I. Allgemeines
Rz. 301
Die Vorschrift zählt mehrere fingierte Schenkungen auf. Sie erfasst Erwerbe
Die Regelung in § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 Alt. 1 ErbStG gilt seit 1.7.1921. Erst mit dem ErbStG 1974 wurde Satz 1 Alt. 2 angefügt. 25 Jahre später kamen die beiden Tatbestände des Satzes 2 hinzu. Ergänzt um Satz 3 erhielt die Norm ihre jetzige Fassung im Zuge des Erbschaftsteuerreformgesetzes. Jüngst beschäftigte sich der BFH eingehend mit Satz 2 Alt. 2; die Vorschrift könnte nun korrekturbedürftig sein (s. Rz. 331).
Rz. 302
In einschlägigen Fällen sind Schenker stets die Stiftung, der Verein oder die jeweilige Vermögensmasse. Die lediglich für Zwecke der Steuerberechnung geltende Vorschrift des § 15 Abs. 2 Satz 2 ErbStG bestätigt dies zusätzlich. Im Einzelfall (Hinweis auf Rz. 95 ff., 149, 169) kann der Stifter/Gründer/Errichter allerdings doch als Schenker in Betracht kommen: so, wenn das jeweilige Zweckvermögen ihm zuzurechnen ist (z.B. aufgrund umfassender Herrschaftsbefugnisse; s.o. Rz. 290) oder die Stiftung/der Verein/die Vermögensmasse lediglich als Leistungsmittler fungiert (z.B. bei missglückter Kettenschenkung, Rz. 51; s. auch Rz. 241 zur Anwendung des § 7 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG).
II. Erwerbe bei Aufhebung einer Stiftung (Satz 1 Alt. 1)
1. Ziel der Vorschrift
Rz. 304
"Als Schenkung gilt, ... was bei Aufhebung einer Stiftung ... erworben wird". Dem Wortlaut nach geht die Vorschrift ins Leere. Die Aufhebung einer Stiftung – sie erfordert einen entsprechenden Beschluss des Vorstands und/oder eine Entscheidung der Stiftungsbehörde (§ 87 Abs. 1 BGB) – bewirkt noch keinen unmittelbaren Erwerb. Vielmehr ändert sich der Zweck der nun in Auflösung befindlichen Stiftung, deren Vermögen nach § 88 Satz 1 BGB erst "mit dem Erlöschen der Stiftung ... an die in der Verfassung bestimmten Personen (fällt)." Wenn nicht, mangels entsprechender Bestimmung, der Fiskus das Stiftungsvermögen durch Gesamtrechtsnachfolge erwirbt (§ 88 Sätze 2, 3 i.V.m. § 46 Satz 1 BGB), wird die solange fortbestehende Stiftung liquidiert (§ 88 Satz 3 i.V.m. §§ 47, 49 Abs. 2 BGB). Mit § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 ErbStG sollte offenbar jeder Erwerb von Stiftungsvermögen per Fiktion der Schenkungsteuer unterworfen werden, der sich im Zuge der Liquidation einer Stiftung ereignet.
2. Anwendung der Vorschrift
Rz. 306
Unstreitig erfasst § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 Alt. 1 ErbStG den Erwerb von Stiftungsvermögen durch Anfallberechtigte; das sind die als solche in der Stiftungssatzung benannten Personen (s. § 88 Satz 2 BGB). Mit der "Ausantwortung" des Restvermögens werden ihre hierauf konkretisierten Ansprüche durch die Stiftung i.L. erfüllt (§ 88 Satz 3 i.V.m. § 49 Abs. 1 Satz 1 BGB), weshalb § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG sowohl mangels steuerbarer Bereicherung als auch wegen fehlender Freigebigkeit nicht greifen kann.
Rz. 307
Eine Steuerpflicht kommt nur für Erwerber in Frage, deren Erwerb insb. nicht nach