Prof. Dr. Franz Jürgen Marx
Rz. 67
Die Bewertung des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens wird hier nur in Grundzügen beschrieben. Die detaillierte Darstellung und Erläuterung findet sich in der Kommentierung zu §§ 35–67 BewG.
Rz. 68
Einheitswerte werden nach § 19 Abs. 1 BewG für inländischen Grundbesitz festgestellt. Für die alten Länder sind folgende Bewertungsgrundsätze zu beachten. Betriebe der Land- und Forstwirtschaft werden für den Wirtschaftsteil mit dem Ertragswert nach §§ 36 ff. BewG bewertet, während für den Wohnteil grundsätzlich die Bewertung nach den Regelungen des Grundvermögens für Mietwohngrundstücke im Ertragswertverfahren (§§ 71, 78, 82, 91 BewG) in Betracht kommt. Wirtschaftswert (§ 46 BewG) und Wohnungswert (§ 47 BewG) bilden zusammen den Einheitswert des Betriebs. Für die Größe des Betriebs sowie für den Umfang und den Zustand der Gebäude und der stehenden Betriebsmittel sind nach § 35 BewG die Verhältnisse im Feststellungszeitpunkt maßgebend, während für die umlaufenden Betriebsmittel der Stand am Ende des Wirtschaftsjahres zu Grunde gelegt wird, das dem Feststellungszeitpunkt vorangegangen ist. Land- und forstwirtschaftliche Flächen, die Hofflächen, die Wirtschaftsgebäude und die Betriebsmittel werden mit dem nachhaltig erzielbaren, fiktiven Ertrag erfasst, der eine ordnungsmäßige und schuldenfreie Bewirtschaftung mit entlohnten fremden Arbeitskräften unterstellt. Die Bewertung eliminiert damit außerlandwirtschaftliche und individuelle Faktoren, die zwar den gemeinen Wert eines Betriebs beeinflussen, jedoch in keinem ökonomischen Zusammenhang mit der objektiven Ertragsfähigkeit einer land- und forstwirtschaftlichen Urproduktion stehen. Indem § 36 Abs. 2 Satz 3 BewG als Ertragswert den achzehnfachen Reinertrag festlegt, wird eine stetige Verzinsung von 5,5 % unterstellt, die nicht der unternehmerischen Realität mit schwankenden Ergebnissen und Verlustjahren entspricht. Mit der Anknüpfung an fiktive Erträge ist die Grundsteuer als Soll-Ertragsteuer zu qualifizieren. Der Ertragswert der Nutzungen wird nach § 37 BewG durch ein vergleichendes Verfahren ermittelt, hilfsweise nach der unmittelbaren Ertragsfähigkeit der Nutzung (Einzelertragswertverfahren). Regelmäßig wird nicht jeder landwirtschaftliche Betrieb fur sich bewertet, sondern es wird von Vergleichsbetrieben im gesamten Bundesgebiet ausgegangen, deren Reinertrag pro Hektar landwirtschaftlich genutzter Bodenflache (Hektarsatz) ermittelt wird. Das Einzelertragswertverfahren kommt auch bei der Ertragswertermittlung für Nebenbetriebe und Abbauland zur Anwendung. Darüber hinaus gibt es mit festen Wertansätzen (für Geringstland, § 44 Abs. 2 BewG) und bei Sondernutzungen weitere Besonderheiten bei der Ermittlung des Ertragswerts. Trotz der Erfassung von Besonderheiten bleibt das Verfahren stark pauschalisierend.
Rz. 69
Der Wohnungswert wird gemäß § 47 BewG nach den Vorschriften ermittelt, die beim Grundvermögen für die Bewertung der Mietwohngrundstücke im Ertragswertverfahren gelten, wobei bei der Schätzung der üblichen Miete die Besonderheiten, die sich aus der Lage der Gebäude oder Gebäudeteile im Betrieb ergeben, berücksichtigt werden und der ermittelte Betrag um 15 % zu vermindern ist. Das Gesetz geht vom Ansatz der üblichen Miete nach den Wertverhältnissen vom 1.1.1964 aus, da die zu bewertenden Wohnungen vom Betriebsinhaber, den zu seinem Haushalt gehörenden Familienmitgliedern oder den Altenteilern genutzt werden.
Rz. 70
Einheitswerte sollen nach § 21 Abs. 1 BewG grundsätzlich in Zeitabständen von je sechs Jahren im Wege einer sog. Hauptfeststellung allgemein festgestellt werden. Maßgebend sind die Wertverhältnisse zum 1.1.1964. Eine neue Hauptfeststellung hat allerdings nicht stattgefunden. Der nach § 21 Abs. 1 BewG normierte Turnus von sechs Jahren für eine neue Hauptfeststellung wurde ausgesetzt. Die Einheitswerte waren nach Art. 1 Abs. 1 Bewertungsänderungsgesetz 1971 erstmals ab dem 1.1.1974 anzuwenden und gelten nach § 266 Abs. 4 BewG spätestens bis zum 31.12.2024.
Rz. 71
In den neuen Ländern wird land- und forstwirtschaftliches Vermögen abweichend von § 19 Abs. 1 BewG nicht mit dem Einheitswert, sondern mit dem Ersatzwirtschaftswert (§ 125 BewG) bewertet. Dieser wird in einem vereinfachten Verfahren unter sinngemäßer Anwendung der §§ 35 ff. BewG ermittelt. Auch hier sind die Wertverhältnisse zum 1.1.1964 maßgebend. Der Ersatzwirtschaftswertes wird für die Nutzungseinheit bestimmt, in die alle regelmäßig selbstgenutzten Wirtschaftsgüter des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens einbezogen werden, auch wenn der Nutzer nicht Eigentümer ist. Die Wohngebäude werden in den neuen Ländern stets dem Grundvermögen zugerechnet.
Rz. 72
Das Bundesverfassungsgericht hat diese Regelungen in seinem Urteil vom 10.4.2018 verworfen und die Vorschriften über die Einheitsbewertung ab dem Bewertungsstichtag 1.1.2002 für verfassungswidrig erklärt. Grund dafü...