Dipl.-Finw. (FH) Wilfried Mannek
Rz. 181
Bei der Ermittlung der Einheitswerte für die wirtschaftlichen Einheiten des Erbbaurechts und des belasteten Grundstücks ist von einem "Gesamtwert" auszugehen, der für den Grund und Boden einschl. des Gebäudes und der Außenanlagen festzustellen wäre, wenn die Belastung nicht bestünde (§ 92 Abs. 1 Satz 2 BewG, vgl. Rz. 16–40). Diese Regelung, die sowohl den Einheitswert für das Erbbaurecht als auch den für das belastete Grundstück von der Höhe des Gesamtwerts abhängig macht, soll sicherstellen, dass die Summe der beiden Einheitswerte dem Wert entspricht, der für das belastete Grundstück ohne die Belastung mit dem Erbbaurecht festzustellen wäre (vgl. Rz. 26). Der Gesamtwert entfällt im vollen Umfang auf die wirtschaftliche Einheit des Erbbaurechts, wenn die Dauer des Erbbaurechts im Feststellungszeitpunkt noch 50 Jahre oder mehr beträgt (§ 92 Abs. 2 BewG). Die Frage einer Beiladung ergibt sich deshalb nur, wenn die Dauer des Erbbaurechts im Feststellungszeitpunkt unter 50 Jahren liegt und der Erbbauberechtigte oder der Erbbauverpflichtete im Rechtsbehelfsverfahren über die Einheitswertfeststellung seiner wirtschaftlichen Einheit die Ermittlung des Bodenwerts am Gesamtwert und damit den auf seine wirtschaftliche Einheit entfallenden Anteil am Bodenwert angreift.
Rz. 182
Die Voraussetzungen einer notwendigen Beiladung sind hier nicht gegeben. Eine Beiladung hat den Zweck, solche Dritte, die nicht Kläger oder Beklagte sind, am Prozess zu beteiligen, denen gegenüber die Entscheidung zweckmäßiger- oder notwendigerweise bindend sein soll oder muss. Durch die Entscheidung über den Einheitswert eines Erbbaurechts wird über die Höhe des Gesamtwerts im Verhältnis zu den am Verfahren nicht beteiligten Erbbauberechtigten bzw. Erbbauverpflichteten nicht bestandskräftig mitentschieden. Der Gesamtwert ist nur eine Rechnungsgröße (vgl. Rz. 31), die als unselbstständige Berechnungsgrundlage in den Feststellungsbescheid eingeht, nicht dagegen wie ein Einheitswert gesondert und einheitlich festgestellt wird.
Rz. 183
Die Voraussetzungen für die einfache Beiladung (§ 60 Abs. 1 FGO) dürften ebenfalls nicht erfüllt sein, da durch eine Entscheidung im Verfahren über den Einheitswert des Erbbaurechts rechtliche Interessen des Eigentümers des belasteten Grundstücks nicht berührt werden. Für die einfache Beiladung reicht es nicht aus, dass mit der Entscheidung über den für das Erbbaurecht festgestellten Einheitswert auch über den Gesamtwert entschieden wird und der Gesamtwert bei einer Restdauer des Erbbaurechts unter 50 Jahren für den Einheitswert des belasteten Grundstücks maßgebend ist.
Rz. 184
Das Ergebnis mag nicht befriedigen. Aber im Gegensatz zur Wertfortschreibung wegen Änderung des Verteilungsschlüssels nach § 97 Abs. 7 BewG idF des BewÄndG 1971, bei der ein Auseinanderfallen beider Werte vermieden wird (vgl. Rz. 150) hat der Gesetzgeber für das Rechtsbehelfsverfahren eine entsprechende Regelung nicht getroffen. Folge dieser Rechtslage ist, dass zB die im Rechtsbehelfsverfahren gegen den Einheitswert erstrittene Ermäßigung des Gesamtwerts (hier Herabsetzung des Bodenwerts) auf den unanfechtbar gewordenen festgestellten Einheitswert für das belastete Grundstück keine Auswirkung hat. Der Einheitswert für das belastete Grundstück könnte in einem solchen Fall aufgrund des § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO geändert oder entsprechend § 92 Abs. 7 Satz 3 BewG auf den nächsten Stichtag ohne Beachtung von Wertfortschreibungsgrenzen fortgeschrieben werden. Zur steuerlichen Bedeutung vgl. Rz. 55–59.