Dipl.-Finw. (FH) Wilfried Mannek
Rz. 46
Mit der Entscheidung des BVerfG v. 7.11.2006 musste sich der Gesetzgeber von der bisherigen Grundbesitzbewertung verabschieden und neue Bewertungsmethoden einführen, die eine hinreichende Nähe zum gemeinen Wert aufweisen. Dies ist durch das Erbschaftsteuerreformgesetz im Sechsten Abschnitt des Zweiten Teils des Bewertungsgesetzes realisiert worden. Die gesetzlichen Regelungen sollten zunächst lediglich die grundsätzlichen Aussagen enthalten, die in zusätzlichen Rechtsverordnungen näher bestimmt werden sollten. Die zur Bewertung des Grundbesitzes konzipierte GrBewV ist mit BR-Drucks. 888/08 in das Bewertungsgesetz und dessen Anlagen integriert worden. Erstaunlicherweise hat der Gesetzgeber die Anwendbarkeit der neu eingeführten Bewertungsvorschriften auf die Erbschaft-/Schenkungsteuer beschränkt. Bei der Grunderwerbsteuer sollten die Vorschriften der seit 1996 eingeführten und seit 2007 durch das Jahressteuergesetz 2007 modifizierten Bewertungsvorschriften der Bedarfsbewertung unverändert fortgelten. Damit war die Bewertung für Zwecke der Grunderwerbsteuer von der Bewertung für Zwecke der Erbschaft-/Schenkungsteuer abgekoppelt worden.
Rz. 46.1
Im Ergebnis realisierte der Gesetzgeber drei nebeneinander stehende völlig unterschiedliche Bewertungsverfahren. Für Zwecke der Grundsteuer war der Einheitswert die Bemessungsgrundlage. Bei der Grunderwerbsteuer war – eine entsprechende steuerliche Bedeutung vorausgesetzt – die Bedarfsbewertung nach §§ 138 ff. BewG maßgebend. Für Zwecke der Erbschaft-/Schenkungsteuer richtete sich die Bemessungsgrundlage des Grundbesitzes dagegen nach dem Sechsten Abschnitt des Zweiten Teils des Bewertungsgesetzes. Damit hatte sich der Vereinfachungsgedanke, der bei Einführung der Bedarfsbewertung tragend war, ins Gegenteil verkehrt.
Für Zwecke der Grunderwerbsteuer verblieb es daher bei der Maßgeblichkeit des § 147 BewG, der durch das Jahressteuergesetz 2007 redaktionell geändert wurde. Die Finanzverwaltung hat diese Änderungen der Bedarfsbewertung zu keinem Zeitpunkt durch eine Aktualisierung der ErbStR 2003 erläutert, sondern sich ausschließlich darauf beschränkt, die überarbeiteten Vorschriften durch gl. lt. Erl. v. 2.4.2007 zu kommentieren.
1. Verfassungsrechtliche Prüfung der Vorschrift
Rz. 46.2
Die weiterhin für Zwecke der Grunderwerbsteuer geltende Bedarfsbewertung des § 146 BewG stand erneut auf dem verfassungsrechtlichen Prüfstand, weil der Gesetzgeber den Anwendungsbereich des Sechsten Abschnitts des Zweiten Teils des Bewertungsgesetzes mit dem Erbschaftsteuerreformgesetz nicht auf die Grunderwerbsteuer ausgeweitet hat. Somit galten die Mängel, die das BVerfG bei der Bewertung nach den Vorschriften des § 147 BewG durch Beschluss v. 7.11.2006 bei der Erbschaft-/Schenkungsteuer aufgezeigt hat, bei der Grunderwerbsteuer unverändert fort.
Rz. 46.3
Mit dem Vorlagebeschluss des BFH v. 2.3.2011 sollte die Frage geklärt werden, ob die Bemessung der Grunderwerbsteuer nach Grundbesitzwerten verfassungswidrig ist. Damit ging der BFH der Frage nach, ob § 11 GrEStG in der im Jahre 2002 geltenden Fassung mit Art. 3 Abs. 1 GG insofern unvereinbar ist, als er die Beteiligten an Erwerbsvorgängen i.S.d. § 8 Abs. 2 GrEStG, für die die (Ersatz-)Steuerbemessungsgrundlage nach § 138 Abs. 3 BewG in der im Jahre 2002 geltenden Fassung zu ermitteln ist, mit einheitlichen Steuersätzen belastet.
2. Gegenleistung als maßgebende Bemessungsgrundlage
Rz. 46.4
Zwar bildet der Wert der Gegenleistung und nicht der gemeine Wert die grunderwerbsteuerrechtliche Regel-Bemessungsgrundlage. Dennoch verlangt eine einheitliche Steuersatzregelung eine ausreichend folgerichtig und belastungsgleich ausgestaltete Bemessungsgrundlage. Der BFH bestätigt, dass § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GrEStG mit Art. 3 Abs. 1 GG insoweit vereinbar ist, als nach dieser Vorschrift in den Fällen des § 1 Abs. 2a und 3 GrEStG anstelle der Regel-Bemessungsgrundlage des § 8 Abs. 1 GrEStG eine Ersatz-Bemessungsgrundlage anzuwenden ist.
Rz. 46.5
Allerdings geht der BFH...