Rz. 176
Gehören Teile eines Geschäftsgrundstücks (vgl. § 75 BewG Rz. 37 f.) zu verschiedenen Grundstücksgruppen i.S. des § 2 Abs. 1 Buchst. A Nr. 2–10 WertVO, z.B. Gaststätte und Lichtspielhaus, Hotel und Schwimmbad, Kreditinstitut und Versicherungsinstitut, so ist gem. § 2 Abs. 5 Satz 1 WertVO für das ganze Grundstück eine durchschnittliche Wertzahl zu bilden. In einem solchen Fall ist die Bewertung des Grundstücks nicht in der Weise durchzuführen, dass die verschiedenen für die einzelnen Grundstücksgruppen der Grundstücksteile festgesetzten Wertzahlen auf die sich für jede einzelne Grundstücksgruppe ergebende Gebäudewerte angewendet werden. Es ist vielmehr für das ganze Grundstück als eine wirtschaftliche Einheit eine durchschnittliche Wertzahl zu bilden. Gem. § 2 Abs. 5 Satz 2 WertVO ist hierbei – entsprechend der Bildung einer durchschnittlichen Wertzahl im Falle verschiedener Baujahrgruppen (vgl. Rz. 166 ff.) – von dem Verhältnis der auf die verschiedenen Grundstücksgruppen entfallenden Gebäudewerte oder Teile des Gebäudewerts auszugehen.
Rz. 177
Beispiel
Auf einem Geschäftsgrundstück in einer Gemeinde mit 60.000 Einwohnern befinden sich zwei Gebäude, die im Jahre 1930 bezugsfertig geworden sind.
Das eine Gebäude dient als Lichtspielhaus, während das andere Gebäude eine Gaststätte und Räume enthält, die der Beherbergung dienen. Der Hotelbetrieb ist für 2 Monate im Jahr geschlossen. Die Gebäudewerte betragen für das Lichtspielhaus 60.000 DM und für den Gasthof 100.000 DM. Davon entfallen auf den Gebäudeteil, der der Beherbergung dient, 30.000 DM.
Lösung:
Auf Grund der Zugehörigkeit des Grundstücks zu verschiedenen Grundstücksgruppen ergeben sich folgende Wertzahlen:
a) |
Lichtspielhaus: |
65 |
b) |
Gaststätte: |
75 |
c) |
Hotel: |
70 |
Unter Berücksichtigung der Gebäudewerte und der dazu entsprechenden Wertzahlen ergibt sich eine durchschnittliche Wertzahl von .
Auf den Ausgangswert der gesamten wirtschaftlichen Einheit ist die Wertzahl 70 (zur Abrundung vgl. Rz. 169 f.) anzuwenden. Die Zeitweilige Schließung des Hotelbetriebs ist nicht relevant.
Rz. 178
Es ist nicht erforderlich, dass jeder Grundstücksteil i.S. des § 2 Abs. 5 WertVO einem selbständigen, eigenen Zweck dient, der völlig losgelöst von der Zweckbestimmung der anderen Grundstücksteile ist (z.B. Parkhaus in Zusammenhang mit Warenhaus).
Rz. 179
Nach § 2 Abs. 5 Satz 3 WertVO gilt die Bestimmung über die Bildung einer durchschnittlichen Wertzahl bei Geschäftsgrundstücken, die verschiedenen Zwecken dienen, nicht für Fabrikgrundstücke. Grund dafür ist, dass bei Fabrikgrundstücken die Zugehörigkeit der einzelnen Teile des Grundstücks zu verschiedenen Grundstücksgruppen als typisch angesehen wird und sich deshalb nicht im gemeinen Wert auswirkt. Bei den Fabrikgrundstücken ist deshalb unabhängig davon, welchen Zwecken die zugehörigen Gebäude bzw. Gebäudeteile im Rahmen des Fabrikbetriebs dienen, nur eine einheitliche Wertzahl anzuwenden, die sich nach den in § 2 Abs. 1 Buchst. A Nr. 1 WertVO festgelegten Merkmalen richtet.
Rz. 179.1
Der Begriff "Fabrikgrundstück" ist im BewG nicht definiert. Unter einem Fabrikgrundstück i.S. von § 2 Abs. 5 letzter Satz WertVO ist ein Grundstück zu verstehen, dessen Gebäude ausschließlich einem auf dem Grundstück unterhaltenen Fabrikbetrieb dienen (zum Begriff Fabrik vgl. Rz. 61) In diesem Falle rechnen zur wirtschaftlichen Einheit des Fabrikgrundstücks neben den eigentlichen Fabrikationsgebäuden auch Werkstätten, Lagerhäuser, Kantinengebäude, Tankstelle und Verwaltungsgebäude. Dagegen fällt unter den Begriff "Fabrikgrundstück"nicht ein Geschäftsgrundstück, welches nur teilweise einem Fabrikationsbetrieb dient. Dient ein Geschäftsgrundstück neben dem Zweck eines Fabrikbetriebs auch anderen Zwecken, können Wertzahlen sowohl für Fabriken i.S. des § 2 Abs. 1 Buchst. A. Nr. 1 WertVO als auch andere Wertzahlen i.S.d. § 2 Abs. 1 Buchst. A. Nr. 2–10 WertVO in Betracht kommen. In diesem Fall ist eine durchschnittliche Wertzahl zu bilden.
Rz. 180
Beispiel
Geschäftsgrundstück mit einem dreigeschossigen Gebäude. Im Erdgeschoss befindet sich ein Warenhaus, im ersten und zweiten Geschoss des Gebäudes eine Fabrik für optische Messinstrumente.
Lösung:
Für das Grundstück ist eine durchschnittliche Wertzahl aus den Wertzahlen für Warenhäuser und Fabriken zu bilden.
Rz. 181
Soweit Teile eines im Sachwertverfahren zu bewertenden Geschäftsgrundstücks Wohnzwecken dienen, ist ebenfalls keine durchschnittliche Wertzahl nach § 2 Abs. 5 WertVO zu bilden. Diese Regelung gilt ausdrücklich nur für die Grundstücksart "Geschäftsgrundstücke". Die Bildung einer durchschnittlichen Wertzahl nach dieser Vorschrift kommt daher nur dann in Betracht, wenn Teile eines Geschäftsgrundstücks zu den in § 2 Abs. 1 Buchst. A. Nr. 1–10 WertVO bezeichneten Grundstücksgruppen gehören. Der Wohnzwecken dienende Teil eines Geschäftsgrundstücks fällt nicht darunter. Dieser Teil eines Geschäftsgrundstücks ist vielmehr der Grunds...