Rz. 438
Die Finanzverwaltung wollte unentgeltliche Zuwendungen der öffentlichen Hand bislang generell nicht erfassen. Höchst ausnahmsweise können sie, so die amtlich im Bundessteuerblatt Teil II veröffentlichte Meinung des BFH, aber doch schenkungsteuerbar sein – bei eindeutiger Kompetenzüberschreitung der verantwortlichen Behörde. Im Übrigen handele die öffentliche Verwaltung regelmäßig innerhalb des ihr haushaltsrechtlich gezogenen Rahmens, weshalb einschlägigen Zuwendungen infolge Verknüpfung mit der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben grundsätzlich die objektive Freigebigkeit fehle (s. auch Anm. 103). Dass allein die Bindung öffentlich-rechtlicher Körperschaften an das Haushaltsrecht als Beleg für die Verneinung der Steuerbarkeit nicht genügt, da Schenkungen haushaltsrechtlich nur grundsätzlich untersagt (§ 63 Abs. 3 Satz 1 BHO), ausnahmsweise aber doch erlaubt sind (§ 63 Abs. 3 Sätze 2, 3 BHO), stört den II. BFH-Senat offenbar nicht.
Rz. 438.1
Im Regelfall unterliegen (teil-)unentgeltliche Vermögensübertragungen öffentlich-rechtlicher Körperschaften damit nicht der Schenkungsteuer – selbst wenn der Empfänger keinen konkreten Rechtsanspruch auf die Leistung hat und/oder sogar ein Schenkungsvertrag ausdrücklich notariell beurkundet wurde (s. auch Anm. 105). Dies widerspricht der steuerlichen Gleichbehandlung aller Erwerber (Art. 3 Abs. 1 GG; § 85 AO), für die es dem Grunde nach keine Rolle spielt, wer sie bereichert. Die Divergenz zur üblichen Beurteilung unentgeltlicher Zuwendungen ist offensichtlich (s. Anm. 101 f). Beachten Sie allerdings die Einschränkung des BFH: Körperschaften, die – wie z.B. Kirchen oder Kirchengemeinden – nicht den Regeln des staatlichen Haushaltsrechts unterworfen sind, können durchaus Schenker sein. Konsequent gilt dies dann auch für Gesellschaften, an denen die öffentliche Hand beteiligt ist, so z.B. eine privatrechtliche Wohnungsbaugesellschaft oder eine StadtentwicklungsGmbH.
Rz. 438.2
Immerhin sind nun aber sämtliche Vorteilszuwendungen der öffentlichen Hand zumindest anzeigepflichtig nach §§ 30 Abs. 2, 34 Abs. 2 Nr. 3 ErbStG (s. § 34 ErbStG Anm. 21 f.). Schließlich ist die Prüfung der Steuerbarkeit eines Erwerbsvorgangs ausschließlich Sache der zuständigen Schenkungsteuerstellen, die künftig jeden Einzelfall daraufhin zu untersuchen haben, ob die schenkende Körperschaft ihre Kompetenzen überschritten hat oder nicht. – Man denke hierbei nicht nur an die Problematik EG-rechtswidriger Beihilfen (Subventionen), deren Rückforderung unter den Voraussetzungen des § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG selbstverständlich den Schenkungsteueranspruch beseitigen dürfte. Politisch brisant sind auch die lange zurückliegenden Schenkungen zulasten öffentlicher Kassen an bekannte Personen der Nazizeit; Zuwendungen, deren Rechtswidrigkeit nicht zu bestreiten und deren Besteuerung durchaus heute noch nachholbar ist (§§ 45, 47, 170 Abs. 5 Nr. 2 AO; s. auch § 30 ErbStG Rz. 6; § 31 ErbStG Rz. 2 und 3).
Rz. 439– 500
Einstweilen frei