Rz. 42
Bei dem Wohnungserbbaurecht handelt es sich um ein Erbbaurecht, das mehreren Personen gemeinschaftlich nach Bruchteil zusteht, wobei die Anteile in der Weise beschränkt sind, dass jedem der Berechtigten das Sondereigentum an einer bestimmten Wohnung in einem aufgrund des Erbbaurechts errichteten oder zu errichtenden Gebäude eingeräumt wird. Ein Teilerbbaurecht ist gegeben, wenn das Sondereigentum an bestimmten Räumen besteht, die nicht Wohnzwecken dienen (§ 30 des Wohnungseigentumsgesetzes – WEG).
Rz. 43
Steht ein Erbbaurecht mehreren Personen nach Bruchteilen zu, so können diese Miterbbaurechte dadurch in Wohnungserbbaurechte umgewandelt werden, dass die Anteile vertraglich durch die Einräumung von Sondereigentum an einer bestimmten Wohnung beschränkt werden. Steht das Erbbaurecht nur einer Person zu, kann sie ihr Erbbaurecht in der Weise teilen, dass mit jedem Anteil das Sondereigentum an einer bestimmten Wohnung verbunden wird; die Teilung muss gegenüber dem Grundbuchamt erklärt werden. Das gilt entsprechend für die Begründung von Teilerbbaurechten.
Rz. 44
Das Bewertungsrecht hat auch das Wohnungserbbaurecht und das Teilerbbaurecht im Wesentlichen den Grundstücken gleichgestellt. Es wird wie im bürgerlichen Recht als selbstständiges Grundstück behandelt, bei der Grundsteuerbewertung allerdings mit der Folge, dass das Wohnungserbbaurecht bzw. das Teilerbbaurecht und das belastete Grundstück (Erbbaugrundstück) zusammen eine wirtschaftliche Einheit bilden (§ 244 Abs. 3 Nr. 4 BewG). Dementsprechend ist für diese wirtschaftliche Einheit ebenfalls nur ein Grundsteuerwert festzustellen (vgl. Rz. 48).
Rz. 45
Der BFH hat mit seinem zur Grundbesitzbewertung ergangenen Urteil vom 26.8.2020 entschieden, dass bei einem Grundstück, auf dem mehrere Wohnungs- oder Teilerbbaurechte lasten, die wirtschaftliche Einheit des Erbbaugrundstücks nach der Verkehrsauffassung in eine entsprechende Anzahl wirtschaftlicher Einheiten zerfällt. Mit jedem Wohnungs- oder Teilerbbaurecht korrespondiert eine wirtschaftliche Einheit in Gestalt des anteiligen Erbbaugrundstücks. In der Folge sind die einzelnen wirtschaftlichen Einheiten "mit Wohnungs- oder Teilerbbaurecht belasteter Anteil an einem Erbbaugrundstück", auf die sich der Miteigentumsanteil bezieht, zu bewerten. Der dortigen Entscheidung kommt zwar bei der Grundsteuerbewertung keine vergleichbare Bedeutung zu, da das einzelne Wohnungs- oder Teilerbbaurecht zusammen mit dem belasteten Grund und Boden gemäß § 244 Abs. 3 Nr. 4 BewG eine wirtschaftliche Einheit darstellt, für die nach § 261 Satz 1 BewG ein Gesamtwert festzustellen ist. Gleichwohl bestätigt das Urteil die vom Gesetzgeber vorgenommene Definition der vorbezeichneten wirtschaftlichen Einheit, da klargestellt wird, dass das Erbbaugrundstück bei mehreren Wohnungs- oder Teilerbbaurechten entsprechend aufzuteilen und anteilig den einzelnen Wohnungs- oder Teilerbbaurechten zuzuordnen ist. Wirtschaftliche Einheit bei der Grundsteuerbewertung ist somit zutreffend das jeweilige Wohnungs- oder Teilerbbaurecht zusammen mit dem dazugehörigen anteiligen Erbbaugrundstück bzw. belasteten Grund und Boden. Verfahrensrechtlich hat das Lagefinanzamt so viele Feststellungsbescheide über Grundsteuerwerte zu erlassen, wie wirtschaftliche Einheiten in Form von Wohnungs- oder Teilerbbaurechte (einschließlich anteiligem belasteten Grund und Boden) vorhanden sind.
Rz. 46– 47
Einstweilen frei.