Rz. 146
Nach § 5 Abs. 1 GrStG ist Grundbesitz, der für steuerbegünstigte Zwecke nach §§ 3 und 4 GrStG benutzt wird und zugleich Wohnzwecken dient, nicht bereits deshalb von der Grundsteuer befreit. Aus dieser gesetzlichen Regelung ergibt sich zunächst, dass das Vorliegen von grundsteuerpflichtigen Wohnräumen oder Wohnungen nicht dadurch ausgeschlossen wird, dass deren Überlassung nicht Selbstzweck ist, sondern zugleich in Erfüllung anderer steuerbegünstigter Zwecke erfolgt. Vielmehr ist nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 GrStG nur solcher Grundbesitz von der Grundsteuer befreit, der bestimmten, in § 3 GrStG ausdrücklich benannten begünstigten Rechtsträgern zugeordnet werden kann. Zum subjektiven Anwendungsbereich des § 5 Abs. 1 Nr. 3 GrStG gehören damit die folgenden Tatbestände des § 3 GrStG:
- inländische Person des öffentlichen Rechts, § 3 Abs. 1 Nr. 1 GrStG,
- inländische Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken dient, § 3 Abs. 1 Nr. 3 GrStG,
- Religionsgesellschaft, die Körperschaft des öffentlichen Rechts ist, einem ihrer Orden, einer ihrer religiösen Genossenschaften oder einem ihrer Verbände, § 3 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 GrStG,
- jüdische Kultusgemeinde, die nicht Körperschaft des öffentlichen Rechts ist, § 3 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 GrStG.
Rz. 147
Nicht im subjektiven Anwendungsbereich des § 5 GrStG bzw. § 5 Abs. 1 Nr. 3 GrStG sind damit die folgenden Tatbestände des § 3 GrStG:
- Dienstwohnungen der Geistlichen und Kirchendiener der Religionsgesellschaften, die Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, und der jüdischen Kultusgemeinden, § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 GrStG
- Grundbesitz der Religionsgesellschaften, die Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, und der jüdischen Kultusgemeinden, der am 1.1.1987 und im Veranlagungszeitpunkt zu einem nach Kirchenrecht gesonderten Vermögen, insb. einem Stellenfonds gehört, dessen Erträge ausschließlich für die Besoldung und Versorgung der Geistlichen und Kirchendiener sowie ihrer Hinterbliebenen bestimmt sind, § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 GrStG
Bei diesen Sonderregelungen ist es für Zwecke der Grundsteuerbefreiung unerheblich, dass eine Wohnung i.S.d. § 5 Abs. 2 GrStG überlassen wird.
Rz. 148
Als zusätzliche Voraussetzung müssen sich die steuerlich begünstigte Zwecke des Rechtsträgers nur durch eine Überlassung von Wohnräumen erreichen lassen. Im Gegensatz zu den übrigen Katalogtatbeständen in § 5 Abs. 1 GrStG enthält § 5 Abs. 1 Nr. 3 GrStG keine konkrete Vorgabe für eine besondere Art der Nutzung von Wohnräumen. Maßgeblich ist ausschließlich, dass mit der Nutzung für Wohnzwecke ein unter § 3 Abs. 1 Nr. 1, 3 oder 4 GrStG fallender steuerlicher Zweck verfolgt wird. Dafür ist es erforderlich, dass der steuerliche Zweck in unmittelbarem Zusammenhang mit einer räumlichen Unterbringung von dies bedürfenden Personen steht, die den Charakter des Wohnens aufweist. Unerheblich ist, ob diese Form der Unterbringung entgeltlich oder unentgeltlich ist. Auch für die zeitliche Dauer der Unterbringung bestehen keine festen Vorgaben. Dazu gehören z.B.
- Obdachlosenheim
- Jugendherberge
- Ferien- und Erholungsheim
- Justizvollzugsanstalt
- Krankenhaus
Rz. 149
Von einer Notwendigkeit der Überlassung i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 3 GrStG kann nicht ausgegangen werden, wenn Wohnräume lediglich zur Unterbringung von Personen zur Verfügung stehen, die zur Verfolgung eines bestimmten begünstigten Zwecks zusammenkommen (z.B. Teilnehmer an einem Lehrgang für Erwachsene in einer Ausbildungsstätte). Nach Ansicht der Finanzverwaltung ist es dabei unerheblich, wenn infolge der örtlichen Gegebenheiten oder aus anderen Gründen eine anderweitige Unterbringung nicht möglich ist.
Rz. 150
Aber auch bei diesem Katalogtatbestand ist zu berücksichtigen, dass sofern der Grundbesitz zugleich Wohnzwecken in Form einer Wohnung i.S.d. § 5 Abs. 2 GrStG dient, dieser kraft ausdrücklicher Regelung in § 5 Abs. 1 GrStG grundsätzlich grundsteuerpflichtig ist. Dies gilt ohne Rücksicht darauf, von wem und zu welchem Zweck der Grundbesitz genutzt wird.
Beispiel: 6
Eine gGmbH erfüllt die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3b GrStG. Die von den Bewohnern genutzten Räumlichkeiten – Häuser in einem Feriendorf – unterliegen § 5 Abs. 1 Nr. 3 GrStG, da der damit verfolgte gemeinnützige Zweck – Unterbringung von Flüchtlingen – eine Überlassung von Räumlichkeiten erfordert. Eine Grundsteuerbefreiung erfolgt aber nur dann, wenn der zu bewertende Grundbesitz keine Wohnungen i.S.d. § 5 Abs. 2 GrStG aufweist.
Rz. 151
Die Anwendung des § 5 Abs. 1 Nr. 3 GrStG begrenzend zu berücksichtigen ist, dass Räume, die objektiv als Wohnung zu beurteilen sind, ihre Eigenschaft als solche nicht dadurch verlieren, dass ihre Überlassung zu Wohnzwecken z.B. im Rahmen einer pflegerischen bzw. therapeutischen Gesamtkonzeption erfolgt. Wohnungen sollen nämlich auch dann von der Steuerbefreiung ausgenommen ...