Rz. 100

[Autor/Stand] Die Bewertung der Grundstücke in den alten Ländern ergibt sich nach folgenden Grundsätzen (Einzelheiten s. Kommentierung zu §§ 68–94 und §§ 129–133 BewG): Einheitswerte werden nach § 19 Abs. 1 BewG für inländischen Grundbesitz festgestellt. Dazu zählen Betriebe der Land- und Forstwirtschaft, Grundstücke und Betriebsgrundstücke, deren Bewertung abhängig von der jeweiligen Grundstückskategorie ist. Unbebaute Grundstücke sind mangels spezieller Bewertungsvorschriften mit dem gemeinen Wert i.S.d. § 9 BewG zu bewerten. Die Wertverhältnisse zum Hauptfeststellungszeitraum 1.1.1964 sind zugrunde zu legen (§ 27 BewG). Bei der Ermittlung des Einheitswerts ist der Bodenwert (Grundstücksfläche multipliziert mit dem Bodenrichtwert) und der Wert der Außenanlagen (Einfriedungen, Platzbefestigungen, Zufahrten) zu erfassen. Die Bodenwerte sind im allgemeinen aus durchschnittlichen Werten abzuleiten, die sich für ein Gebiet, eine Straße oder einen Straßenabschnitt ohne Beachtung der Grundstücksgrenzen und ohne Rücksicht auf die besonderen Eigenschaften der einzelnen Grundstücke je Quadratmeter ergeben. Aus diesen durchschnittlichen Werten ergibt sich der Bodenwert, indem im Einzelfall die Größe des Grundstücks sowie seine Besonderheiten und seine Abweichungen gegenüber den durchschnittlichen Verhältnissen berücksichtigt werden.[2] Der mit dem Wert der Außenanlagen ermittelte Grundstückswert ergibt nach Abrundung auf volle 100 DM und nach Umrechnung in volle Euro den Einheitswert (§ 30 BewG).

 
Bodenwert (Fläche × m[2]-Preis)
+ Wert der Außenanlagen
= Grundstückswert
= Einheitswert, abgerundet auf volle 100 DM und umgerechnet auf volle EUR).
 

Rz. 101

[Autor/Stand] Die Bewertung bebauter Grundstücke richtet sich nach der Grundstücksarteneinteilung gemäß § 75 BewG, wobei regelmäßig das Ertragswertverfahren (§§ 7882 BewG) und in besonderen Fällen das Sachwertverfahren (§§ 8390 BewG) angewendet wird. Bei beiden Verfahren handelt es sich um ein kombiniertes Verfahren, das den Bodenwert und den Gebäudewert zunächst getrennt berechnet und danach zusammenfasst.[4] Einfamilien- und Zweifamilienhäuser werden nach § 76 Abs. 1 BewG grundsätzlich im Ertragswertverfahren bewertet. Sind sie jedoch besonders gestaltet oder ausgestattet, dann kommt nach § 76 Abs. 3 Nr. 1 BewG das Sachwertverfahren in Betracht. Mietwohngrundstücke, gemischtgenutzte Grundstücke und Geschäftsgrundstücke werden ebenfalls grundsätzlich im Ertragswertverfahren bewertet. Bei Geschäftsgrundstücken und bei bestimmten Einzelfällen bebauter Grundstücke, für die weder eine Jahresrohmiete noch eine übliche Miete nach § 79 Abs. 2 BewG geschätzt werden kann, kommt jedoch das Sachwertverfahren in Betracht. Im Ertragswertverfahren, bei dem sich der Gebäudewert durch Anwendung eines Vervielfältigers auf die Jahresrohmiete ergibt, ist daneben der Bodenwert und der Wert der Außenanlagen zu erfassen.

 

Rz. 102

[Autor/Stand] Im Sachwertverfahren wird der Gebäudewert wie folgt ermittelt:

 
Umbauter Raum × Raummeterpreis
= errechneter Wert
+/– ggf. Erhöhungen und Ermäßigungen
= Gebäudenormalherstellungswert
– Wertminderung wegen Alters
= Gebäudesachwert
– Wertminderungen wegen baulicher Mängel und Schäden
+/– Ermäßigungen und Erhöhungen nach § 88 BewG
= Gebäudewert
 

Rz. 103

[Autor/Stand] Einheitswerte sollten nach § 21 Abs. 1 BewG grundsätzlich in Zeitabständen von je sechs Jahren im Wege einer sog. Hauptfeststellung allgemein festgestellt werden. Eine vollständige Neubewertung des Grundbesitzes fand letztmals durch das BewÄndG auf den Hauptfeststellungszeitpunkt 1.1.1964 statt.[7] Die neuen Einheitswerte wurden erstmals zum 1.1.1974 zur Anwendung gebracht. Infolge der Aussetzung weiterer Hauptfeststellungen werden die Einheitswerte seither nur noch anlassbezogen fortgeschrieben oder – etwa bei neuen wirtschaftlichen Einheiten – erstmals festgestellt (Nachfeststellung). Die Wertfortschreibungsgrenzen beim Grundbesitz umfassen eine Bruchteilsgrenze und einen Mindestbetrag oder eine feste Wertgrenze.

 

Rz. 104

[Autor/Stand] Für Grundstücke in den neuen Ländern gelten gemäß § 129 Abs. 1 BewG weiterhin die Einheitswerte, die nach den Wertverhältnissen zum 1.1.1935 festgestellt sind oder noch festgestellt werden. Daneben kommt für Mietwohngrundstücke und Einfamilienhäuser, für die ein im Veranlagungszeitpunkt für die Grundsteuer maßgebender Einheitswert zum 1.1.1935 nicht festgestellt wurde oder festzustellen ist, eine Ersatzbemessungsgrundlage nach § 42 GrStG zur Anwendung.

 

Rz. 105

[Autor/Stand] Das Bundesverfassungsgericht hat diese Regelungen in seinem Urteil vom 10.4.2018[10] verworfen und die Vorschriften über die Einheitsbewertung ab dem Bewertungsstichtag 1.1.2002 für verfassungswidrig erklärt. Grund dafür war die Auffassung, dass die Aussetzung einer erneuten Hauptfeststellung über einen langen Zeitraum systembedingt in erheblichem Umfang zu Ungleichbehandlungen durch ungleiche Bewertungsergebnisse führt, die mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG nicht...

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