Dipl.-Finw. (FH) Wilfried Mannek
Rz. 8
Die Entstehungsgeschichte von BewÄndG 1965 und SchutzBauG (s. Anm. 1) führte dazu, dass sowohl im Schutzbaugesetz als auch im Bewertungsgesetz 1965 Vorschriften über die Nichterfassung von Schutzbauten bei der Einheitsbewertung enthalten sind. Der Grund, warum trotz der in das Schutzbaugesetz aufgenommenen bewertungsrechtlichen Vorschriften entsprechende Vorschriften in das Bewertungsgesetz eingefügt wurden, liegt darin, dass bei den Beratungen über das BewÄndG 1965 nicht abzusehen war, ob das Schutzbaugesetz noch in der IV. Legislaturperiode verabschiedet werden würde. Eine Regelung, dass Gebäude, Gebäudeteile und Anlagen, die für Schutzzwecke geschaffen werden, bei der Einheitsbewertung außer Betracht bleiben, musste aber vor Beginn der Hauptfeststellung 1964 getroffen werden.
Im Übrigen hat das Niedersächsische FG mit rechtskräftigem Urteil vom 18.5. 1993 entschieden, dass Bauteile eines Gebäudes, die dem Schutz der Bevölkerung vor der Wirkung von Angriffswaffen dienen, nicht die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 SchutzbauG erfüllen müssen. Diese in Abschn. 5 Abs. 2 BewRGr zitierte Vorschrift sei nie in Kraft getreten. Das FG habe sich durch Augenscheinnahme vergewissert, dass der völlig unter der Erde liegende Tiefkeller, der mit auffallend dicken Stahlbetonwänden und einer luftdicht verschließbaren Panzereingangstür sowie Notausstiegen ausgestattet ist, den Schutzzweck erfüllt. Es handelte sich um den zweiten Tiefkeller eines Bank- und Verwaltungsgebäudes, der bei der Bauabnahme 1957 als Luftschutzraum anerkannt worden ist.
Rz. 9
§ 71 BewG, das Schutzbaugesetz und das Zivilschutzgesetz traten zu verschiedenen Zeitpunkten in Kraft bzw. waren zu zeitlich nacheinander folgenden Zeitpunkten anwendbar. § 71 BewG war bereits bei der Hauptfeststellung der Einheitswerte auf den 1.1.1964 anwendbar. Hieraus zieht Abschn. 5 Abs. 1 BewRGr den Schluss, dass für die Hauptfeststellung auf den 1.1.1964 nur § 71 BewG anwendbar sei. Nachdem das Schutzbaugesetz vom Zivilschutzgesetz abgelöst worden ist, hat diese Frage kaum noch praktische Bedeutung, da die Schutzräume auf jeden Fall bereits nach § 71 BewG nicht im Einheitswert erfasst werden können.
Rz. 10
Bei der Ermittlung des Einheitswerts bleiben alle Schutzräume außer Betracht. Dabei kommt es nicht auf die Vermögensart an. Damit sind alle Schutzräume angesprochen, die zu einer wirtschaftlichen Einheit des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens, des Grundvermögens oder zu einer wirtschaftlichen Untereinheit eines Betriebsgrundstücks gehören (§ 20 BewG). § 71 BewG beschränkt sich nach seiner Einfügung in den Zweiten Teil Abschnitt C (Grundvermögen) nur auf das Grundvermögen und über § 99 Abs. 3 BewG auch auf die Betriebsgrundstücke, soweit sie losgelöst von der Zugehörigkeit zu einem Gewerbebetrieb zum Grundvermögen gehören würden. Über § 47 BewG ist § 71 BewG aber auch auf den Wohnungswert der wirtschaftlichen Einheiten des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens anzuwenden; denn nach § 47 Satz 1 BewG wird der Wohnungswert bei der Land- und Forstwirtschaft nach den Vorschriften ermittelt, die beim Grundvermögen über die Bewertung der Mietwohngrundstücke im Ertragswertverfahren (§§ 71, 78–82 und 91 BewG) gelten. Demzufolge sind die Vorschriften des § 71 BewG auch bei Schutzräumen, die zum Wohnteil eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft gehören, anzuwenden. Für Gebäude, Teile von Gebäuden und Anlagen, die zum Wirtschaftsteil eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft gehören und als Schutzräume anzusehen sind, enthält § 71 BewG keine Regelung. Dennoch bleiben auch diese Schutzräume bei der Einheitsbewertung außer Betracht, zumal sich das Vorhandensein von Schutzräumen auf den Wirtschaftswert nicht auswirkt (keine ertragsteigernde Anlage).
Rz. 11
Soweit für das Gebiet der ehemaligen DDR die Einheitswerte nach den Vorschriften des früheren Bewertungsgesetzes (BewG 1934) fortgeschrieben werden, ist § 8 SchutzBauG ggf. iVm. § 12 Abs. 3 Satz 1 und § 40 SchutzBauG anzuwenden, weil § 71 BewG für diese Fortschreibungen nicht Platz greift. Das bedeutet, dass bei allen Einheitswertfeststellungen, die in dem Gebiet der ehemaligen DDR nach altem Recht durchzuführen sind, Schutzräume, die nach dem 31.12.1958 geschaffen worden sind oder geschaffen werden, bei der Ermittlung des Einheitswerts des Grundbesitzes außer Betracht bleiben.