Dipl.-Finw. (FH) Wilfried Mannek
Rz. 470
Der gemeine Wert einer Beteiligung nach § 11 Abs. 3 BewG war während der Geltungsdauer des § 113a BewG (letztmals zum 31.12.1996) nicht im gesonderten Feststellungsverfahren, sondern bei der Ermittlung des Vermögens des Inhabers des Aktienpakets festzustellen. Zuständig war schon damals das für die Festsetzung der Erbschaftsteuer nach § 35 ErbStG zuständige Finanzamt. Die Frage, ob ein Paketzuschlag geboten ist, ist auch dann bei dem Inhaber eines Aktienpakets zu entscheiden, wenn das Aktienpaket einer Gesellschaft oder Gemeinschaft des bürgerlichen Rechts gehört, an der mehrere Personen beteiligt sind und deren alleiniger Zweck die Verwaltung des Aktienpakets ist. Denn eine Gesamthandgemeinschaft wird steuerrechtlich wie eine Bruchteilsgemeinschaft behandelt (§ 39 Abs. 2 Nr. 2 AO). In diesem Fall kann bei der Bemessung des Paketzuschlags nicht berücksichtigt werden, dass der Aktionär durch das Einbringen der Aktien in die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, auch wenn ein anderer im Gesellschaftsvertrag als alleiniger Geschäftsführer bestellt ist, keinen Einfluss auf die Geschäftsführung der Beteiligungsgesellschaft hat. Auch Beschränkungen im Fall der Liquidation oder der Kündigung, die der Aktionär im Gesellschaftsvertrag der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts übernommen hat, können dabei nicht berücksichtigt werden. Für die Erbschaftsteuer ist die Verfahrensweise für Bewertungsstichtage vor dem 1.1.2009 bei der Wertermittlung in H 96 zu R 96 ErbStR geregelt. Zu den Schwierigkeiten, die sich nach Aufhebung des § 113a BewG im Einzelfall ergeben können, die für die Schätzung des gemeinen Werts erforderlichen Angaben zu erhalten, s. Kilches.
Rz. 471
Für Bewertungszeitpunkte nach dem 31.12.2008 ist der gemeine Wert von Anteilen an Kapitalgesellschaften i.S.d. § 11 Abs. 2 BewG nach § 151 Abs. 1 Nr. 3 BewG gesondert festzustellen. Hierfür ist nach § 152 Nr. 3 BewG das Finanzamt, in dessen Bezirk sich die Geschäftsleitung der Kapitalgesellschaft befindet, bei Kapitalgesellschaften ohne Geschäftsleitung im Inland oder, wenn sich der Ort der Geschäftsleitung nicht feststellen lässt, das Finanzamt, in dessen Bezirk die Kapitalgesellschaft ihren Sitz hat, zuständig.
Rz. 472
Ob Anteile an Kapitalgesellschaften "im Sinne des § 11 Abs. 2 BewG" auch den nach § 11 Abs. 3 BewG erforderlichen Zuschlag umfassen, ist nicht ausdrücklich geregelt. Allenfalls das für die Feststellung zuständige Finanzamt wird in der Praxis die erforderlichen Erkenntnisse über die Höhe eines Paketzuschlags verfügen. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen der gemeine Wert im Ertragswertverfahren oder nach einer anderen anerkannten, auch im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nichtsteuerliche Zwecke üblichen Methode ermittelt worden ist und die in § 11 Abs. 3 BewG genannten Umstände bei der Wertermittlung nicht berücksichtigt worden sind. Dies setzt eine Auseinandersetzung mit einer vorliegenden Unternehmensbewertung voraus. Hierüber dürfte das für die Erbschaftsteuer zuständige Finanzamt regelmäßig keine Erkenntnisse haben.
Rz. 473
Dennoch wird man selbst aus diesem rein praktischen Umstand kaum für alle Fälle ableiten können, ob es zumindest sinnvoll ist, die Zuständigkeit für den Paketzuschlag dem für die Feststellung des gemeinen Werts der Anteile zuständigen Finanzamt zuzuweisen. Denn das für die Feststellung zuständige Finanzamt wird keine Erkenntnisse darüber haben, ob beispielsweise deshalb ein Paketzuschlag anzusetzen, weil nacheinander von derselben Person mehrere Anteile zugewendet werden, wenn diese nach Maßgabe des § 14 ErbStG zusammenzurechnen sind und erst dann zu einem Paketzuschlag führen, wenn dadurch eine Beteiligung von mehr als 25 % verschafft wird. Dies spricht dafür, dass über den Paketzuschlag erst bei der Veranlagung zur Erbschaft-/Schenkungsteuer – bzw. bei mehrgliedrigen Beteiligungsgesellschaften auf der nächsthöheren Stufe der Feststellung – entschieden wird.
Rz. 474– 477
Einstweilen frei.