Stenger/Loose, Bewertungsrecht - Kommentar zum BewG, Erb ... / VI. Hauptfeststellungszeitpunkt

Dipl.-Finw. (FH) Gerhard Bruschke

Rz. 41

^{^{[Autor/Stand]}} Die allgemeine Feststellung der Einheitswerte wird stets auf einen bestimmten Zeitpunkt vorgenommen. Der Wert aller wirtschaftlichen Einheiten bzw. Untereinheiten, die der Einheitsbewertung unterliegen, wird durch eine Momentaufnahme festgehalten. Dieser Zeitpunkt ist regelmäßig der Beginn des maßgebenden Kalenderjahrs und wird als Hauptfeststellungszeitpunkt bezeichnet (vgl. § 21 Abs. 2 Satz 1 BewG).

Rz. 42

^{^{[Autor/Stand]}} Dass sich die Feststellung der Einheitswerte nicht nach den Verhältnissen an einem Stichtag, sondern auf einen Zeitpunkt dieses Stichtages, nämlich seinen Beginn, richtet, hat seinen guten Grund. Im Laufe des Stichtags können sich Vermögensänderungen^{^[3]} oder sonstige für die Besteuerung wichtige Veränderungen ergeben.^{^[4]} Würde für die Feststellung ein Tag maßgebend sein, so bestünden Zweifel, wie Ereignisse, die im Laufe dieses Tags eintreten, sich auf die Einheitsbewertung auswirken.

Rz. 43

^{^{[Autor/Stand]}} Die Verhältnisse im Hauptfeststellungszeitpunkt sind maßgebend für alle Feststellungen, die im Feststellungsbescheid zu treffen sind, somit nicht nur hinsichtlich des Werts, sondern auch für die Entscheidung über die Art des Gegenstands und die steuerliche Zurechnung. Wegen der Ausnahme von dem Grundsatz der Zugrundelegung der Verhältnisse im Hauptfeststellungszeitpunkt s. Anm. 59.

Rz. 44

^{^{[Autor/Stand]}} Für den Grundbesitz wurde nach § 79 BewG 1934 eine Hauptfeststellung der Einheitswerte nach dem Stand vom 1.1.1935 angeordnet. Das blieb die einzige Hauptfeststellung der Einheitswerte des Grundbesitzes nach dem BewG 1934. Nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 BewG 1934 hätte zwar nach Ablauf von sechs Jahren, also auf den 1.1.1941, eine weitere Hauptfeststellung stattfinden sollen. Wegen der Kriegsereignisse wurde § 1 Abs. 2 BewDV allerdings dahingehend geändert^{^[7]}, dass eine Hauptfeststellung der Einheitswerte des Grundbesitzes "bis auf weiteres" nicht stattfindet. Schließlich wurde durch das Vermögensteuer-Veranlagungsgesetz^{^[8]} bestimmt, dass es bei den Einheitswerten verbleibt, die auf den 1.1.1935 festgestellt worden sind oder auf einen späteren Stichtag fortgeschrieben oder nachfestgestellt werden.

Rz. 45

^{^{[Autor/Stand]}} Die Verwendung der auf Wertbasis 1935 beruhenden und überholten Einheitswerte als Besteuerungsgrundlage war Gegenstand mehrfacher Verfahren auch vor dem Bundesverfassungsgericht. Dieses hat im Ergebnis entschieden, dass die Beibehaltung der Werte bedingt durch die Kriegswirren, die schwierige Materie und nicht zuletzt durch das Bestreben des Gesetzgebers, eine Neufeststellung der Einheitswerte vorzunehmen, nicht verfassungswidrig ist.^{^[10]}

Rz. 46

^{^{[Autor/Stand]}} Art. 2 Abs. 1 ÄndG-BewG 1965 bestimmte schließlich als Feststellungszeitpunkt für eine Neubewertung des Grundbesitzes den 1.1.1964. Auf diesen Zeitpunkt war der gesamte Grundbesitz unter Zugrundelegung der Wertverhältnisse dieses Stichtags nach Art, Wert und Zurechnung zu bewerten. Der Besteuerung zugrunde zu legen waren die Einheitswerte des Grundbesitzes allerdings erst ab 1.1.1974.^{^[12]} Durch das Hinausschieben der Besteuerung entstand eine Lücke, die dadurch gefüllt wurde, dass für die Bewertungsstichtage 1.1.1964 bis 1.1.1973 weiter Einheitswerte nach den Wertverhältnissen v. 1.1.1935 festzustellen und der Besteuerung zugrunde zu legen waren. Fortschreibungen und Nachfeststellungen nach neuem Recht erfolgten erstmals auf den 1.1.1974.^{^[13]}