Rz. 430
Abstrakt stehen die in § 7 Abs. 4 ErbStG erwähnten Fallgestaltungen dafür, dass alle sog. Zweckschenkungen grundsätzlich unentgeltlich erfolgen. Hins. bestimmter Zwecke bestätigt dies der Gesetzgeber mit speziellen Steuerbefreiungsnormen (z.B. § 13 Abs. 1 Nrn. 4a, 5, 12, 13, 15–18 ErbStG). Allein eine besondere Zweckbestimmung ist daher i.d.R. kein taugliches Kriterium zur Abgrenzung unentgeltlicher und entgeltlicher Leistungen.
Beispiele:
- Zinsloses Darlehen des Nacherben an Vorerbin zur Erhaltung des Familienbesitzes;
- der Sanierung eines Schuldners dienende Leistungen seiner Gläubiger (s. § 13 Anm. 32, 33);
- Gläubiger benachteiligende Vermögensübertragungen (§§ 3, 4 AnfG; §§ 131–134 InsO);
- Incentive-Leistungen und Prämien im Rahmen sog. Kundenbindungsprogramme;
- Geschenke an "Geschäftsfreunde" (s. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG), betrieblich veranlasste Sachzuwendungen an Geschäftspartner i.S.d. § 37b Abs. 1 Nr. 1 EStG und wohl auch die freiwillig vom schenkenden Unternehmer übernommene Zahlung der Pauschalsteuer;
- Schmiergeldzahlungen und Bestechungszwecken dienende Vorteilszuwendungen;
- zweckbestimmte Zuschüsse (Subventionen, Stipendien), auch wenn sie aus öffentlichen Kassen gezahlt werden (s. § 13 ErbStG Anm. 112 ff.);
- Versorgungszusagen in Ansehung künftiger Betriebstreue.
Rz. 431
Interessenabwägung: In Zweifelsfällen soll es allerdings darauf ankommen, ob die Zweckerreichung im überwiegenden Interesse des Leistenden oder eines Dritten liegt und deshalb eine entgeltliche Leistung kraft kausaler Verknüpfung indiziert (s. auch Anm. 86). Je mehr sie jedoch den Interessen des Leistungsempfängers nützt, um so näher liegt die Annahme einer steuerbaren Zweckschenkung. Grundsätzlich unentgeltlich sind daher auch gemeinsamen Interesse der Beteiligten dienende Zuwendungen sowie solche, bei denen es dem/n Steuerpflichtigen nicht gelingt, das Schenkungsteuerfinanzamt, in Streitfällen das Finanzgericht, zu überzeugen, dass die mit seiner Leistung verfolgten Zwecke des Gebers das Interesse des Empfängers am Erhalt der Bereicherung überwiegen.
Rz. 432
In der Praxis wird eine solche Interessenabwägung leider nicht immer konsequent durchgeführt. Während Zuwendungen an Vereine gerade deshalb als steuerbare Zweckschenkungen behandelt werden, weil sie den Vereinszwecken dienen (s. Anm. 202; auch Umkehrschluss aus § 18 ErbStG), verneint der II. BFH-Senat die Anwendung des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG auf freiwillige Leistungen von Gesellschaftern an ihre Kapitalgesellschaften ausdrücklich wegen ihrer (angeblich) die Gesellschaftszwecke fördernden Wirkung. Dass dies sogar dann gelten soll, wenn die Gesellschaft gemeinnützige Ziele verfolgt, ist mit § 13 Abs. 1 Nr. 16 Buchst. b ErbStG kaum vereinbar (s. auch – mit Bezug auf § 7 Abs. 8 ErbStG – § 13 ErbStG Anm. 159). Und ob allein die behauptete "Hoffnung (des Gesellschafters) auf eine mittelbare Verbesserung der durch das (Gesellschafts-)Verhältnis vermittelten eigenen Vermögenslage", die den Verzicht auf die Anwendung zivilrechtlicher Schenkungsregeln rechtfertigen mag, genügen kann, um einen rechtlichen(!) Zusammenhang insbesondere gesellschaftsvertraglich nicht geschuldeter Leistungen mit einem Gemeinschaftszweck zu belegen, überzeugt schlichtweg nicht (s. auch Anm. 402). So greift § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG unstreitig weiter als § 516 BGB. Auch wäre selbst eine bedingungsmäßige Verknüpfung der Zuwendung zur zweckentsprechenden Verwendung regelmäßig unbeachtlich (§ 10 Abs. 9 i.V.m. § 1 Abs. 2 ErbStG). Und gerade bei Vorteilsgewährungen zwischen Personen, die – wie Ehegatten oder andere Lebenspartner – im denkbar engsten, durch beiderseitige Einigung und damit ebenfalls vertraglich begründeten, Gemeinschaftsverhältnis zueinander stehen, sieht man in der Erwartung des Zuwenders, weiterhin über das gemeinsame Vermögen an der Bereicherung des Empfängers zu partizipieren, kein freigebigkeitsausschließendes Moment. Weshalb angeblich gesellschaftszweckfördernde, anders als sonstige gemeinschaftszweckfördernde Leistungen, nicht unentgeltlich erfolgen sollen, bedarf daher dringend der Klärung. Im derzeit anhängigen Revisionsverfahren II R 40/14 hat der BFH hierzu Gelegenheit: Zu entscheiden ist, ob der teilentgeltliche Erwerb eigener Anteile einer Ehegatten-GmbH von der ausscheidenden Gesellschafterin (Ehefrau) dem Grunde nach schenkungsteuerbar ist. Vorinstanzlich wurde der Klage der GmbH wegen angeblich gesellschaftsrechtlicher Veranlassung abgeholfen. Letztlich bereichert die Schenkerin jedoch ihren Ehemann (in Gestalt der verbleibenden Einmann-GmbH). Die Anwendung der Regeln zur schenkungsteuerlichen Erfassung ehebedingter Zuwendungen liegt damit keinesfalls fern.
Rz. 433
Solche unbenannte Zuwendungen zwischen Ehegatten (ehebedingte Zuwendungen), eingetragenen Lebenspartnern (s. § 37 ErbStG Anm. 21 f.) sowie Partnern anderer Lebensgemeinsc...