Rz. 21
Zuwendungen der öffentlichen Hand sollen nur ausnahmsweise schenkungsteuerbar sein. Folge dieser dem Gleichbehandlungsgrundsatz widersprechenden, von der Finanzverwaltung akzeptierten BFH-Rechtsprechung ist eine sich unmittelbar aus § 34 Abs. 1 ErbStG ergebende Anzeigepflicht aller Amtsträger (§ 7 AO), die mit der Vereinbarung und Durchführung solcher Vorteilsgewährungen betraut sind (s. auch § 7 ErbStG Anm. 438 ff.; § 13 ErbStG Anm. 133, 141 f.). Die durchaus schwierige Prüfung, inwieweit ein Ausnahmefall verwirklicht wurde oder nicht, d.h. ob einschlägig veranlasste Maßnahmen "für die Festsetzung einer Schenkungsteuer von Bedeutung sein können", ist unstreitig allein Sache der zuständigen Schenkungsteuerstellen (§ 30 ErbStG Anm. 5 m.w.N). Den involvierten Bediensteten selbst fehlt insoweit jede Entscheidungskompetenz.
Rz. 22
Das Bewusstsein über die schenkungsteuerliche Relevanz unentgeltlicher Zuwendungen der öffentlichen Hand ist offenbar bei den beteiligten Amtsträgern überhaupt nicht vorhanden. Und innerhalb der Finanzverwaltung wurde und wird es per Verwaltungsanweisung weiterhin verdrängt – trotz amtlicher Veröffentlichung der BFH-Rechtsprechung. Nur so lässt sich erklären, dass den Schenkungsteuerfinanzämtern in der Praxis einschlägige Zuwendungen offiziell eigentlich nicht angezeigt werden. Die nun amtlich vorgegebene Unterscheidung, ob Zuwendungen durch
- Träger der öffentlichen Verwaltung und damit nicht freigebig
- oder andere Körperschaften des öffentlichen Rechts und damit möglicherweise freigebig erfolgen,
greift jedenfalls zu kurz.
Rz. 23
Nach Auffassung des BFH kommt es entscheidend darauf an, ob die zuwendende Behörde in Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben oder außerhalb ihrer gesetzlichen Kompetenzen handelt. Zu dieser Differenzierung und ihrer praktischen Umsetzung äußert sich die Finanzverwaltung leider nicht. Gerade besonders krasse Fälle werfen aber die Frage auf, ob freigebige Zuwendungen zumindest zu vermuten und deshalb anzeigepflichtig sind:
- Sonderzuwendung der Bundesregierung iHv. 500 000 DM an einen aus dem Kabinett ausscheidenden Bundesminister;
- ein Bundesland übernimmt Aufwendungen iHv. einigen 100 000 DM für den Bau des Wohnhauses des Innenministers;
- Verzicht des Wohnsitzfinanzamts auf Steuernachforderungen iHv. 50 000 DM gegenüber einem früheren Bundespräsidenten wegen Privatnutzung seines Dienstwagens;
- mit Duldung des Finanzministers zahlt ein Regierungspräsident nur eine geringe Miete für seine hochwertige Dienstwohnung;
- jedem der 101 Landtagsabgeordneten eines Bundeslands steht zusätzlich zu Diäten und steuerfreien Aufwandspauschalen im neu errichteten Abgeordnetenhaus der Landeshauptstadt ein möbliertes Appartements mietfrei zur Verfügung;
- der Bürgermeister einer schwäbischen Kleinstadt zahlt rund 20 000 Einwohnern aus der Stadtkasse je 100 DM, weil er das Geld "anderweitig nicht mehr sinnvoll ausgeben kann".
Rz. 24
Zusätzlich verlangt der BFH aber auch die Sicherstellung öffentlicher Zwecke, wenn solche mit der Zuwendung verfolgt werden. Dies betrifft insbesondere staatliche Subventionen und sog. echte Zuschüsse, die uU schon als EG-rechtlich unzulässige Beihilfen schenkungsteuerlich relevant sein können oder dies spätestens dann werden, wenn bei festgestellter Rechtswidrigkeit oder bei Zweckverfehlung keine Rückforderung erfolgt. Derartige Vorgänge unterliegen deshalb ebenfalls einer Anzeigepflicht der damit befassten Amtsträger, die möglicherweise Gefahr laufen sich ggf. steuerstrafrechtlich verantworten zu müssen. Auch dies zeigt die Notwendigkeit einer klaren und eindeutigen Verwaltungsanweisung, solange nicht der Gesetzgeber einschlägige Vorteilszuwendungen von der Schenkungsteuer ausnimmt.
Rz. 25– 26
Einstweilen frei.