Rz. 37
Der Erwerber darf nicht innerhalb von zehn Jahren nach dem Zeitpunkt der Entstehung der Steuer gem. §§ 11, 9 ErbStG weiteres Vermögen von Todes wegen oder durch Schenkung erwerben, das verfügbares Vermögen i.S.d. § 28a Abs. 2 ErbStG darstellt. Nach dem Gesetzeswortlaut ist es unerheblich, von wem der Nacherwerb stammt und wie hoch der Nacherwerb ist. So sieht es aktuell auch die Finanzverwaltung. Der Gesetzgeber beabsichtigte mit der Regelung, Gestaltungen durch zeitlich gestreckte Übertragungen zu vermeiden, bei denen erst begünstigtes und später nicht begünstigtes Vermögen übertragen wird. Noch in den Gesetzesmaterialien hieß es zudem: "Soweit der Steuerschuldner innerhalb von zehn Jahren nach dem jetzt zu besteuernden Erwerb von derselben oder einer anderen Person weiteres Vermögen erhält (...)." Zum Teil wird gefordert, § 28a Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 ErbStG teleologisch zu reduzieren, insbesondere weil nicht zwischen weiteren Erwerben von derselben Person stammend und von Dritten stammend differenziert wird. Angesichts des Gesetzeswortlauts und vor allem der klaren Gesetzesbegründung mag man die gesetzliche Regelung zwar kritisch sehen, einer teleologischen Reduktion dürfte aber von vornherein jedwede Rechtfertigung fehlen.
Rz. 38
Die Frist von zehn Jahre orientiert sich an § 14 ErbStG. Der Erwerber kann nach dem weiteren Erwerb erneut einen Antrag nach § 28a Abs. 1 ErbStG stellen. Hierbei ist natürlich das weiter erworbene Vermögen mit einzurechnen. Liegt ein Nacherwerb i.S.d. § 28a Abs. 4 Nr. 3 Satz 1 ErbStG vor, ist das verfügbare Vermögen gem. § 28a Abs. 2 ErbStG um 50 % des gemeinen Werts des weiteren erworbenen Vermögens zu erhöhen, § 28a Abs. 4 Nr. 3 Satz 3 ErbStG.
Rz. 39
Bagatellgrenzen sieht § 28a Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 ErbStG hinsichtlich des zu beachtenden – und nach § 28a Abs. 5 Satz 2 ErbStG anzuzeigenden! – Nacherwerbs nicht vor. Aus Vereinfachungsgründen will die Finanzverwaltung schon einmal die üblichen Gelegenheitsgeschenke i.S.d. § 13 Abs. 1 Nr. 14 ErbStG außen vor lassen. Bekanntermaßen stellt diese Norm die üblichen Gelegenheitsgeschenke steuerfrei; § 13 Abs. 2 ErbStG, wo hinsichtlich der "Angemessenheit" die Vermögensverhältnisse und die Lebensstellung des Bedachten berücksichtigt werden, spielt bei der Frage nach der "Üblichkeit" keine Rolle. Üblich ist eine Zuwendung i.S.d. § 13 Abs. 1 Nr. 14 ErbStG deshalb, wenn sie von weiten Teilen der Bevölkerung als üblich betrachtet wird. Wann dies der Fall ist – und wann nicht – lässt sich sicherlich nicht immer einfach beantworten. Der Rechtsklarheit dienlicher wäre es deshalb wohl gewesen, der Gesetzgeber hätte einen fixen Betrag bestimmt, der für Zwecke des § 28a Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 ErbStG als unschädlich hätte angesehen werden können.