Rz. 7
Durch § 3a BewG trat mit Wirkung vom 1.1.1974 an eine Änderung der Rechtslage insofern ein, als bei Realgemeinden mit eigener Rechtspersönlichkeit nicht nur der Grundbesitz, sondern alle Wirtschaftsgüter der Realgemeinde so zu behandeln sind, als ob sie den an der Realgemeinde beteiligten Personen zur gesamten Hand gehörten. Das bedeutet, daß das gesamte Vermögen der Realgemeinde den Beteiligten unmittelbar so zuzurechnen ist, als wären sie nach Bruchteilen berechtigt. Es hat somit bei allen Rechtsformen von Realgemeinden eine Zurechnung nach den Verhältnissen der einzelnen Anteile zu erfolgen (§ 39 Abs. 2 Nr. 2 AO 1977).
Rz. 8
Für die Zurechnung gilt folgendes (vgl. auch Abschn. 69 iVm. Abschn. 93a VStR 1980 bis 1989):
1. Wird der Betrieb einer Land- und Forstwirtschaft einer Realgemeinde von dieser unabhängig von den Betrieben der an der Realgemeinde beteiligten Personen selbständig bewirtschaftet, so ist dieser Betrieb als selbständige wirtschaftliche Einheit zu behandeln und zu bewerten sowie den Beteiligten nach dem Verhältnis ihrer Anteile als land- und forstwirtschaftliches Vermögen zuzurechnen. In diesen Betrieb der Realgemeinde sind auch die Wirtschaftsgüter einzubeziehen, die einem oder mehreren Beteiligten gehören und dem Betrieb zu dienen bestimmt sind (§ 34 Abs. 6 BewG). Dies gilt für Wirtschaftsgüter jeder Art, zB Gebäude, Betriebsmittel. Für die Verteilung des Einheitswerts in diesen Fällen gelten nach § 49 Abs. 1 Satz 4 BewG die Sätze 1–3 des § 49 entsprechend (vgl. § 34 BewG Anm. 20 und § 49 BewG Anm. 8 ff.).
2. Mitunter nutzen Realgemeinden mit eigener Rechtspersönlichkeit ihr land- und forstwirtschaftliches Vermögen nicht selbst, sondern räumen den an der Realgemeinde beteiligten Personen abgesonderte Nutzungen ein, zB bei Waldgenossenschaften. Hat ein Beteiligter in einem solchen Fall einen eigenen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft und nutzt er seinen Anteil am land- und forstwirtschaftlichen Vermögen der Realgemeinde zusammen mit seinem eigenen Betrieb, so ist der Anteil an der Realgemeinde in den Betrieb des Beteiligten einzubeziehen (vgl. § 34 Abs. 5 BewG und § 34 BewG Anm. 19). Hat dagegen der Beteiligte, dem Flächen zur selbständigen Nutzung überlassen sind, keinen eigenen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft, so bilden diese Flächen einen selbständigen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft der Realgemeinde.
Rz. 9
Umfaßt das Vermögen einer Realgemeinde nicht nur Grundbesitz und (oder) Betriebsvermögen, sondern auch sonstiges Vermögen (zB Kapitalvermögen), so wird der Wert des gesamten Vermögens sowie der Wert der Schulden und sonstigen Abzüge iS des § 118 BewG nach § 180 Abs. 1 Nr. 3 AO 1977 gesondert festgestellt und den Beteiligten zugerechnet. Während früher das sonstige Vermögen (§§ 110 und 111 BewG) sowie die Schulden und sonstigen Abzüge (§ 118 BewG) formlos ermittelt wurden, regelt § 180 Abs. 1 Nr. 3 AO 1977 erstmalig die gesonderte Feststellung des sonstigen Vermögens, der Schulden und sonstigen Abzüge, wenn das Vermögen mehreren Personen zuzurechnen ist. Bei dieser Feststellung werden Grundbesitz, Betriebsvermögen und die Mineralgewinnungsrechte der Realgemeinde mit den festgestellten Einheitswerten angesetzt. Die gesonderte förmliche Feststellung hat nicht nur den Wert zu umfassen, sondern auch die Zurechnung und die Höhe der Anteile der an der Realgemeinde beteiligten einzelnen Personen.
Rz. 10
Es kommt auch vor, daß das Vermögen einer Genossenschaft lediglich aus einem Nutzungsrecht an dem land- und forstwirtschaftlichen Vermögen eines Dritten, zB einer politischen Gemeinde, besteht und die Genossenschaft dieses Nutzungsrecht den Genossen anteilig überläßt. In der Regel wird auch in diesem Falle das anteilige Nutzungsrecht von den Genossen in Zusammenhang mit dem eigenen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft genutzt. Deshalb ist auch hier wie im Fall der Anm. 8 das anteilige Nutzungsrecht in das land- und forstwirtschaftliche Vermögen des Genossen nach § 34 Abs. 5 BewG einzubeziehen. Sind die Voraussetzungen für eine solche Einbeziehung nicht gegeben, so ist das anteilige Nutzungsrecht als Recht auf wiederkehrende Nutzungen iS des § 110 Abs. 1 Nr. 4 BewG zu behandeln.