Hier kommt der Umstand, dass das Erbbaurecht auch die Gebäudenutzung mit umfasst, in der Höhe der Erbbauzinsen zum Ausdruck, so dass der Kapitalwert nicht nur das unbebaute Grundstück, sondern auch das Gebäude widerspiegelt. Sollte der Erbbauzins für das bebaute Grundstück allerdings so bemessen sein, dass er einer durchschnittlichen Jahresmiete i.S. des § 146 Abs. 2 BewG entspricht, führt die Kapitalisierung mit 18,6 für den Grundstückseigentümer bei einem Neubau zu einem um ungefähr 50 % höheren Grundstückswert. Bei Altbauten verschärft sich die Höherbewertung dadurch, dass bei der Kapitalisierung der jährlichen Erbbauzinsen keine Alterswertminderung berücksichtigt wird, im Gegensatz zur Ertragsbewertung, bei der für jedes Jahr 0,5 %, höchstens jedoch 25 % des Ausgangswerts als Alterswertminderung abgezogen werden. Ein Vorteil gegenüber der Ertragsbewertung bleibt dem Grundstückseigentümer: Er muss bei Ein- und Zweifamilienhäusern, die ausschließlich Wohnzwecken dienen, nicht mit einem Zuschlag von 20 % des um die Alterswertminderung gekürzten Ausgangswerts rechnen.
Rz. 75
Aus den vorstehenden Ausführungen ist zu entnehmen, dass es bei Bestellung eines Erbbaurechts an einem bebauten Grundstück häufig zu Überbewertungen kommen kann.
Rz. 76
Andererseits kann die Erbbaurechtsbestellung an einem bebauten Grundstück auch dazu genutzt werden, dies ohne Belastung mit Erbschaft- und Schenkungsteuer übergehen zu lassen. Dazu darf in dem Vertrag über die Bestellung eines Erbbaurechts an einem bebauten Grundstück keine Vereinbarung über die Zahlung von Erbbauzinsen getroffen werden. In diesem Fall hat der Grundstückseigentümer nichts zu versteuern, der Erbbauberechtigte dagegen den Gesamtwert nach § 148 Abs. 1 Satz 2 BewG (bis 2006), weil ihm für die Laufzeit des Erbbaurechtsvertrags eine Nutzung an einem bebauten Grundstück zusteht, ohne dass er hierfür ein Entgelt in Form des Erbbauzinses zu zahlen hat. Wegen der kritischen Betrachtung solcher Gestaltungen durch die Finanzverwaltung vgl. Anm. 58 f.
Rz. 77– 79
Einstweilen frei.